Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
soeben davon. Die Männer, die ich letzte Nacht zu Eurem Haus geschickt habe, sind nicht zurückgekehrt. Dabei hatte ich ihnen eingeschärft, dass ihr Auftrag von größter Wichtigkeit ist. Deshalb habe ich einen zweiten Trupp entsandt, der dort allerdings niemanden angetroffen hat, weder meine Männer noch den Spitzel vor Eurer Tür. Der Herzog und die Herzogin sind ebenfalls noch nicht zurückgekehrt. Es tut mir leid, Euch vorläufig nichts Erfreulicheres berichten zu können.«
Eryne warf Nolan einen enttäuschten Blick zu und betrachtete dann die vielen Köstlichkeiten auf dem Frühstückstisch. Sie hatte schlagartig den Appetit verloren. Dass Robans Männer verschwunden waren, bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen. Rey und Lana waren nicht zu einem romantischen Ausflug aufgebrochen. Ihnen war tatsächlich etwas zugestoßen.
»Zwei meiner Männer halten in Eurem Hof Wache«, fuhr der Graf fort. »Sie werden mich umgehend verständigen, sobald sie etwas Auffälliges beobachten. Unterdessen suchen wir natürlich weiter … Ein Vertreter meiner Dienststelle müsste jeden Augenblick hier eintreffen. Dann erfahren wir hoffentlich mehr.«
Eryne zwang sich zu einem Lächeln, während der Haushofmeister die Teller füllte. »Mein lieber Roban, wann habt Ihr nur die Zeit gefunden, Euch um all diese Dinge zu kümmern? Habt Ihr überhaupt ein Auge zugetan?«
»Keine Sorge, Verehrteste, ich habe tief und fest geschlafen, obwohl mir Euer Unglück selbstverständlich großen Kummer bereitet. Im Übrigen hat es mich keinerlei Mühe gekostet. Einige Befehle gestern Nacht und heute Morgen genügten vollkommen«, sagte der Graf mit stolzgeschwellter Brust.
»Die Graue Legion ist also wirklich so mächtig, wie immer behauptet wird?«, fragte Eryne unbefangen.
Sie hatte ihm damit eigentlich eine Art Kompliment machen wollen, aber die Frage schien ihren Gastgeber eher in Verlegenheit zu bringen. Er sprach erst weiter, als alle Diener den Saal verlassen hatten.
»Meine Mitgliedschaft in … der Organisation, die unser Königreich schützt, kann ich schwerlich leugnen«, gab Roban von Sarcy zu. »Jeder bei Hofe hat von meiner Ernennung erfahren. Doch über alles andere muss ich strengstes Schweigen bewahren, wie Ihr gewiss versteht.«
»Aber natürlich«, sagte Eryne und lief rot an. »Verzeiht, das war gedankenlos von mir.«
»Außerdem«, fuhr ihr Gastgeber mit einem Augenzwinkern fort, »will ich keine unnötigen Ängste schüren, was das Schicksal Eurer Eltern angeht. Ich kann Euch versichern, dass die Legion noch nie so mächtig war wie heute. Und daran hatte Euer Vater keinen unwesentlichen Anteil.«
»Wie das?«, fragte Nolan überrascht.
»Ganz einfach: Herzog Reyan war der Einzige, der wusste, was der Barbarenfürst Saat vor der Schlacht am Blumenberg im Schilde führte. Der Einzige! Keiner der lorelischen Spione hatte auch nur das Geringste über den Tunnel herausgefunden, der unter dem Rideau gegraben wurde. Dieses Versagen traf die Graue Legion schwer. Es versteht sich von selbst, dass nach dem Krieg etliche Köpfe rollten und die Rangordnung von Grund auf verändert wurde. Als ich in die Legion aufgenommen wurde, war das zuständige Ministerium bereits sehr viel straffer organisiert. Und König Bondrian stellt uns jedes Jahr mehr Mittel zur Verfügung. Inzwischen ist die Graue Legion der mächtigste Geheimdienst der Welt.«
»Ich muss sagen, dass ich das alles sehr fragwürdig finde«, bemerkte Nolan.
Seine Schwester sah ihn mit einer Mischung aus Empörung und Verblüffung an, während der Graf nur die Augenbrauen hob. Eryne konnte es kaum fassen. Was erlaubte sich Nolan eigentlich? Machte es ihm etwa Spaß, ihren Wohltäter zu verärgern, schlimmer noch, ihn regelrecht zu beleidigen?
»Ähem … Das ist durchaus verständlich«, sagte der Graf in das betretene Schweigen hinein. »Ihr folgt der eurydischen Lehre, die Wissen, Toleranz und Frieden predigt. Doch jede Mission der Legion geschieht in der Absicht, diese Tugenden zu verteidigen, das dürft Ihr mir glauben. Auch wenn wir sie dafür manchmal missachten müssen.«
Nolan legte behutsam seine Gabel aus der Hand und sah ihm offen in die Augen. »Es wäre wahrlich undankbar von mir, Eure Arbeit schlechtzumachen«, sagte er. »Was mir missfallt, ist die Heimlichkeit, mit der Ihr vorgeht. Ich will es Euch erklären. Ich lebe die meiste Zeit des Jahres in der Heiligen Stadt. Nach außen hin ist Ith die schönste, offenste und toleranteste Stadt der
Weitere Kostenlose Bücher