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Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Titel: Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Dämon überlebt. Etwas Ablenkung war da nur willkommen.
    Nach dem Essen, stimmten sie Kebs Vorschlag zu, einen juneischen Likörwein zu bestellen und aufeinander anzustoßen. Zejabel nippte nur kurz an ihrem Glas, aber das reichte, um sie noch benommener zu machen. Während die Erben immer unbeschwerter wurden, machte sich Traurigkeit in ihr breit. Ihre Bauchwunde, ihr Heimweh nach der Insel Zuia und die Gefahr, die von Sombre ausging, bedrückten sie mehr denn je. Kämpferisch, wie sie war, beschloss sie, den Moment der Wahrheit nicht länger herauszuzögern.
    »Wir müssen darüber sprechen, was in Goran passiert ist«, sagte sie ernst.
    Eryne senkte kurz den Kopf, bevor sie Zejabel mit einem gezwungenen Lächeln anblickte. Sie wusste ganz genau, worauf die Zühinauswollte. Die Gefährten blickten gespannt zwischen den beiden Frauen hin und her.
    »Ihr wisst, dass Ihr anders seid«, fuhr Zejabel fort. »Ohne Eure Gabe hättet Ihr die Mörder nicht besiegen können. Ohne Euch wüssten wir nicht einmal, dass es Anhänger Phrias’ waren. Ihr müsst lernen, diese Fähigkeit gezielt einzusetzen. Und ich kann Euch dabei helfen.«
    »So außergewöhnlich war das, was ich getan habe, nun auch wieder nicht«, protestierte Eryne halbherzig. »Ich kann selbst nicht genau sagen, was eigentlich passiert ist. Auf einmal habe ich die Gedanken der Männer gelesen, als wollten sie mich vor den Angriffen warnen, die sie als Nächstes ausführen würden.«
    »Wie ein Erjak?«, fragte Nolan.
    »Nein«, widersprach Zejabel. »Was Eryne da beschreibt, ist der Zustand der Entsinnung. Das ist die Fähigkeit, den Gedanken der Sterblichen zu lauschen, ohne dass diese es bemerken.«
    »Die Tiere, mit denen ich spreche, spüren mein Eindringen in ihren Geist sofort«, bestätigte Bowbaq. »Also ist es nicht das Gleiche.«
    »Nein. Die Entsinnung ist eine
göttliche
Gabe. Sie ermöglicht es den Unsterblichen zum Beispiel, die Gebete zu hören, die an sie gerichtet sind. Der Mensch kann diesem Zustand mit viel Übung nahekommen, so wie ich, aber ganz erreichen wird er ihn nie. Das ist allein den Göttern vorbehalten.«
    Zejabel kam der Gedanke, dass sie ihnen das alles viel schonender hätte beibringen müssen, aber der Alkohol und die Müdigkeit hatten sie jede Zurückhaltung vergessen lassen. Die anderen schienen es ihr nicht übel zu nehmen, nicht einmal Eryne, die zur Abwechslung ernst und konzentriert zuhörte, statt sich wie ein verwöhntes Edelfräulein aufzuführen.
    »Diese Fähigkeit gezielt einsetzen, was bedeutet das?«, fragte Amanon schließlich. »Wie weit kann das gehen?«
    »Der Entsinnung sind keine Grenzen gesetzt«, sagte Zejabel. »Theoretisch kann man in diesem Zustand den Gedanken aller Menschen der bekannten Welt lauschen.«
    »Willst du damit sagen, dass diese schöne Frau meine Gedanken lesen kann?«, witzelte Keb. »Das müsste ihr eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben!«
    »Unsere Gedanken bleiben ihr verschlossen. Die Dara-Steine schützen uns. Aber mit etwas Übung könnte Eryne zum Beispiel hören, was die Leute in dieser Herberge gerade denken.«
    Gebannt lauschten die Erben Zejabel und zogen je nach Charakter nachdenkliche, ungläubige oder skeptische Gesichter. Eryne selbst hielt den Blick starr auf ihr Weinglas geheftet, als ginge sie das alles nichts an. Dabei hatte sie seit dem Beginn des Gesprächs keinen einzigen Schluck mehr getrunken.
    »Aber eins passt nicht so recht zu dem, was du sagst«, warf Nolan ein. »Als Niss fast ertrunken wäre, hörte Eryne sie in ihrem Kopf um Hilfe rufen. Das ist schon unglaublich genug, aber wie war es möglich, wo Niss doch ihren Stein trug?«
    »Dafür habe ich auch keine Erklärung«, gab Zejabel zu. »Ich kann mir höchstens vorstellen, dass Erynes Entwicklung zur Göttin erst vor kurzem begonnen hat. Ihre Gabe beginnt sich zu offenbaren und wird mit der Zeit immer stärker.«
    »Aber warum geschieht das ausgerechnet jetzt?«, fragte Amanon.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht aus der Not heraus. Als es um Leben und Tod ging, gelang es ihr, die Entsinnung anzuwenden, ohne das Geringste darüber zu wissen. Die Gefahr könnte ihre wahre Natur zum Vorschein gebracht haben.«
    »Und du, kannst du auch Gedanken lesen?«, fragte Niss.
    »Nein. Zumindest nicht ohne Zuia. Sie hat mir beigebracht, ihren Geist als eine Art Vermittler zu nutzen, wenn man so will. Aber jetzt bin ich nicht mehr ihre Kahati. Wenn ich mich dem Zustand der Entsinnung annähern wollte,

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