Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
Pforte auf der nackten Erde abgelegt und mit geweihtem Öl eingerieben. Das alles geschah abseits der Dörfer. Ich habe jedenfalls keinen Hinweis auf Magie oder übernatürliche Vorgänge gefunden. Es scheint sich um ein recht einfaches Stammesritual gehandelt zu haben.«
»So ein Blödsinn. Diese Leute haben sich doch wohl nicht krumm und buckelig geschuftet und mitten in der Einöde riesige Steinpforten errichtet, nur um ihre Toten darunter durchzutragen. Was ist mit Dara und Kam und dem ganzen Götterkram?«
»Ich denke, das Durchschreiten der Pforte symbolisierte den Übergang des Verstorbenen in eine bessere Welt«, erklärte Amanon. »Allerdings habe ich erst wenige Passagen übertragen. Vielleicht finde ich auf den unübersetzten Seiten eine Antwort auf diese Fragen. Und wenn die Schriftzeichen der Pforte von Ji nicht so verwittert wären, wüssten wir jetzt schon mehr. Hoffentlich haben wir in Ith mehr Glück.«
Die anderen nickten, auch wenn sie sichtlich enttäuscht waren. Sie hatten es kaum erwarten können, Amanons Bericht zu hören, und das magere Ergebnis war unbefriedigend. Allerdings blieb ihnen immer noch die Hoffnung, dass die bisher unübersetzten Seiten aufschlussreicher waren. Und immerhin hatten sie an einem einzigen Tag mehr über die Pforten und ihre Bedeutung erfahren, als alle Generationen von Erben vor ihnen - dabei waren sie nicht einmal im Jal gewesen.
»Steht in den Büchern, wo sich die Pforte von Ith befindet?«, fragte Zejabel.
»Auf dem Rücken der Berge«,
zitierte Amanon. »Das hilft uns nicht viel weiter, schließlich liegt die Heilige Stadt am Fuß eines gewaltigen Gebirges. Aber es ist der einzige Hinweis, den ich gefunden habe.«
»Vielleicht kann Eryne uns zu der Pforte führen«, meinte Niss. »So wie auf Ji.«
Amanon schwieg, obwohl er auch schon daran gedacht hatte. Wenn Eryne nur nah genug an die Pforte herankäme, würde sie den Weg intuitiv wissen. Das Lächeln der künftigen Göttin war zwar etwas verkrampft, aber ihre Freunde wussten, dass sie ihr Bestes geben würde.
»Vielleicht ist Sombre ja durch genau diese Pforte aus dem Jal gekommen«, sagte Cael nachdenklich.
Den anderen verschlug es die Sprache. Das war in der Tat denkbar.
Dann lauerten dort vielleicht noch weitere Dämonen auf sie.
Für Eryne vergingen die nächsten Tage wie im Flug, und, sie genoss die Ruhe auf der Feluke in vollen Zügen. Am liebsten hätte sie die Zeit angehalten. Anders als so manchem ihrer Freunde war ihr keine Dezille langweilig - auch in dieser Hinsicht hatte sie sich verändert. War sie früher von einem Hofball zum nächsten geeilt, so konnte sie sich jetzt nichts Schöneres vorstellen, als mit ihren Freunden, ihren beiden Verehrern und dem Kind in ihrem Bauch, dessen Abwesenheit sie von Tag zu Tag deutlicher wahrnahm, übers Meer zu segeln.
Natürlich spürte sie das Kind nicht körperlich, dafür war es noch viel zu früh. Aber im Schlaf oder manchmal sogar mitten am Tag kam es vor, dass sie den Geist des kleinen Wesens streifte, das in ihr heranwuchs, und dann liebkoste sie in Gedanken das zarte Flämmchen mit aller Liebe, derer sie fähig war.
Allmählich gewöhnte sie sich an die Vorstellung, Mutter zu werden. Sie würde ein Kind haben, das sie Mama nannte. Manchmal vermisste sie ihre Eltern heftig, denn sie hätte ihr Glück so gern mit ihnen geteilt, doch meistens vermied sie es, sich Hoffnungen zu machen. Schon jetzt graute ihr davor, sich irgendwann zwischen Keb und Amanon entscheiden zu müssen. Aber noch viel mehr sorgte sie sich um ihren Sohn. Würde er ein gewöhnlicher Sterblicher sein? Oder wäre auch er von der Magie des Jal beeinflusst? Eryne wünschte sich nichts sehnlicher, als sein Schicksal zu teilen, wie es auch aussehen mochte. Der Gedanke, ein Kind zu gebären, es großzuziehen und dann irgendwann sterben zu sehen, während sie selbst für alle Zeiten weiterlebte, war so unerträglich, dass sie ihn gleich wieder beiseite schob.
Es ist durchaus möglich, dass ich nach der Geburt wieder zu einer gewöhnlichen Sterblichen werde,
sagte sie sich immer wieder. Vielleicht rettete ihr Sohn sie ja vor dem Dasein als Göttin, das sie sich nicht ausgesucht hatte. Alles andere wollte sie im Augenblick vergessen.
Und doch kreisten ihre Gedanken unentwegt um die beiden Männer, die nicht wussten, wer von ihnen der Vater des Kindes war.
Eryne hatte bisher nicht den Mut aufgebracht, ihnen zu sagen, dass das Kind ein Junge werden würde. Das hatte sie bei der
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