Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
nehmen. Amanon verbrachte die nächsten beiden Dezimen damit, das Schiff durch das Insellabyrinth des Schönen Landes zu lenken, während er mit den Gedanken bei seinem Cousin und der rätselhaften Kraftlosigkeit war, unter der er litt. Als Niss ihn holen kam, weil Cael erneut die Augen aufgeschlagen hatte, überließ er die Segel und das Steuerruder für kurze Zeit sich selbst.
Amanon und Niss kamen gerade rechtzeitig, um die ersten verständlichen Worte des Jungen zu hören. Seine Stimme war immer noch brüchig und kaum lauter als ein Atemhauch. Er krächzte: »Der Name des Erzfeinds …«, und verstummte dann.
Alle hielten die Luft an. Gebannt starrten sie Cael an, doch wieder rang er nur hilflos mit den Worten. Erst nach mehreren Dezillen hatte er genug Kraft gesammelt, um weitersprechen zu können.
»Der Name des Erzfeinds … Usul hat ihn mir gesagt. Aber ich kann mich nicht daran erinnern!«, flüsterte er und schluchzte auf, doch Cael war zu schwach, um lange zu weinen, und versank wieder in seiner rätselhaften Starre.
Die Erben schwiegen entgeistert, und Amanon fühlte sich um zwanzig Jahre gealtert, vom Schicksal niedergedrückt.
Ihre Suche schien kein Ende nehmen zu wollen. Bisher hatten sie großes Glück gehabt und alle Schrecknisse überlebt, doch dem Fluch der Erben konnten sie nicht entrinnen.
Nach einer Weile war Cael nicht mehr wie erstarrt, sondern nur noch müde, und so fiel er in einen tiefen, ruhigen Schlaf. Erst jetzt wagte Eryne aufzustehen, um sich etwas die Beine zu vertreten. Klein wie die Feluke war, führten sie ihre Schritte unweigerlich an Deck, wo ihre Gefährten vergeblich versuchten, mit der Enttäuschung fertig zu werden. Dass sie immer noch nicht wussten, wer der Erzfeind war, war ein schwerer Schlag.
Nur Bowbaq war guter Dinge. Er war zutiefst erleichtert, das Schöne Land mitsamt den Ungeheuern, die auf der Heiligen Insel ihr Unwesen trieben, verlassen zu können, und da ihm der Magen knurrte, kamen seine Freunde bald in den Genuss eines reichhaltigen Frühstücks. Zugegebenermaßen fühlte sich Eryne anschließend wesentlich besser. Das war ja wohl ein Beweis dafür, dass sie ein Mensch aus Fleisch und Blut war! Andererseits konnte ihr plötzlicher Heißhunger natürlich auch etwas mit ihrer Entwicklung zur Göttin zu tun haben, aber diesen Gedanken schob sie rasch beiseite.
Später am Morgen hatte das zermürbende Warten ein Ende: Cael wachte endgültig auf und war fast wieder der Alte. Die Gefährten versammelten sich ein weiteres Mal an seinem Bett, um sich die vollständige Schilderung seiner Begegnung mit Usul anzuhören. Als er von dem eiskalten Wasser und der undurchdringlichen Finsternis in der Höhle des allwissenden Gottes erzählte, erschauderte Eryne. Amanons Beschreibung war sehr viel weniger drastisch gewesen. Wahrscheinlich hatte er seinen Freunden nicht noch mehr Angst machen wollen, als sie ohnehin schon hatten.
Als Nächstes berichtete Cael von seinem Wortwechsel mit dem Gott, von den strengen Regeln, auf denen Usul beharrt hatte, und von seiner Weigerung, sich in den Streit einzumischen, der seine Brüder und Schwestern entzweite. Wieder einmal musste Eryne eine bittere Enttäuschung verkraften. Sie hatte so sehr darauf gehofft, dass Eurydis ihnen half. Aber wie konnten die Erben sie darum bitten, wenn es ihnen nicht gelang, mit der Göttin der Weisheit in Verbindung zu treten?
Schließlich gab Cael wieder, was der Gott über ihre Eltern gesagt hatte. Seinen Freunden blieb der Mund offen stehen.
»Sie sind im Jal?«, wiederholte Eryne benommen. »Wie kann das sein? Warum?«
»Das wusste Usul nicht«, erklärte Cael, dessen Stimme immer noch schwach klang. »Er sagte … der Ort … liege außerhalb unserer Welt.«
Alle wandten sich zu Bowbaq um, der sich schon einmal für eine Weile im Jal aufgehalten hatte. Doch der Arkarier wusste nicht, wie er diese Worte deuten sollte, und zuckte nur mit den Schultern.
»Und wie sind sie überhaupt dahin gekommen?«, brummte Keb. »Ich dachte, man müsste eine dieser vermaledeiten Pforten durchschreiten, um ins Jal zu gelangen?«
»Keine Ahnung«, flüsterte Cael heiser. »Aber Usul … war sich ganz sicher. Er konnte … nicht sagen, ob sie noch … leben, aber dass sie … im Jal sind, daran hatte er … keinen Zweifel.«
»Vielleicht wurden sie entführt und anschließend zu einer Pforte gebracht«, überlegte Amanon.
»Oder diese merkwürdige Sonne, die Niss gesehen hat, ist auch eine Art Pforte«,
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