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Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Titel: Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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ruckartig ihre Kapuze zurück und löste den silbernen Kamm, der ihr Haar zusammenhielt. Blonde Strähnen ergossen sich über ihre Schultern, was ihr bewundernde Blicke von Keb, Amanon und selbst Cael eintrug. Doch sie war viel zu entrüstet, um es zu bemerken.
    »Wenn das so ist, verkauf diese Haarspange und besorg mir dafür eine anständige Unterkunft!«, rief sie zornig. »Es ist der letzte Schmuck, der mir geblieben ist, aber ich nehme an, das ist dir egal.«
    »Das wird nicht nötig sein«, warf Amanon ein. »Auch ich habe bei meinem Aufbruch aus dem Matriarchat genug Geld mitgenommen. Wenn wir zusammenlegen, müssten wir ein passendes Schiff finden, ohne dass Ihr Euren Schmuck opfern müsst.«
    Erynes Wut schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Der Kaulaner konnte sehr charmant sein, auch wenn er es nur selten zeigte. Meist war er eher verschlossen, und zudem wirkte er häufig bedrückt.
    Mittlerweise war Eryne wieder einiges zu Amanon eingefallen. Zum Beispiel, dass er Übersetzer war. Das erklärte, warum er die höfischen Sitten so gut kannte. Trotzdem sah er in seiner schwarzen Lederkluft und mit dem Krummschwert fast genauso wild aus wie Kebree – allerdings waren sein rabenschwarzes Haar und der schmale Bart wesentlich gepflegter.
    »Ihr wollt
zusammen
ein Boot kaufen?«, fragte Cael verblüfft.
    »Warum nicht?«, antwortete Amanon. »Wenn wir es nicht mehr brauchen, können wir es jederzeit wieder verkaufen. Unsere Eltern haben im Übrigen vor zwanzig Jahren genau das Gleiche getan. Ihr Segelschiff war die
Othenor.«
    »Das war mir neu«, sagte Nolan. »Was ist aus dem Schiff geworden?«
    »Sie mussten es in Romin zurücklassen«, erklärte Amanon. »Vielleicht liegt es noch immer dort, wenn niemand es gestohlen oder zu Brennholz verarbeitet hat. An den Ufern der Urae soll sich allerlei Gesindel herumtreiben.«
    Eryne begann, Amanon mit ganz neuen Augen zu sehen. Er wusste so viel über die Vergangenheit ihrer Eltern und die Welt im Allgemeinen … Auch war er ganz anders als alle Männer, die sie kannte.
    Als sie über seinen Charakter nachsann, wurde ihr warm ums Herz. Amanons Besonnenheit, seine Umsicht und sein Weitblick flößten ihr Vertrauen ein. Er hatte etwas von einem treusorgenden Familienvater, und Eryne hatte den Eindruck, dass sie sich ganz und gar auf ihn verlassen konnte. Eigentlich hatte sie nichts dagegen, dass er die Führung übernahm. Niemals würde er seinen Willen mit Gewalt durchsetzen, und das sprach eindeutig für ihn.
    Während sie sich die zum Verkauf stehenden Schiffe ansahen, dämmerte Eryne, dass sie die nächsten Tage in der Gesellschaft von vier Männern verbringen würde, darunter ihr Bruder und ein vierzehnjähriger Junge. Die beiden anderen faszinierten sie jeder auf seine Art. Sie hatten ihre Stärken und Schwächen und waren dabei so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Am liebsten hätte die junge Frau beide zu ihrem offiziellen Beschützer ernannt.
    So begannen ihre schlaflosen Nächte.
    Die Sonne versank am Horizont und färbte das romische Meer im Westen glutrot. Für Nolan war es ein langer Tag gewesen. Seit der Begegnung mit Cael und Mano auf dem Platz der Büßer hatte er keine ruhige Dezille gehabt. Doch auch dieser kostbare Moment des Friedens würde bald vorbei sein. Unter Deck kochten seine Gefährten ihre erste Mahlzeit an Bord der
Rubikant,
ihrem neuen Schiff. Sobald das Essen fertig war, würden sie ihn rufen, und dann würden sie endlich erfahren, was Amanon ihnen zu erzählen hatte.
    Gedankenverloren strich er über die Reling. Bei der Bewegung zuckte er vor Schmerz zusammen. Er wusste nicht, wie viele Schläge er eingesteckt hatte, aber sein ganzer Körper tat ihm weh. Dennoch empfand Nolan weder Scham noch Wut. Er hatte seine gerechte Strafe bekommen. Nachdem er sich hilflos auf dem Boden zusammengekrümmt hatte, während die Angreifer brutal auf ihn eindroschen, hatte er endlich das Gefühl, seinen Freunden in die Augen sehen zu können. Sein Fehler war dadurch zwar nicht ausgemerzt, aber er hatte nun den Mut, sich den anderen anzuvertrauen. Heute Abend würde er es ihnen sagen.
    Wenn er nicht wieder einen Rückzieher machte.
    Seufzend drehte er sich um und lehnte sich mit dem Rücken an die Reling. Die
Rubikant
war eine typische lorelische Gabiere, ungefähr zehn Schritte lang und mit zwei Masten, ein Segelschiff für kürzere Handelsfahrten, das keine größeren Ladungen transportieren konnte. Genau das, wonach Amanon Ausschau gehalten hatte. Zum

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