Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
solche Maske trug, drehten sich die Leute nach diesem Prachtstück um, so dass sich Nolan angewöhnt hatte, sie nur zu besonderen Anlässen aufzusetzen. Doch während er jede Paillette einzeln auf Hochglanz polierte, wurde ihm auf einmal klar, dass er nie wieder wagen würde, sie in der Öffentlichkeit zu tragen.
Vor allem nicht vor den Menschen, die er liebte.
Betroffen legte er die Maske auf das Bett und starrte ihre leeren Augenhöhlen an. Augen, die nicht existierten und ihn dennoch aus unendlicher Ferne anklagend zu fixieren schienen.
Als würde er aus dem Jenseits beobachtet.
Plötzlich packte ihn dumpfer Zorn. Er schob die Maske in ihre Schutzhülle und verstaute sie wieder in seinem Rucksack. In Windeseile raffte er seine Sachen zusammen und machte sich zum Aufbruch bereit. Eryne hatte bei ihrem Verehrer Unterschlupf gefunden, nun, schön für sie! Er hingegen wollte nicht müßig herumsitzen und sich nur auf die Unterstützung der Grauen Legion verlassen. Er würde Reys und Lanas Freunde aufsuchen, sie um Hilfe bitten und selbst etwas unternehmen, um seine Eltern zu finden.
Mit seinem Stockdegen in der Hand und dem Sack über der Schulter wandte er sich gerade zum Gehen, als es dreimal kräftig an der Tür klopfte. Nolan öffnete in der Erwartung, seine Schwester zu sehen, aber stattdessen stand der Haushofmeister vor ihm.
»Der gnädige Herr bittet Euch, in die Bibliothek zu kommen«, sagte er in nüchternem Ton. »Die Besucher, die Ihr erwartet habt, sind eingetroffen.«
Nolan stammelte einen Dank und lief noch vor dem Diener die Marmortreppe hinunter. Wenn diese Besucher doch nur seine Eltern wären! Aber wahrscheinlich handelte es sich nur um weitere Handlanger, die im Auftrag des Königs ihr undurchsichtiges Spiel trieben. Obwohl er die Vorgehensweise der Grauen Legionäre verabscheute, hoffte er, dass sie gute Neuigkeiten hatten. Sie anzuhören konnte nicht schaden.
So fragte er mit einer gewissen Ungeduld nach dem Weg zur Bibliothek, als er einem Zimmermädchen begegnete, das im Salon den Tisch für ein weiteres Festmahl zu Mittag deckte. Beim Anblick der Unmengen von Schalen und Servierplatten, die ihnen schon wieder vorgesetzt werden sollten, sah er sich in seinem Entschluss bestärkt, das Schloss gleich nach dem Gespräch mit den Legionären zu verlassen.
Nolan legte nicht einmal sein Gepäck ab, als er die Bibliothek betrat, die Roban von Sarcy als Arbeitszimmer diente. Der Graf stand neben Eryne, die es sich in einem Sessel bequem gemacht hatte, und hielt seiner Schönen die Hand. An der Art, wie die beiden sich zulächelten, erkannte Nolan, dass sich hier tatsächlich etwas anbahnte. An der Wand ihm gegenüber standen drei Unbekannte, die ihn eindringlich musterten, während er die Tür hinter sich schloss. Sie waren ihm auf Anhieb unsympathisch. Irgendetwas in ihrem Blick machte ihn nervös. Andererseits war er natürlich auch voreingenommen, das musste er zugeben.
Sein Misstrauen wuchs, als einer der Männer hinter seinem Rücken den Raum verließ. Nolan vermutete, dass er vor der Tür Wache halten sollte. Obwohl er sich zur Vernunft mahnte, begann es ihm in den Beinen zu kribbeln.
Am liebsten hätte er Eryne an der Hand gepackt und das Weite gesucht, doch offenbar war er der Einzige, dem unbehaglich zumute war.
»Eure reizende Schwester hat darauf bestanden, auf Euch zu warten«, sagte der Graf. »Ist das nicht aufmerksam von ihr?«
»Danke«, antwortete Nolan und lächelte Eryne zu.
»Also, meine Herren, was habt Ihr zu berichten?«, fragte Roban seine Besucher. »Wissen wir endlich mehr über den Verbleib des Herzogs und der Herzogin? Hat man sie beim Betreten einer romantischen Herberge gesehen? Darauf hofft Ihr doch, nicht wahr, meine Schöne?«
Im Gegensatz zu dem bestens gelaunten Grafen hatten die Grauen Legionäre ernste Mienen aufgesetzt. Der größere der beiden, der sich bislang an einen Schrank gelehnt hatte, rückte seinen Schwertgurt zurecht, bevor er sich dem Hausherrn zuwandte. Die beiläufige Geste kam Nolan wie eine Drohung vor. Wozu trugen diese Männer Waffen, selbst hier, im sichersten Viertel von Lorelia?
»Ich habe Euch keine Botschaft zu überbringen«, sagte der Legionär. »Wir sind geschickt worden, um die Erben von Kercyan in unsere Dienststelle zu führen.«
Die Geschwister sahen ihn mit großen Augen an, und dem Grafen gefror das Lächeln im Gesicht. Er ließ Erynes Hand los und stemmte die Fäuste in die Hüften.
»Was hat das zu bedeuten? Das
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