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Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Titel: Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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sich das rote Tuch um die Stirn. Die Handgriffe weckten unangenehme Erinnerungen an seine Zeit bei den K’luriern, aber daran durfte er jetzt nicht denken.
    Da sie keine Priesterkutte besaßen, musste sein Oberkörper nackt bleiben. Zum Glück hatten manche Züu die Gewohnheit, in der brütenden Hitze der Insel Zui’a ihre Brust zu entblößen. Zum Schluss legte sich Nolan noch einen leichten Umhang um. Zejabel empfahl ihm, ihn so zu tragen, dass er den rechten Arm verbarg, denn das taten viele Boten Zuias, damit ihr Gegenüber nicht sah, ob sie den Hati gezogen hatten oder nicht. Diese Gepflogenheit kam ihnen nun zugute, da Nolan keine der gefürchteten Waffen trug. Mittlerweile bereute er, auf Ji von Zejabel verlangt zu haben, ihren vergifteten Dolch fortzuwerfen.
    Zejabel lieh ihm auch eine Brosche und einen Armreif, auf denen die Symbole der Rachegöttin prangten. Sie sahen gewöhnlich genug aus, um auch von einem einfachen Boten Zuias getragen werden zu können. Nun musste Nolan nur noch das Gwelom abnehmen, das er um den Hals trug. Er schob es sich rasch in die Hosentasche. Bei dem Gedanken, den kostbaren Anhänger zu verlieren, überlief es ihn eiskalt. Was hätte Zui’a gestaunt, wenn sie entdeckte, dass sich einer ihrer Feinde auf ihrer Insel befand!
    Als die beiden an Deck zurückkehrten, wurden sie mit bewundernden Pfiffen und Komplimenten begrüßt. Ihre Freunde erklärten einstimmig, die Verkleidung sei glaubwürdig, wenn auch nicht perfekt. Nolan dankte ihnen, doch der Kloß in seinem Hals wurde von Dezille zu Dezille größer. Seltsamerweise musste er in diesem Moment an seinen Vater denken, der einige Jahre lang als fahrender Schauspieler durch Lorelien gezogen war, bevor ihm der König das Herzogtum seiner Vorfahren zurückgab. Nun hing von Nolans schauspielerischem Geschick nicht nur das Leben seiner Freunde ab, sondern das Schicksal der ganzen bekannten Welt.
    Amanon hatte sein Krummschwert unter einer Bank ganz in der Nähe versteckt, aber er hätte sich auch nicht wehrloser gefühlt, wenn es am anderen Ende des Schiffs gelegen hätte. Als die Feluke den feindlichen Hafen ansteuerte, stand er mit Nolan, Keb und Cael an Deck. Ihr Plan sah vor, Nolan als den Kapitän des Schiffs auszugeben und die anderen als seine Besatzung. Um die Geschichte glaubwürdiger zu machen, hatten sich Amanon, Keb und Cael ebenfalls umgezogen. Bowbaq, der wegen seiner Größe zu auffällig war, verschanzte sich mit Eryne, Niss und Zejabel im Laderaum der Feluke. Sie hatten getan, was sie konnten, nur ein Problem gab es noch: Nolan sprach kein Ramzu. Sie hatten sich den Plan erst am Vorabend zurechtgelegt, und die verbliebene Zeit war zu kurz gewesen, um die Sprache auch nur ansatzweise zu lernen. Deshalb hatte sich Nolan abgesehen von Begrüßungs- und Abschiedsfloskeln nur ein paar wichtige Sätze eingeprägt: »Es ist alles in Ordnung«, »Mein Schiff läuft bald wieder aus« und »Die Strafe der Rachegöttin wird über dich kommen, wenn du einen Fuß an Bord setzt«. Wenn sie jedoch auf einen allzu neugierigen Zü stießen, würde Nolan mit seinem begrenzten Wortschatz unweigerlich Verdacht erregen.
    Amanon hoffte, Nolan im Notfall mit den wenigen Brocken Ramzu, die er beherrschte, zu Hilfe kommen zu können. Nun bereute er, die letzten Tage nicht dazu genutzt zu haben, seine Kenntnisse aufzufrischen. Doch jetzt war es zu spät: Die
Othenor II
glitt langsam auf einen der verwitterten Holzstege zu.
    An die fünfzig Boote dümpelten in der kleinen Bucht, und sie sahen mit Erleichterung, dass auch eine Handvoll Feluken dabei waren. Die meisten schienen dem Fischfang zu dienen, denn auf dem Platz vor dem Pier waren zahlreiche Netze zwischen Masten zum Trocknen aufgespannt. Frauen mit sonnengegerbten Gesichtern flickten mit erstaunlich flinken Fingern die zerrissenen Maschen. Amanon war bereits mehrmals in Mythr gewesen, der nächsten Stadt auf dem Festland, weshalb er wusste, dass in diesem Teil des Mittenmeers einige der größten Fischarten der bekannten Welt heimisch waren. Kein Wunder, dass die Netze ständig ausgebessert werden mussten.
    Als das Schiff neben dem Steg schaukelte, sprang Amanon an Land und machte die Leinen an den Anlegeringen fest. Dann blickte er zur Stadt hinüber. Abgesehen von ein paar Läden mit üppiger Auslage wirkten die Häuser recht ärmlich. Die zweistöckigen Kalksteingebäude hatten ihr ursprüngliches Weiß schon lange eingebüßt, die Mauern waren schmutzig grau, und viele Häuser

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