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Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Titel: Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Erinnerungen verband. Es schien ihm unvorstellbar, dass die Scheunen, in denen er als Kind so gern gespielt hatte, plötzlich ungeahnte Gefahren bargen, oder dass in den Werkstätten, in denen sein Vater oft dekantenlang gearbeitet hatte, Mörder lauerten!
    Die Totenstille war jedenfalls ungewöhnlich. Selbst wenn Yan und Leti außer Haus gewesen wären, hätte ihn längst einer der beiden Stallburschen willkommen geheißen. Niemals hätte Leti ihr geliebtes Gestüt unbeaufsichtigt zurückgelassen oder vergessen, jemanden mit der Versorgung der Tiere zu betrauen.
    Er machte einen raschen Rundgang durchs Haus und klopfte behutsam an alle Türen, bevor er in den Nebengebäuden und dem großen Stall nachsah. Die wenigen Pferde, die in ihren Boxen standen, wurden beim Geräusch seiner Schritte unruhig. Irgendetwas stimmte hier tatsächlich nicht. Am scharfen Geruch der Pferdeäpfel erkannte er, dass der Stall länger nicht ausgemistet worden war. Die Tiere waren seit dem Morgen, vielleicht auch schon seit dem Vorabend hier eingeschlossen … Eine Stute schien besonders aufgeregt zu sein. Amanon näherte sich ihr vorsichtig und hob die Hand, um ihr beschwichtigend über den Hals zu streichen.
    Doch was er am anderen Ende der Box erblickte, brachte ihn völlig aus der Fassung. Er blieb einen Augenblick lang wie vom Donner gerührt stehen.
    Mit dem Gesicht nach unten gekehrt, halb unter schmutzigem Stroh und Kot verborgen, lag der leblose Körper des älteren Stallburschen.
    Und neben ihm an der Wand kauerte ein Junge mit leerem Blick und zerzausten Haaren. Cael.
    ***
    Nach dem Frühstück hatte Nolan beschlossen, Roban von Sarcy lieber aus dem Weg zu gehen. Er schützte Müdigkeit vor, zog sich auf sein Zimmer zurück und hatte sich seitdem nicht mehr blicken lassen, zur großen Erleichterung seines Gastgebers und gewiss auch zur Freude seiner Schwester. So hatten die Turteltäubchen die Zeit bis zum Mittag ganz für sich allein. Von seinem Fenster aus sah Nolan die beiden Arm in Arm durch den Schlosspark schlendern. Wahrscheinlich kreiste ihr Gespräch wieder einmal um die Affären und Fehltritte stadtbekannter Persönlichkeiten. Oder bahnte sich etwa eine Romanze zwischen den beiden an?
    Nolan bereute, den Grafen von Sarcy vor den Kopf gestoßen zu haben, doch was Robans Aussicht auf eine Heirat mit seiner Schwester anging, sah er ohnehin schwarz. Erynes Wankelmut war schon fast sprichwörtlich! In der Auswahl ihrer Kavaliere bewies sie zwar durchaus Geschmack, aber keinem schenkte sie ihre Gunst länger als ein paar Dekaden. Würde sie je ein Mann aus dem heimischen Nest, das sie so sehr liebte, entführen können?
    Trotzdem ging es Nolan gegen den Strich, wie ungeniert die beiden einander schöne Augen machten. Das riss alte Wunden auf und erinnerte ihn an Dinge, die er lieber vergessen wollte. Aber wie konnte er aus dem Gedächtnis löschen, was er erlebt hatte? Nolan wusste weder ein noch aus. Sobald er in ein Gespräch verwickelt wurde, sehnte er sich danach, allein zu sein, und kaum hatte er sich zurückgezogen, hing er trüben Gedanken nach und wünschte sich Gesellschaft.
    Um sich abzulenken, schlug er das eurydische Buch der Weisen an einer beliebigen Stelle auf und begann zu lesen. Aber wie so oft in letzter Zeit gelang es ihm nicht, sich zu konzentrieren: Er überflog die Sätze, ohne ihren Sinn zu verstehen, und hätte selbst nach mehreren Seiten kaum sagen können, worum es ging. Nachdem er einen ganzen Dekant lang mit dem heiligen Buch auf den Knien in seinem Sessel vor sich hingedämmert hatte, während das Weiß zwischen den Zeilen vor seinen Augen verschwamm, schreckte er aus seinen Träumen hoch und schloss das Buch mit einer Mischung aus Bitterkeit und Wehmut. Könnte er doch nur die Zeit um einige Monde zurückdrehen und alles ungeschehen machen!
    Was hätte er nicht darum gegeben, seiner Mutter alles beichten zu können …
    Als ihn die Verzweiflung erneut zu überwältigen drohte, versuchte er sich mit einer einfachen Tätigkeit auf andere Gedanken zu bringen. Er holte seine itharische Maske aus dem Rucksack und polierte sie gründlich mit einem feuchten Tuch. Es war ein sehr kostbares Exemplar, der einzige Gegenstand, den er immer bei sich hatte, seit seine Eltern ihm die Maske zu Beginn seines Noviziats geschenkt hatten. Sie war nach einem Abdruck seines Gesichts maßgefertigt worden und mit Kupfer- und Silberplättchen besetzt. Selbst in den Straßen der Heiligen Stadt, in der jeder zweite eine

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