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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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hörte sie Hilde noch rumoren. Die Bank war hart, und sie vermisste etwas Stroh oder Laub unter ihren Knochen, doch schon bald übermannte sie der Schlaf.

Regensburg,
13. September 1095
    Als sie wach wurde, stand Adele am Herdfeuer und rührte kräftig in einem Topf. Nun, da Ursula sich erhob, wandte sie sich ihr zu: „Na, du hast aber einen guten Schlaf. Guten Morgen. Magst du etwas Brei? Ich bin gleich fertig.“
    Ursula bedankte sich, legte ihre Decke zusammen und spürte nun ein Drängen, dem sie sich die ganze Nacht über verwehrt hatte. Sie wusste nicht wohin und traute sich nicht, Adele zu fragen. Da kam Hilde zur Tür herein. „Guten Morgen“, wünschte auch sie und musterte Ursula. Die stapfte mittlerweile mit hochrotem Kopf von einem Bein auf das andere. Hilde bekam wieder ihr breites Grinsen. „Hinten steht ein Eimer. Adele hat ihn bestimmt noch nicht geleert. Hock dich darüber und bring ihn dann raus“, sagte sie und wies Ursula mit einem Arm die Richtung. Ursula beeilte sich. Hinter dem Vorhang waren zwei Strohlager, die allerdings nicht direkt auf dem Boden lagen, sondern auf einer Art Gestell etwas darüber. In einer Ecke stand ein Holzeimer mit einem Deckel. Ursula hob den Deckel, und einige Fliegen sowie der unverkennbare Geruch von Urin kamen ihr entgegen. Schnell hockte sie sich über das Gefäß und sah sich weiter um. An der Wand hingen einige Kleider, und darunter stand eine Truhe. Sonst war in dem Raum nichts zu entdecken. Ursula erhob sich sehr erleichtert und legte den Deckel zurück auf den Eimer. Dann nahm sie ihn vorsichtig auf und trug ihn vorbei an der immer noch grinsenden Hilde auf die Gasse. Jetzt wurde ihr auch klar, warum es in der Stadt so erbärmlich roch. Jeder Haushalt leerte seine Hinterlassenschaften auf die Gasse, wo sie vor sich hin stanken. Auch wenn es ihr widerstrebte, nahm sie den Eimer und entleerte ihn vorsichtig. Dann eilte sie zurück ins Haus, schuldbewusst, als habe sie etwas Schlimmes getan.
    Beim Essen fielen ihr Ruth und Lothar wieder ein, und sie erklärte Hilde, dass sie möglichst bald auf den Markt müsse, um sich bei den beiden zu melden. Denn wenn sie vorher mit Karl redeten, könnte dieser Böses vermutend sich nach Jakob umsehen. Hilde verstand, doch zu Ursulas Erstaunen fragte sie: „Welcher Markt?“
    Ursula zuckte nur mit den Schultern, und Hilde stöhnte auf. „Ja, bleibt mir denn auch gar nichts erspart?“, jammerte sie, doch Ursula sah, dass Hildes Augen bereits lachten. „Jetzt darf ich arme Frau diese junge unerfahrene Magd kreuz und quer durch die Stadt leiten auf der Suche nach irgendwelchen Händlern. Na, dann wollen wir mal. Komm, komm, wir sollten uns, glaube ich, beeilen, bevor deine Freunde den alten Jakob verprügeln.“
    Ursula sprang auf und folgte Hilde durch die Gasse. Noch immer versetzten sie die vielen eng aneinandergedrängten Hütten in Staunen, mehr noch die mehrgeschossigen Bauten und erst recht die in den Himmel ragenden Türme. Doch all das wurde durchsetzt von dem Gestank und den vielen Geräuschen. Überall waren Menschen und redeten, Frauen palaverten lauthals quer über die Gasse, Männer riefen Befehle, Kinder lärmten und schrien, und zwischendrin hörte man auch noch Schweine, Ziegen, Gänse und Pferde. Ursula hätte sich am liebsten Ohren und Nase zugehalten. Sie fand dieses Stimmenwirrwarr, gemischt mit all den Geräuschen, schier unerträglich. „Hilde!“, rief sie, „Hilde, ist es hier immer so laut?“
    „Kind, du brauchst mich nicht anschreien, ich höre noch sehr gut. Was meinst du mit laut?“ Hilde schaute verwundert, und Ursula wusste, nur sie selbst nahm das alles so extrem wahr. Hilde war für ihre körperliche Fülle recht flink unterwegs, fand Ursula, die Mühe hatte, ihr zu folgen, denn im Gegensatz zu ihrer Führerin achtete sie nach wie vor zwischen allem Staunen und Schauen noch darauf, wohin sie ihren Fuß setzte.
    Nach einigen Gassen traten die Häuserreihen zurück, und sie kamen auf einen lichten Platz. Auch hier waren viele Menschen unterwegs, und darüber hinaus sah Ursula einige Marktstände, Zelte und auch Wagen. Sofort begann sie sich umzuschauen, ob sie bei einem der Wagen vielleicht Ruth und Lothar entdecken könnte. Jetzt war sie es, die vorneweg stürmte, und Hilde musste ihr hinterhereilen. Und wirklich, nachdem Ursula den halben Marktplatz umrundet hatte, entdeckte sie ihre Weggefährten, sehr zur Freude Hildes. Die pries Gott und versicherte, dass heute ihr Glückstag

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