Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
wird.«
»Aber wenn wir nichts unternehmen, stirbt sie tatsächlich.« Eryne rollten Tränen über die Wangen.
Zejabel betrachtete sie nachdenklich. Ihre Antwort würde Eryne in noch größere Verwirrung stürzen, aber sie musste es ihr sagen. Vor schwierigen Aufgaben war die einstige Kahati noch nie zurückgeschreckt.
»Nur du kannst ihr helfen. Du bist als einzige von uns in der Lage, Niss’ Rufe zu hören. Vielleicht kannst du sie zurückholen, falls dir diese Fähigkeit gegeben ist. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«
Auf diese Worte hin brach Eryne endgültig in Tränen aus, und eine Dezime lang hielt Zejabel sie im Arm. Schließlich fuhr sich die künftige Göttin über das Gesicht, legte sich neben Niss auf die Koje und nahm behutsam die Hände des Mädchens in ihre. Nach wenigen Dezillen versank sie erneut in einen tiefen Schlaf, einen Schlaf, wie ihn nur Unsterbliche kennen.
Erst nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, erlaubte sich auch Zejabel einen kurzen Moment der Schwäche. Zum Glück war keiner der anderen in der Nähe, so dass niemand ihre feuchten Augen sah. Dann straffte sie die Schultern, setzte eine undurchdringliche Miene auf und ging zum Bug, wo sie sich an die Reling lehnte und gedankenverloren den Horizont betrachtete. Irgendwo hinter ihnen war Zuia nach wie vor am Leben, und unten in der Kajüte focht Eryne einen stummen Kampf gegen die Gesetze, denen die Sterblichen unterlagen.
Seit dem Morgengrauen war Cael etwas zur Ruhe gekommen. Die Stimme in seinem Kopf war mittlerweile zu einem leisen Flüstern abgeklungen, und fürs Erste schien ihm kein weiterer Anfall bevorzustehen. Eigentlich hätte er froh sein sollen, aber insgeheim war er enttäuscht. Er musste unbedingt das Gedächtnis seines anderen Ichs durchforsten, um den Namen des Erzfeinds herauszufinden. Und diese Erinnerung blieb verschüttet, solange sich sein innerer Dämon nicht regte.
Nachdem er den ganzen Tag über die Sache nachgegrübelt hatte, stand sein Entschluss fest. Sobald er seinen Gefährten den Namen des Erzfeinds geliefert hätte, würde er sie verlassen, um sie nicht länger in Gefahr zu bringen. Das Gespräch über Saats Schwert und die Gwelome hatte seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Sombre hatte vorgehabt, eine grausame Bestie aus ihm zu machen. Und das Vermächtnis des Dämons wirkte sich nicht nur auf sein Verhalten aus, sondern auch auf seine Menschlichkeit – besser gesagt, auf seine Sterblichkeit. Cael hatte sich von Anfang an darüber gewundert, wie stark er war und wie geschickt er kämpfte, wenn er sich in der Gewalt der Stimme befand. Bisher hatte er ganz einfach geglaubt, sein rasender Zorn ließe ihn über sich selbst hinauswachsen. Aber das erklärte nicht, warum ihm das Gift der Züu nichts anhaben konnte. Erst als Nolan von der Wirkung des Gwels gesprochen hatte, war es Cael wie Schuppen von den Augen gefallen.
Unsterbliche werden nicht vom Gwel geschützt.
Und bei seinem Kampf gegen die K’lurier in Lorelia hatte Niss klar und deutlich zwei Geister gesehen, die in seinem Körper miteinander rangen.
Dafür konnte es nur zwei Erklärungen geben. Entweder konnte Niss den Geist eines Menschen auch dann wahrnehmen, wenn er ein Gwelom trug. Andererseits hatte sie ein paar Tage zuvor vergeblich versucht, in Caels Geist einzudringen. Soweit reichten ihre Erjak-Kräfte also nicht.
Blieb nur noch die zweite Möglichkeit, die auch die außergewöhnliche Stärke des Dämons erklären würde, der in Cael schlummerte, seine Unempfindlichkeit gegen das Gift der Züu und die Tatsache, dass selbst schwere Verletzungen binnen kurzer Zeit verheilten.
Der Geist, den Sombre in ihm erschaffen hatte, war unsterblich.
Zu diesem Schluss war Cael gekommen, als Nolan den Gefährten seine Überlegungen anvertraut hatte. Aber er konnte sich seinen Freunden nicht offenbaren. Wie auch? Er war ein Ungeheuer, das den Erben irgendwann zum Verhängnis werden würde. Während Eryne völlig zu Recht ehrfürchtige Blicke auf sich zog, verbarg sich in ihm ein Dämon aus dem Kam, der jederzeit hervorbrechen und jeden töten konnte, der sich ihm in den Weg stellte. Cael war nicht wie die anderen. Er war ein Eindringling. Kein Wunder, dass Usul von einem Verräter in ihren Reihen gesprochen hatte.
Nachdem ihn diese Erkenntnis zunächst verstört hatte, war er mittlerweile eher erleichtert. Zumindest wusste er nun endlich, was es mit dieser Stimme in seinem Kopf auf sich hatte, die ihn seit
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