Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
und wusch sich ausgiebig Gesicht und Hals, als könnte er damit die Erinnerung an die schrecklichen Erlebnisse und den Nachhall der Stimme, die ihn so lange beherrscht hatte, einfach fortspülen. Amanon hörte ihm aufmerksam zu, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen, doch an seiner ernsten Miene und der Art, wie er den Griff seines Krummschwerts umklammerte, erkannte Cael seine wachsende Beunruhigung. Wenn er es recht bedachte, hatte er seinen Cousin noch nie mit einer Waffe in der Hand gesehen.
»Gestern Abend haben mir drei Männer zu Hause aufgelauert«, sagte Amanon schließlich. »Ich glaube, es waren dieselben. Sie haben dich gesucht.«
Nun war Amanon mit seinem Bericht an der Reihe, und Cael lauschte ihm ungläubig. Warum waren diese »Valiponden« hinter ihm her? Wollten sie ihn entfuhren, um ein Lösegeld von seinen Eltern zu erpressen? Aber warum gingen sie dann auch auf Amanon los? Und wo um alles in der Welt steckten Leti, Yan, Corenn und Grigän?
»Wer auch immer hier war, der Internatsaufseher kann es nicht gewesen sein«, sagte Cael, der trotz seines Kummers laut nachzudenken begann. »Dazu hätte er nicht die Zeit gehabt. Ich habe ihn jede Nacht und jeden Morgen gesehen. Und jetzt … Jetzt ist er tot.«
»Jemand anders muss Dalabert umgebracht haben«, stimmte ihm Amanon zu. »Offenbar ist er gestern Abend bei der Arbeit im Stall überfallen worden. Seitdem ist niemand mehr hergekommen.«
Cael wollte so etwas Entsetzliches zunächst gar nicht glauben, dabei war er längst zu demselben Schluss gelangt. Die Mörder, die sich auf das Gestüt geschlichen hatten, waren nicht die Männer, gegen die er in Kaul gekämpft hatte. Amanon hatte Recht, im Großen Haus musste eine Verschwörung im Gange sein. Irgendwelche Unbekannten schmiedeten dort ein finsteres Komplott und hatten es aus unerfindlichen Gründen auf ihre Familien abgesehen.
»Wir sollten besser nicht hierbleiben«, sagte er plötzlich.
»Ich bin froh, dass du das auch so siehst«, erwiderte sein Cousin seufzend. »Gehen wir rein, dann kannst du ein paar Sachen zusammenpacken. Außerdem sollten wir nachsehen, ob deine Eltern dir nicht doch eine Nachricht hinterlassen haben, obwohl mich das wundern würde.«
»Wir brechen sofort auf? Was ist mit den Pferden? Und Dalabert?«
»Wir können nichts mehr für ihn tun«, sagte Amanon behutsam. »Euer zweiter Stallknecht wird bald aus dem Dorf herkommen, um ihn abzulösen. Dann wird er den Toten finden und sich um die Tiere kümmern. Wir müssen uns schnell in Sicherheit bringen.«
Das sah Cael ein, auch wenn es ihm missfiel, sich aus seinem eigenen Haus zu stehlen wie ein gemeiner Dieb. Mit Amanon an seiner Seite wagte er sich ins Wohnhaus, stopfte in Windeseile ein paar Sachen in sein Reisebündel und kehrte dann den leeren Zimmern hastig den Rücken. Ihr Aufbruch war beschlossene Sache, deshalb wollte er sich nicht damit aufhalten, seinem Elternhaus nachzutrauern. Der Kummer und die Angst, die ihn jedes Mal überkamen, wenn er an Yan und Leti dachte, durften nicht die Oberhand gewinnen.
Während Amanon sein Pferd absattelte und ein ausgeruhtes Tier holte, lief er doch noch einmal zurück ins Haus. Er durchquerte mehrere Zimmer und betrat eine kleine Kammer, in der seine Eltern ihre Reiseandenken aufbewahrten. Nachdem er den Deckel einer schweren Truhe hochgewuchtet hatte, sah er auf eine mit Stahlplatten verstärkte schwere Lederkluft. Es war der Kampfanzug seiner Mutter, den sie vor mehr als zwanzig Jahren getragen hatte, als sie nur wenig älter gewesen war als er jetzt. Die Kleidung einer echten Kriegerin, ein Geschenk Grigans an das junge Mädchen, das schon damals äußerst willensstark gewesen war.
Natürlich hatte Cael nicht vor, den Anzug zu tragen, auch wenn Größe und Schnitt einigermaßen seinen Maßen entsprachen. Er suchte nach etwas anderem.
Dem Rapier, das darunter versteckt war.
Er nahm es beinahe ehrfürchtig in die Hand, strich vorsichtig über die Scheide und legte sich dann den Hüftgurt um. Das Gewicht der Waffe an seinem Oberschenkel hatte jedoch nicht die beruhigende Wirkung, die er sich erhoffte. Er hatte noch nie ein Schwert getragen, und auch seine Eltern hatten seit ihrer Rückkehr nach Eza nie wieder eine Waffe in die Hand genommen. Er betete darum, das Rapier nicht benutzen zu müssen.
Aber am meisten wünschte er sich, es möglichst bald seiner eigentlichen Besitzerin zurückgeben zu können, ihr einen dicken Kuss auf die Wange zu drücken und seinem
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