Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
Schiffe in Leidjill, die nicht erbärmlich nach Fisch stanken, da sein Besitzer damit hauptsächlich Waren zwischen dem Festland und dem Schönen Land hin- und herbefördert hatte. Neben einem Beiboot und einer Kajüte mit drei Kojen gab es einen großen Laderaum, in dem die Männer schlafen würden. Um keine Zeit zu verlieren, bezogen die Erben das Boot, gleich nachdem der Handel geschlossen war.
Nachdem sie ihr Gepäck und die Vorräte an Bord gebracht hatten, gingen Amanon und Nolan noch einmal in die Stadt, um Ausrüstung für die Fahrt zu besorgen. Neben zwei dicken Seilen kauften sie vor allem Laternen und Material, um Fackeln herzustellen, denn von Bowbaq und aus Corenns Tagebuch wussten sie, dass man sich die Ratten auf Usuls Insel am besten mit Feuer vom Leib hielt – wenn überhaupt. Sie hatten ihre Lektion gründlich gelernt.
Als alle Vorbereitungen getroffen waren, gab es keinen Grund mehr, länger in Leidjill zu verweilen. Zu guter Letzt befestigten sie eins der Gwelome am Hauptmast, damit das Schiff nicht von Dämonen aufgespürt werden konnte. Gegen Abend holten sie den Anker ein, setzten die Segel und glitten hinaus aufs stille Meer. Eine der wichtigsten Etappen ihrer Reise hatte begonnen.
Bowbaq fiel auf, dass der Sonnenuntergang genauso flammend leuchtete wie vor dreiundzwanzig Jahren, als er mit den Eltern seiner Gefährten zu Usuls Insel aufgebrochen war. Aus einem plötzlichen Aberglauben heraus schlug er vor, die Feluke
Othenor II
zu taufen.
Alle hofften, dass ihnen dieser Name Glück bringen würde und sie lebend von der Heiligen Insel zurückkehren würden.
Die Guori legten viel Wert auf Abgeschiedenheit und achteten zudem sorgsam darauf, die Privatsphäre der reichen Pächter ihrer Inseln zu schützen. Deshalb unterhielten sie seit Jahrzehnten eine mit Söldnern bemannte Flotte, um Störenfriede fernzuhalten. Diese Hürde mussten die Erben als Erstes überwinden. Während sie über den Meeresarm zum Schönen Land segelten, klammerten sie sich an die Hoffnung, dass sie ganz einfach Glück haben würden, und so war die Enttäuschung groß, als gleich hinter der ersten Insel eine Fregatte auftauchte. Sie war zwar noch ein ganzes Stück entfernt, hielt aber direkt auf sie zu.
»Was soll das?«, fragte Niss besorgt. »Sie werden uns doch wohl nicht angreifen, oder?«
»Nur, wenn wir einfach weitersegeln«, erklärte Amanon. »Ihre Aufgabe ist es vor allem, Piraten abzuschrecken. Ich fürchte, wir müssen uns von ihnen zu Zarbone eskortieren lassen. Das ist immer noch besser, als umzukehren.«
Niss beruhigten seine Worte nicht. Sie hatte zwar fast alles aus ihrer Zeit im Tiefen Traum vergessen, erinnerte sich aber umso deutlicher daran, wie sie in den dunklen, eiskalten Fluten des Mittenmeers aufgewacht war. Die Aussicht auf ein Gefecht auf dem Wasser machte ihr mehr Angst als jeder noch so ungleiche Kampf an Land. Hier auf dem Meer würde sie es nie wagen, ihren Körper zu verlassen, um die Kontrolle über einen ihrer Feinde zu übernehmen. Was, wenn sie über Bord ging und ertrank, ohne dass sie etwas davon mitbekam? Dann würde sie für alle Zeiten in dem fremden Körper bleiben müssen oder in eine leblose Hülle zurückkehren, was den sicheren Tod bedeutete.
Während die Sonne endgültig am Horizont versank, sahen die Erben der Fregatte mit wachsender Furcht entgegen. Falls die Mannschaft eine Horde Rohlinge war, konnte sie sich schlichtweg weigern, sie nach Einbruch der Dunkelheit zu Zarbone zu geleiten.
Doch zu ihrem Glück tauchte ein anderes Schiff, den Umrissen nach eine Korvette, am nördlichen Horizont auf. Die Söldner änderten sofort ihren Kurs, um Jagd auf die fettere Beute zu machen, und die Erben konnten ihre Fahrt ins Insellabyrinth des Schönen Landes ungestört fortsetzen. Niss seufzte erleichtert auf, ohne sich für ihre Angst zu schämen. Vermutlich war die Feluke den Söldnern bekannt, und sie hielten es nicht für besonders riskant, auf eine Routinekontrolle zu verzichten.
In der Dämmerung wurde die Navigation immer schwieriger. Die Karten, die Amanon in Goran gekauft hatte, waren zwar ziemlich genau, aber bald verschluckte die Dunkelheit sämtliche Orientierungspunkte. Doch sie hatten keine Wahl: Nur wenn sie bei Nacht auf Usuls Insel landeten, konnten sie sie in Ruhe erkunden. Tagsüber konnten sie jederzeit von den Guori überrascht werden und für den Frevel, die verbotene Insel betreten zu haben, zum Tode verurteilt werden. Nicht, dass im Schönen Land
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