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Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte

Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte

Titel: Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Zejabel ließ sich neben ihr auf der Koje nieder. Die anderen saßen draußen in der Kombüse am Abendbrottisch, doch Eryne hatte sich geweigert, Niss allein zu lassen.
Anders kennen wir es nicht von dir,
hatten ihre Gefährten gesagt. Sicher, für Eryne war es unvorstellbar, nicht am Bett ihrer kranken oder verletzten Gefährten zu wachen. Schon als Kind hatte sie ihre Eltern oder ihren kleinen Bruder gepflegt, wenn sie wegen einer Grippe das Bett hüten mussten.
    »Außerdem solltest du versuchen, etwas zu schlafen. Bowbaq bleibt ohnehin bei Niss, sie wird also nicht allein sein.«
    Da sie sich soeben einen Löffel in den Mund geschoben hatte, nickte Eryne nur, auch wenn sie fest entschlossen war, die Hand des Mädchens zu halten, bis ihr vor Erschöpfung die Augen zufielen. Falls sie überhaupt Schlaf fand …
    In letzter Zeit wälzte sie sich oft ruhelos hin und her, und beim Aufwachen spukten ihr Fetzen aus bizarren Träumen im Kopf herum, oder vielmehr die Erinnerung an die Gedanken unzähliger fremder Menschen, die sie im Zustand der Entsinnung vernommen hatte. Eryne konnte sich einfach nicht an diese Träume gewöhnen, obwohl Zejabel gesagt hatte, dass sie sich damit abfinden musste. Bald würde sie die fremden Gedanken wohl auch hören, wenn sie wach war, und dann wäre der Schlaf ihr einziger Zufluchtsort.
    Das brachte sie ins Grübeln. Erging es allen Unsterblichen so? Warteten sie sehnsüchtig auf den Schlaf, um wenigstens für kurze Zeit dem Getöse der menschlichen Gedanken zu entkommen? Intuitiv spürte sie, dass sie der Wahrheit nahekam, auch wenn sie keine Gewissheit hatte.
Das wird also mein Schicksal sein, wenn ich erst …
    Rasch schob sie die düsteren Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die Gegenwart:
Mutter und Vater. Nolan. Amanon und Keb. Zejabel, Bowbaq, Cael und die kleine Niss. Meine Freunde.
    Mein Sohn.
    »Schmeckt dir das Essen nicht? Ist dir nicht gut?«, fragte Zejabel.
    Eryne hatte das Gesicht verzogen und sich eine Hand auf den Bauch gelegt. Für einen kurzen Moment amüsierte es sie, dass Zejabel sich um sie kümmerte, wie es sonst immer ihre Mutter Lana getan hatte. Außerdem fiel ihr auf, dass die Zü stillschweigend zum Du übergegangen war. Selbst Amanon gebrauchte seit dem Kampf in Zuias Palast die ungezwungene Anrede. Hatte sich das Bild, das ihre Freunde von ihr hatten, durch ihre Schwangerschaft verändert? War sie in ihren Augen nun keine vornehme Hofdame mehr?
    Nein, der vertrauliche Umgang hatte wohl eher etwas mit den Gefahren zu tun, die sie gemeinsam durchgestanden hatten. Ihre Abenteuer hatten sie einander näher gebracht. Dabei hätten Eryne und Zejabel nicht unterschiedlicher sein können. Und Amanon … Mit ihm hatte sie immerhin das Bett geteilt. Dass sie sich danach weiter mit ausgesuchter Höflichkeit begegnet waren, hatte niemanden getäuscht. Zumal er vielleicht der Vater ihres Kindes war – er oder Kebree.
    »Mir ist etwas schwindelig«, murmelte sie.
    Tatsächlich schwirrte ihr der Kopf. Neben all den anderen Sorgen wusste sie nicht einmal, wer der Vater ihres Kindes war. Wie hatte sie sich in so kurzer Zeit zwei so unterschiedlichen Männern hingeben können? Warum hatte sie ihnen das angetan? Keb und Amanon hatten doch nur ihr Bestes gewollt und sie immer beschützt, und wieso war sie immer noch unschlüssig, was ihre Gefühle anging?
    Aber jetzt lag die Entscheidung nicht mehr bei ihr.
    »Ich muss mich hinlegen«, sagte sie mit matter Stimme.
    Zejabel nahm ihr die Schüssel ab und erhob sich, um ihr Platz zu machen, aber Eryne stand auf, tappte zu Niss hinüber und streckte sich neben ihr aus. Sie hatte das Gefühl, in einen bodenlosen Abgrund zu stürzten, so schwindelig war ihr.
    »Das kommt vor, mach dir keine Sorgen«, flüsterte Zejabel wie aus weiter Ferne. »Du hast deine Kräfte zu sehr beansprucht, ohne darauf vorbereitet zu sein. Jetzt ist es das Wichtigste, dass du dich ausruhst.«
    Vielleicht sagte sie noch mehr, aber Eryne hörte sie nicht mehr. Sie versank in einem Dämmerzustand, in dem die dramatischen Ereignisse des Tages erneut vor ihrem geistigen Auge vorbeizogen: Die Erben waren Zuia in ihrem Palast in die Falle gegangen. Die Dämonin hatte verkündet, das Gwelom werde Eryne bald nicht mehr schützen, und ihr eröffnet, dass in ihrem Leib ein Kind heranwuchs. Die Erben hatten gegen die Züu-Priester gekämpft, und plötzlich war Niss leblos in sich zusammengesackt. Dann waren die Freunde zur Nordküste der Insel geflohen, mit

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