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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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ihren Ländern nördlich des Sees Genezareth und entsprach im Großen und Ganzen dem Oberlauf des Jordans. Zuvor hatte sich das Zentrum des Streites um die Vorherrschaft im Nordosten befunden, bei der befestigten Siedlung Banyas. Als Banyas jedoch im Jahr 1164 von Nur ad-Din eingenommen wurde, ging der lateinische Einfluss östlich des Jordans zurück, und aufgrund der jetzigen Situation war das muslimische Damaskus im Vorteil.
    Im Oktober 1178 unternahm Balduin IV. einen gewagten Schritt, um die Machtverhältnisse in der Grenzzone am oberen Jordan zu seinen Gunsten zu verschieben. Sein Ziel war nicht die Wiedergewinnung von Banyas, sondern er wollte eine völlig neue Festung am Westufer des Jordans bauen, neben einem Flussübergang, der bei den Franken Jakobsfurt und im Arabischen Bail al-Ahzan, Haus der Trauer, genannt wurde (da hier, wie es hieß, Jakob um seinen Sohn trauerte, den er tot glaubte). Flussaufwärts erstreckten sich Sümpfe, und Richtung Süden begannen Stromschnellen, so dass die Furt auf viele Kilometer hinaus die einzige Möglichkeit bot, den Jordan zu überqueren. Daher bildete sie einen wichtigen Übergangspunkt zwischen dem lateinischen Palästina und dem muslimischen Syrien und ermöglichte den Zugang zur fruchtbaren [339] Region der Terre de Sueth. Außerdem war die Jakobsfurt auch nur einen Tagesmarsch von Damaskus entfernt.
    Balduin hoffte, die regionale Machtbalance zugunsten der Franken verschieben zu können, indem er an dieser Stelle eine große Burg erbauen ließ. Unterstützt wurde er von den Tempelrittern, die bereits über eigenes Territorium im nördlichen Galiläa verfügten, und mit vereinten Kräften begab man sich daran, Balduins Pläne umzusetzen. Zwischen Oktober 1178 und April 1179 verlegte der König tatsächlich seinen Regierungssitz in die Nähe der Baustelle, um dort als Schutzherr und zur Aufsicht vor Ort zu sein; es wurde sogar eine Münzanstalt eingerichtet, die spezielle Münzen zur Bezahlung der zahlreichen Arbeitskräfte herstellte; auch königliche Urkunden wurden direkt von dort ausgegeben.
    Diese Burg bedeutete eine akute Bedrohung für das aufstrebende ajjubidische Imperium Saladins, konnte sie doch den Franken als Verteidigungsanlage wie auch als Ausgangspunkt für einen Angriff dienen. Mittelalterliche Festungen waren selten geeignet, eine Grenze vollständig abzuriegeln oder zu versperren – Angriffsheere konnten um eine Festung herummarschieren oder sich sogar, wenn ausreichend Truppen und Vorräte zur Verfügung standen, einen Weg durch die Verteidigungsanlagen hindurch erzwingen. Burgen dagegen boten eine recht sichere Möglichkeit, eine bewaffnete Besatzung dort zu stationieren, und solche Truppen waren sehr wohl in der Lage, eine feindliche Invasion abzuwehren oder zumindest zu erschweren. Eine Templer-Festung bei der Jakobsfurt hätte die Möglichkeiten des Sultans, auf das lateinische Königreich auszugreifen, mit Sicherheit empfindlich eingeschränkt. Die Besatzung hätte sich außerdem in einer günstigen Ausgangsposition für Überfälle auf muslimisches Territorium befunden, sie hätte Handelskarawanen überfallen und sogar Damaskus bedrohen können. Und wenn seine Hauptstadt bedroht gewesen wäre, dann wären Saladins ehrgeizige Pläne, seine Herrschaft auf Aleppo und Mesopotamien auszudehnen, sehr wahrscheinlich ins Wanken geraten. Die Gefahr, die vom Bau der Festung am Jordan ausging, durfte er also auf gar keinen Fall unterschätzen. Unglücklicherweise waren Saladins Truppen vor Baalbek gebunden, ein direkter Militärschlag war also nicht möglich. Der Sultan versuchte es daher zuerst mit Bestechung statt mit roher Gewalt und bot den Franken erst 60 000, dann sogar 100 000 Dinare an, um sie zu bewegen, die Bauarbeiten einzustellen und den Standort aufzugeben. Balduin und die [340] Tempelritter jedoch lehnten das Geld trotz des beachtlichen Betrags
ab.
    Auf den ersten Blick scheinen sämtliche überlieferten Quellen nahezulegen, dass die Burg an der Jakobsfurt im April 1179 fertiggestellt war, zu dem Zeitpunkt also, als der Lepra-König das Kommando über die Festung an die Tempelritter übergab. Wilhelm von Tyrus jedenfalls beschreibt sie als »vollständig fertig in all ihren Teilen«, nachdem er sie im Frühjahr 1179 mit eigenen Augen gesehen hatte. Muslimische Augenzeugen bestätigen dies, und eine arabische Quelle gibt an, dass die Mauern »ein unüberwindliches Bollwerk aus Stein und Eisen« darstellten. Bis in die 1990er-Jahre hinein

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