Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
aufgehen würde, schließlich hatten sie alles in höchster Eile einfädeln müssen. Als Nolan und er bei ihrem Erkundungsgang in Goran festgestellt hatten, dass alle Ausgänge der Stadt bewacht wurden, waren sie sich in einem sofort einig gewesen: Sie würden nie und nimmer klammheimlich aus Goran fliehen können, schon gar nicht, wenn sie zwei Verletzte tragen mussten. Und die
Rubikant
war kein geeignetes Transportmittel mehr, denn ihre Verfolger konnten ihnen einfach weiter unten am Fluss auflauern.
Also hatten sie sich kurzentschlossen auf die Suche gemacht und einen Händler aufgetrieben, der ihnen zwei Gespanne zu einem vereinbarten Treffpunkt bringen würde. Da die Hauptstadt des Kaiserreichs unter anderem für ihre Pferdezüchter berühmt war, hatte ihnen das keine große Mühe bereitet. Allerdings garantierte ihnen nichts, dass der Mann, mit dem sie ins Geschäft gekommen waren, sich auch an die Abmachung halten würde oder, schlimmer noch, nicht etwa mit der Dunklen Bruderschaft im Bunde stand. Vielleicht tappten sie geradewegs in eine Falle.
Dieser Gedanke ging Amanon durch den Kopf, während sie das Schiff dicht ans Ufer brachten. Aber aus den hölzernen Karren sprangen keine heimtückischen Mörder, und die beiden Kutscher schienen nicht einmal Waffen zu tragen. Darüber konnte Amanon nur den Kopf schütteln – bis ihm einfiel, dass er früher ebenfalls nur ein kleines Messer dabeigehabt hatte, wenn er auf Reisen war. Erst seit kurzer Zeit sah er die Welt und die Gefahren, die in ihr lauerten, mit anderen Augen.
Während sich die anderen über die Wagen unterhielten, sprang er ans Ufer und ging auf die Männer zu, mit denen er tags zuvor verhandelt hatte. Sie wirkten noch verblüffter als in dem Augenblick, als er ihnen seinen Vorschlag unterbreitet hatte.
»Wir waren nicht sicher, ob Ihr tatsächlich kommen würdet«, gab einer der Männer zu, als er ihm die Hand schüttelte. »Vor allem haben wir nicht damit gerechnet, dass Ihr mit dem Schiff unterwegs seid!«
»Nun, um genau dieses Schiff geht es«, erwiderte Amanon. »Wärt Ihr einverstanden, wenn wir es Euch im Tausch für die Wagen überlassen?«
»Ihr beliebt zu scherzen«, brachte der Händler hervor.
Als den Goronern klar wurde, dass Amanon sein Angebot ernst meinte, leuchteten ihre Augen gierig auf: Die
Rubikant
war gut und gern doppelt so viel wert wie der ursprünglich vereinbarte Preis. Dennoch bestanden sie darauf, das Schiff bis in die hintersten Winkel zu inspizieren, während die Erben ihr Gepäck auf die beiden Wagen luden. Nach einer knappen Dezime hatten die Fahrzeuge den Besitzer gewechselt. Zuletzt kletterte Cael den Hauptmast hinauf, um das Gwelom abzunehmen, das sie dort befestigt hatten.
»Ich rate Euch dringend, sofort nach Goran zurückzukehren«, warnte Amanon. »In jedem Fall solltet Ihr Lodacre in den nächsten Tagen meiden. Wir haben dort nicht nur Freunde.«
»Das haben wir uns schon gedacht«, sagte der Händler und zwinkerte ihnen fröhlich zu. »Macht Euch um uns keine Sorgen.«
Kurz darauf ging Amanon als Letzter von Bord des Schiffs, das ihnen nahezu eine Dekade lang Zuflucht geboten hatte. Auch die anderen schienen Wehmut zu empfinden, denn alle sahen der Gabiere mit düsterer Miene und sorgenvoll gerunzelter Stirn nach, während sie Richtung Goran davonsegelte. Als sich die Wagen ruckelnd in Bewegung setzten und die weite Fahrt ins Schöne Land begann, vergoss Eryne sogar ein paar stumme Tränen. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und kauerte sich auf einer rohen Bank in einem der Wagen zusammen, als würde sie in einem schaukelnden Kerker aus ihrem Palast entführt.
Amanon hätte sie gern getröstet und die richtigen Worte gefunden, um ihr Mut zu machen, doch alles, was ihm in den Sinn kam, ließ sich in einem niederschmetternden Satz zusammenfassen:
Vor uns liegen noch viel härtere Prüfungen.
Der erste Tag ihrer Reise war furchtbar anstrengend, vor allem für Zejabel. Obwohl die Züdie Hälfte der Zeit über schlief, um sich von ihren Verletzungen und den Ereignissen der letzten Tage zu erholen, kam ihr die Fahrt endlos lang vor. Ihr war klar, dass sie möglichst viele Meilen hinter sich bringen mussten und erst weit von Goran und Lodacre entfernt Halt machen konnten, aber Amanon übertrieb vielleicht doch etwas, als er darauf bestand, auch noch nach Einbruch der Dunkelheit weiterzufahren. Natürlich konnten die Erben froh sein, dass sie so gut vorankamen, aber Zejabel war mehr als erleichtert,
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