Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
eisenbeschlagenen Türflügel auf.
Da Eryne das Schlusslicht bildete, konnte sie nur zwischen den anderen hindurch nach draußen spähen, bis Keb plötzlich alle zurückdrängte. Aber was sie in diesem kurzen Moment sah, war so grauenhaft, dass ihr die Verzweiflung den Boden unter den Füßen wegzuziehen drohte. Diesmal schien das Schicksal das endgültige Todesurteil über sie gefällt zu haben. Eine Schar dunkler Gestalten stand vor dem Tor und rückte drohend näher. Menschen in langen Mänteln und mit schaurigen Masken, die Sombre mit Schwertern bewaffnet und deren Herzen er mit Hass erfüllt hatte.
Cael machte mit den anderen kehrt und rannte los, die Hand so fest um den Griff seines Rapiers geklammert, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er hatte etwa zehn Goroner gesehen, aber im Halbdunkel dahinter konnten gut noch mehr verborgen sein. Wären sie nur ein paar Augenblicke später aus dem Kerker entkommen, hätten die Unbekannten sie im Keller überrumpelt. Keb hatte es gerade noch geschafft, das Eingangstor wieder zu verriegeln, doch das Holz würde den heftigen Schlägen, die von außen dagegendonnerten, nicht lange standhalten. Cael fragte sich, woher die Männer diese unheimliche Kraft nahmen – es klang fast, als rüttelte eine riesige Bestie an der massiven Tür.
»Wer war das?«, fragte Amanon keuchend. »Keine Ahnung«, gab Keb zurück.
»Wieder mal ein Haufen Irrer!«
»Wohin bringst du uns?«, wollte Bowbaq wissen. »Gibt es noch einen anderen Ausgang?«
»Wir versuchen es über das Dach«, rief Keb über die Schulter und hetzte eine weitere Treppe hinauf. »Ein anderer Weg fällt mir nicht ein.«
Wieder durchquerten sie eine lange Zimmerflucht. Nolans und Bowbaqs Laternen warfen zitternde Lichtflecken an die dunklen Mauern. Unten krachte es so laut, dass sie schon dachten, die Tür habe nachgegeben, doch kurz darauf dröhnten noch wildere Schläge durchs Haus. Als sie endlich das Dachgeschoss erreicht hatten, blieb Keb unter einer Falltür stehen, die gerade breit genug für einen Erwachsenen war.
Unaufgefordert griff Cael nach der Leiter, die neben ihm lag. Mit der Hilfe seines Cousins schob er sie an ihren Platz und unterdrückte in der Staubwolke, die dabei aufwirbelte, ein Husten.
»Zejabel zuerst«, befahl Amanon und zog sein Krummschwert.
Die Zü verlor keine Zeit, schob sich ihren Bogen auf den Rücken und kletterte geschmeidig wie eine Katze die Leiter hinauf. Mit zwei raschen Bewegungen entriegelte sie die Falltür und stieß sie nach oben. Am klaren Himmel glänzten die Sterne über Goran, und der Geruch von Regen und Moder schlug ihnen entgegen. Ein heftiger Wind hatte die schwarze Wolkendecke weggefegt, die noch vor einem Dekant über der Stadt gehangen hatte.
»Die Luft ist rein«, rief die Zü, nachdem sie sich auf das Dach gezogen hatte.
Bowbaq ließ Niss als Erste hinaufklettern, während Amanon Eryne heranwinkte. Ihre Nerven waren so angespannt, dass sie unwillkürlich aufschrie, als unten das Eingangstor mit einem dumpfen Krachen barst. Hastig folgte Bowbaq den beiden, dann erklomm Cael die dünnen Sprossen, so schnell er konnte. Sobald er unter freiem Himmel stand, schöpfte er ein wenig Hoffnung, doch Dezillen später ließen ihn Schritte im Treppenhaus erzittern. Nolan beeilte sich, zu ihnen zu stoßen, und Amanon und Keb entschieden in einem kurzen Wortwechsel, wer dem anderen den Rücken decken sollte. Zutiefst erleichtert streckte Cael seinem Cousin die Hand entgegen, um ihm aufs Dach zu helfen. Die anderen hatten bereits rund um die Falltür Stellung bezogen. Zejabel legte einen Pfeil auf, um den ersten Gegner zu erschießen, der hinter Keb zum Vorschein kommen würde. Bowbaq schleppte einen riesigen Steinblock herbei, den er aus dem Sims gebrochen hatte.
Amanon und Nolan robbten zur Dachkante und spähten hinunter, um nachzusehen, ob sich noch Goroner auf der Straße befanden. Cael wagte erst durchzuatmen, als Keb ebenfalls in Sicherheit war. Ohne sich absprechen zu müssen, packten sie die Leiter und zogen sie zu sich hoch. Im selben Augenblick stürmten ihre Feinde den Speicher. Zejabel schoss ihren Pfeil ab, Keb trat die Falltür zu, und Bowbaq wälzte den Stein darauf, den kein anderer auch nur eine Handbreit von der Stelle hätte bewegen können. Dennoch hatte Cael gerade noch etwas hinter den Angreifern erblickt – einen riesenhaften Schatten, der sich entsetzlich schnell bewegte. »Sie haben ein Ungeheuer dabei«, sagte er mit tonloser
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