Die Kreuzfahrerin
Antwort schon gewöhnt.
„Und warum kommst du nach Regensburg?“
„Ich hoffe, ich finde hier eine Anstellung. Ich kenne mich mit Kräutern aus und bin zu arbeiten gewohnt. Der Mönch im Dorf hat gemeint, ich könnte hier bei den Klöstern anfragen.“
„Bei den Klöstern!“ Hilde lachte auf. „Ja, die warten sicherlich auf eine wie dich. Aber du hast mir nicht ganz geantwortet. Warum bist du aus deiner Heimat weggegangen und hast keinen Brief von deinem Herrn? Bist du weggelaufen? Oder hast du gar etwas verbrochen?“ Hilde schaute sie bei den Fragen scharf an.
„Nein, ich habe nichts getan, und weggelaufen bin ich auch nicht. Man hat mich weggeschickt.“
„Warum?“
„Weil ich in der Hoffnung bin.“
Hilde nickte verstehend. Mehr brauchte Ursula nicht zu sagen. Aber Ursula wollte ihr alles sagen.
„Ich weiß, es ist Sünde, aber ich habe nur beim Jungbauern gelegen, weil ich dachte, er nimmt mich zum Weib und …“ Weiter kam sie nicht, denn Hilde riss das Wort an sich, als wisse sie genau, was Ursula sagen wollte. „Ja, und auf einmal will er von allem nichts wissen. Ach Mädchen, du bist nicht die einzige auf dieser Welt, der dies geschieht. Schon immer, hunderte, ach, was sag ich, tausende Frauen erwarten in diesen Tagen Kinder von Kerlen, die aber nur den Spaß, nicht die Folgen haben möchten. Nein, du bist keine Sünderin, du bist ein armes unerfahrenes Ding, das gerade gut genug für einen Bauernlümmel war.“ Unvermittelt wechselte sie das Thema, stand auf und reichte Ursula ein verschossenes Tontöpfchen. „So, kräuterkundig bist du also. Kennst du das?“
Ursula öffnete den Behälter, sah sich die getrockneten Blätter darin an, hielt ihre Nase darüber und schaute erschrocken auf. „Das, das ist ein Frauenkraut!“, wagte sie nur zu sagen, und spürte, wie sich ihr dabei die Nackenhaare aufstellten. Sie hörte die Worte Esters in ihrem Kopf „Niemals zu niemandem!“ Und jetzt fragte diese Frau sie einfach so danach.
„Schon gut, schon gut“, beschwichtigte Hilde sie, der das Erschrecken Ursulas nicht verborgen geblieben war. „Dein junges Köpfchen kennt sich aus und weiß Bescheid. Aber warum hast du dein Wissen nicht genutzt?“
„Ich habe vergessen, daran zu denken.“ Ursula zuckte mit den Schultern. „Nach Esters Tod war alles so anders, und ich habe sie so sehr vermisst, und Ludger wollte mich.“
„Ester?“, fragte Hilde.
„Das war die Frau, die mir alles beigebracht hat, die Mutter des Bauern. Ich glaube, sie war sehr alt.“ Die Erinnerung an ihre alte Lehrerin und Freundin machte sie traurig, und sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
Hildes Stimme wurde auf einmal unglaublich sanft. „Ist gut, Ursula. Ich verstehe. Du weißt schon recht viel, aber alles konnte dich deine Ester doch nicht lehren. Du musst noch viel lernen, vor allem über die Menschen und die Welt. Nun bist du erst einmal hier, und Hilde wäre nicht Hilde, wenn sie dich einfach wegschicken würde. Jakob, der alte Esel, wusste genau, warum er dich zu mir geschickt hat. Aber erzähl, der Starrkopf hat dich wirklich an seine Hand gelassen? Ich habe sie mir zigmal ansehen wollen und wurde von ihm nur abgewiesen.“
Ursula erzählte Hilde von dem, was sie getan hatte, und dem, was sie damals bei Ludgers Fuß Ester hatte tun sehen. Hilde nickte verständig und wunderte sich innerlich über das Gespür, welches diese junge Frau offensichtlich für helfende Kräuter und entsprechendes Handeln hatte. Sie spürte, Ursula wusste nicht, welche Begabung in ihr schlummerte. Schon jetzt hatte sie das Mädchen liebgewonnen, und erste Ideen machten sich bereits im Kopf der schlauen Hilde breit.
Daniel kam sich seine Hose zubindend hinter dem Vorhang hervor. Er legte ein paar Münzen auf den Tisch, nickte Hilde kurz zu und verschwand durch die Haustüre.
Hilde stand auf, sammelte das Geld ein und gähnte. „Ich denke, wir sollten jetzt schlafen gehen. Du kannst dich da auf die Bank legen. Das ist besser als auf dem Boden. Einen Strohsack habe ich nicht für dich. Aber ich denke, das wird schon gehen. Morgen richten wir dir ein Lager.“ Sie legte noch einen Holzscheit in die Glut des Herdfeuers, löschte die Talglichter und verschwand hinter der Decke. Ursula saß da, wunderte sich über das ihr unerklärliche Verhalten des Mannes und über die Selbstverständlichkeit, mit der Hilde sie da einfach sitzen ließ. Sie holte ihre Decke aus der Tasche und legte sich auf die Bank. Hinten
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