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Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Titel: Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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tun?
    Niss war schon viel zu lange fort. Sie würde nicht wieder auftauchen.
    Nolan empfand eher dumpfe Wut als Trauer. Obwohl seine Eltern nach wie vor verschwunden waren und ihre Feinde übermächtig schienen, hatte er neue Hoffnung geschöpft. Zejabel war davon überzeugt, dass die Erben etwas Besonderes waren und der Erzfeind es mit jedem Dämon aufnehmen konnte, und das hatte ihn tief bewegt, mehr, als er zugeben wollte. Er hatte schon beinahe geglaubt, ihnen könne nichts geschehen und sie würden mit dem Leben davonkommen, so wie ihre Eltern vor zwanzig Jahren. Angesichts so vieler glücklicher Zufälle hatte er geglaubt, dass dieses schreckliche Abenteuer glimpflich ausgehen würde. Und jetzt …
    Jetzt hatten die Götter ein für alle Mal bewiesen, dass ihnen das Schicksal der Sterblichen gleichgültig war. Sie hatten Niss in den Tod geschickt, die jüngste, unschuldigste und verletzlichste von ihnen. Wie sollte er ihnen das je verzeihen? Fast wünschte er, Sombre würde tatsächlich all seine Brüder und Schwestern vernichten.
    Fast wünschte er, ihm dabei helfen zu können. Warum schlossen sie nicht einfach einen Waffenstillstand mit dem Dämon? Beide Seiten würden schwören, einander in Frieden zu lassen, und sie alle könnten endlich nach Hause zurückkehren.
    Tief in seinem Herzen meinte Nolan das alles nicht ernst - oder nur zum Teil. Dass Niss ertrunken war, war einfach zu ungerecht. Wie sollte er das hinnehmen? Das Mädchen war nicht vom Leviathan getötet worden, sondern musste über Bord gegangen sein, als Reexyyl die Gabiere plötzlich losgelassen hatte. Ein tragischer Unfall, bei dem womöglich sogar der Erzfeind den Tod gefunden hatte!
    Wie alle fühlte sich Nolan an Niss' Tod mitschuldig. Wenn er nur im richtigen Moment zu ihr hinübergesehen hätte … Wenn er beobachtet hätte, wie sie in den Fluten versank … Dann hätte er sie vielleicht retten können. Was sollten sie nun tun? Wer interessierte sich jetzt noch für irgendwelche Pforten und das Jal'dara? Bowbaq ganz sicher nicht.
    Nolan vermutete, dass er bald beginnen würde, von einer Rückkehr nach Arkaden zu reden. Er würde sich in seiner Hütte verkriechen und vergeblich auf seine Familie warten. Wer würde ihre kleine Schar dann als Nächster verlassen?
    Zum ersten Mal seit langem gelüstete es ihn nach einer Wasserpfeife. Die Welt der Sterblichen und der Götter war einfach zu grausam, um sie mit klarem Verstand zu ertragen. Da war es besser, alles zu vergessen, dachte er bitter. Er sackte zu Boden und schlug die Hände vors Gesicht.
    Erst als er Eryne immer wieder seinen Namen rufen hörte, sah er hoch. Seine Schwester war außer sich. Sie setzte sich mit angstverzerrtem Gesicht neben ihn, doch als er sie in den Arm nehmen wollte, stieß sie ihn weg.
    »Nolan, ich höre sie in meinem Kopf!«, schluchzte sie.
    »Ich höre Niss nach mir rufen! Ich weiß nicht, was ich tun soll! Soll ich es Bowbaq sagen? Werde ich verrückt? Sag doch etwas, Bruder!«
    Er sprang auf, packte Eryne an den Handgelenken und zog sie hoch. Er bebte am ganzen Körper.
    »Wo? Wo ist sie?«
    »Ich … Ich weiß es nicht!«
    »Konzentrier dich!«, drängte er.
    Seine Schwester warf ihm einen erschrockenen Blick zu, schloss dann aber folgsam die Augen. Gleich darauf riss sie sie wieder auf und starrte ihn fassungslos an.
    »Da drüben!«, rief sie und zeigte mit dem Finger auf eine Stelle im Wasser. »Schnell!«
    Nolan war bereits losgerannt, hechtete auf die Reling und sprang kopfüber ins Wasser. Von Niss war weit und breit nichts zu sehen. Erst als ihn das eiskalte Wasser umschloss, dachte er an den Leviathan. Doch das war jetzt egal. Er tauchte noch einmal auf, holte tief Luft und stieß dann hinab in die Tiefe.
    Nolan schwamm, wie er noch nie in seinem Leben geschwommen war, und starrte angestrengt in die Finsternis. Irgendwann musste er zurück an die Oberfläche, um Luft zu holen, dann tauchte er wieder hinab, so weit er konnte. Das Gewicht seiner Kleider und Schuhe spürte er kaum, denn er glaubte nun wieder an ein Wunder. Und das Wunder geschah. »Großvater«, flüsterte Niss schwach.
    Während sie erneut wegdämmerte, begannen alle laut zu jubeln. Als Nolan mit dem Mädchen im Arm aufgetaucht war, hatten alle gebangt, ob sie noch lebte. Mit einigen Handgriffen hatte er sie an Deck wieder zum Atmen gebracht.
    Als sich Niss das Wasser aus der Lunge hustete, konnten die anderen ihr Glück kaum fassen. Zejabel beobachtete sie mit befremdeter Miene.

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