Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
hart, wie er in seiner Wut und seinem Überlebenswillen nur konnte. Danach ließ er sich abrupt nach hinten fallen. Die Schlingen schnitten ihm in die Handgelenke, und ein sengender Schmerz durchzuckte seine Schultern, aber es gelang ihm, einen der Angreifer zu Boden zu reißen und sich dem Griff des zweiten zu entwinden.
Obwohl seine freie Hand noch völlig taub war, packte er den Dolch und stach mehrere Male auf den liegenden Mann ein, bis sein Gegner die Schlinge mit einem gellenden Schrei losließ. Der andere hechtete auf ihn zu, um ihm die Waffe zu entreißen, und stürzte sich damit selbst in die Klinge, die Amanon im letzten Moment hochriss. Als er den zuckenden Körper zur Seite schob, sah er den zweiten Kuttenträger brüllend nach draußen rennen. Erst jetzt stellte er fest, dass der Kaulaner nach seinem Kopfstoß leblos am Boden lag. Im Bruchteil eines Augenblicks hatte sich das Blatt gewendet.
Während er sich die schmerzenden Handgelenke rieb, ging Amanon zur Treppe, um sich zu vergewissern, dass nicht noch mehr Angreifer im Garten lauerten. Der Geflohene war schon über alle Berge, jedenfalls hörte er keine Schritte mehr. Wer konnte wissen, welchen Schaden der Mann noch anrichten würde?
Die Hitze des Kampfes und die Sorge um seine Eltern versetzten Amanon in solche Rage, dass er kurzerhand sein Krummschwert von der Wand über dem Kaminsims riss. Es war ein Geschenk des alten Königs Narro, doch er hatte es noch nie umgegürtet, geschweige denn benutzt. Jetzt, da er auf der Suche nach dem dritten Mann vorsichtig und mit gespitzten Ohren durch den Garten streifte, beschloss er, sich vorerst nicht mehr von der Waffe zu trennen. Sie kam ihm merkwürdig vertraut vor. Aus einem edlen Ziergegenstand war unversehens ein Mordinstrument geworden.
Seine Suche war vergeblich. Weder von dem Angreifer noch von seinen Eltern fand er die geringste Spur. Allerdings fehlte eines der beiden Pferde seines Vaters, und das war immerhin ein Hoffnungsschimmer.
Zu seinem Entsetzen fand er kurz darauf die Leiche der Dogge. Merbal war von den Eindringlingen erdrosselt worden, lange bevor Amanon in den Garten gekommen war. Der Kadaver war schon ganz steif. Die Mörder mussten mehrere Dekanten lang auf der Lauer gelegen haben.
Sie hatten also auf ihn gewartet. Oder auf Corenn. Oder auf Grigän. Andererseits schienen sie sich nur für »den Jungen« interessiert zu haben …
Amanon beschloss, sofort mit Cael zu sprechen.
***
Bei Anbruch des neunten Dekants, mitten in der Nacht, begann Niss im Schlaf zu weinen. Da sie sich die Decke über den Kopf gezogen hatte, war ihr Schluchzen kaum zu hören, aber Bowbaq wurde trotzdem darauf aufmerksam. Er lag immer noch wach und war nur hin und wieder kurz eingenickt, mehr aus Erschöpfung als aus echter Müdigkeit.
Leise seufzend setzte er sich neben seine Enkelin und streichelte behutsam ihre Hand, die unter der Decke hervorlugte. Nach einer Weile schien sich Niss zu beruhigen. Bowbaq legte sich neben das Bett auf den Boden, ohne ihre Hand loszulassen, und hing seinen Gedanken nach.
Seit sie sich schlafen gelegt hatten, war er mit seinen Überlegungen nicht recht vorangekommen. Der einzige Anhaltspunkt waren die Steine aus dem Jal’dara. Wenn seine Frau und die Kinder tatsächlich von einem schwarzen Magier oder einem Dämon angegriffen worden waren, dann schwebten seine Freunde ebenfalls in Gefahr. Vielleicht kam schon jetzt jede Hilfe zu spät!
Zum wiederholten Male ging er alles ganz genau durch. Als sie vor dreiundzwanzig Jahren aus dem Jal’dara aufgebrochen waren, hatten sie heimlich zehn Steine mitgenommen. Zehn Kieselsteine, nicht größer als eine Gewürznuss oder die Eier der Grumpelhenne. Obwohl der Hüter des Tals es ihnen ausdrücklich verboten hatte, hatten sie etwas aus der Kinderstube der Götter gestohlen.
Jeder der sieben Gefährten nahm einen Stein an sich, die drei übrigen waren für Ispen, Prad und Iulane bestimmt. Während der Schlacht am Blumenberg und ihrer schicksalhaften Begegnung mit Saat gingen zwei Steine verloren. Einer davon geriet in die Hände der Wallattenkönigin Chebree, einer Verbündeten Saats. Den anderen steckte Gors der Zimperliche ein, Saats Heerführer, den Bowbaq im Zweikampf besiegte. Als er schwer verwundet am Boden lag, vergaßen die Erben, den Stein wieder an sich zu nehmen.
Mit Magie verwandelten Yan und Corenn die acht übrigen Steine in Anhänger, die durch nichts und niemanden zerstört werden konnten. Das war die
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