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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Kreuzfahrern: dass endlich die byzantinischen Truppen unter dem Oberbefehl des Alexios Komnenos eintreffen würden, um sie zu retten. Die Franken konnten allerdings nicht ahnen, dass sich der Gang der Dinge selbst gegen sie verschworen hatte, um auch noch diese letzte Aussicht auf Befreiung zunichte zu machen. Am 2. Juni, unmittelbar bevor Antiochia in [89] die Hand der Lateiner gefallen war, befand der Kreuzfahrer Graf Stephan von Blois, dass die Christen keine Überlebenschance mehr hätten, und beschloss zu fliehen. Unter dem Vorwand, krank zu sein, brach er nordwärts auf, um über Kleinasien in seine Heimat zurückzukehren. Seine Abreise muss sich auf die Kampfmoral verheerend ausgewirkt haben, doch fügte Stephan den Zielen dieses Feldzugs und der Sache der Kreuzfahrer insgesamt noch größeren Schaden zu.
    In Zentralanatolien traf er auf Kaiser Alexios und seine Truppen, die bei der Stadt Philomelion ihr Lager aufgeschlagen hatten. Während der gesamten Belagerungszeit vor Antiochia hatten die Kreuzfahrer auf griechische Verstärkung gewartet, Alexios jedoch war damit beschäftigt, die Küstengebiete Kleinasiens zurückzuerobern. Als nun Stephan berichtete, die Franken seien höchstwahrscheinlich schon besiegt, fasste der Kaiser den Entschluss, nach Konstantinopel zurückzukehren. In diesem entscheidenden Moment ließ Byzanz die Kreuzfahrer im Stich, was den Griechen auch später nie gänzlich verziehen wurde. Und Stephan kehrte in seine Heimat Frankreich zurück – allerdings nur, um dort von seiner Frau öffentlich als Feigling beschimpft zu werden.
    Die ersten Kreuzfahrer waren also in der Konfrontation mit Kerbogas Horde auf sich allein gestellt. Der Hauptmann aus Mosul entpuppte sich als schrecklicher Gegner. Die Franken sahen in ihm den offiziell ernannten »Oberbefehlshaber über das Heer des Sultans von Bagdad«, doch wäre es falsch, in Kerboga lediglich einen Erfüllungsgehilfen des Abbasiden-Kalifats zu sehen. Kerboga hegte seine eigenen Expansionspläne, und er hatte erkannt, dass ein Krieg gegen die Franken in Antiochia eine perfekte Gelegenheit bot, selbst die Herrschaft über Syrien an sich zu reißen. Er hatte sechs Monate damit zugebracht, sorgfältig die militärischen und diplomatischen Fundamente für seinen Feldzug zu legen, und eine einschüchternde muslimische Koalition zusammengebracht. Truppen aus Syrien und Mesopotamien hatten sich bereit erklärt, sich ihm anzuschließen, darunter auch eine Truppe aus Damaskus, allerdings waren sie alle nicht etwa von unbändigem Hass auf die Christen erfüllt, ebenso wenig von religiösem Eifer, sondern einzig von Furcht vor Kerboga, einem Mann, dessen Bestimmung es zu sein schien, die Herrschaft über die seldschukische Welt zu übernehmen.
    Anfang Juni 1098 bereitete Kerboga die zweite Belagerung Antiochias umsichtig und zugleich zügig vor. Sein Hauptlager schlug er einige Kilometer [90] nördlich der Stadt auf, stellte einen Kontakt zu den Muslimen her, die die Zitadelle besetzt hielten, und begann, seine Truppen im Umfeld der Festung, die sich an den östlichen, weniger abschüssigen Hängen des Silpius erhob, und in ihr selbst zusammenzuziehen. Außerdem wurden Soldaten zur Blockade des St.-Pauls-Tores im Norden der Stadt abgestellt. Kerbogas Strategie bestand zunächst vor allem in einem über die Zitadelle und ihre Umgebung gelenkten Frontalangriff. Am 10. Juni war alles für seine mörderischen Attacke bereit. In den nächsten vier Tagen rollte eine Angriffswelle nach der anderen heran, während Bohemund und die Franken in verzweifelten Nahkämpfen versuchten, die Kontrolle über die östlichen Stadtmauern zu behalten. Einen derart erbitterten, nicht endenden Kampf hatten die Kreuzfahrer bisher noch nicht erlebt. Buchstäblich vom Morgen bis zum Abend wurde ununterbrochen gekämpft, und ein Augenzeuge berichtete, dass »man zwar Proviant hatte, aber keine Zeit zu essen, oder man hatte Wasser, aber keine Zeit zu trinken«. Einige Lateiner hielten es vor Erschöpfung und Panik nicht mehr aus. Ein Kreuzfahrer erinnerte sich später, dass »viele in äußerster Verzweiflung aufgaben und sich hastig an Seilen von den Mauern herunterließen; und in der Stadt streuten Soldaten, die vom Kampf zurückkehrten, das Gerücht aus, dass die Verteidiger reihenweise enthauptet werden sollten«. Tag und Nacht erhöhte sich die Zahl der Desertierenden, und es dauerte nicht lang, bis auch berühmte Ritter wie Bohemunds Schwager sich der Gruppe der

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