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Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Titel: Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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letzten Worte gingen in Reyans Gebrüll unter: Er hatte Eryne bei den Schultern gepackt und schrie ihr ins Ohr. Niss, Lana und Nolan waren in Tränen ausgebrochen, die beiden kleinen Jungen weinten ebenfalls, und auch die anderen schienen kurz davor.
    Amanon starrte mit leerem Blick vor sich hin. Seit Nol gesprochen hatte, war er wie gelähmt vor Entsetzen. Er, der seine kleine Schar durch alle Gefahren hindurch bis ans Ziel geführt hatte, war nun unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren oder einen klaren Gedanken zu fassen, während die Frau, die er liebte, endgültig verloren war.
    »Was meint Ihr mit, wenn die Entwicklung fast vollendet ist‹?«, fragte Yan. »Sie ist der Jugend doch längst entwachsen.«
    »In den Augen der Sterblichen schon«, erwiderte Nol. »Doch nun, da sie sich im Jal befindet, ist der unsterbliche Anteil ihrer Seele stärker als der sterbliche. Wenn sie weiterhin den Gedanken der Menschen lauscht, wird es nicht mehr lange dauern, bis sie eine von uns ist.«
    »Wovon sprecht Ihr da?«, rief Lana mit vor Tränen und Wut erstickter Stimme. »Was wird aus meiner Tochter?«
    »Eine Unsterbliche. Eryne wird bald eine echte Göttin sein.«
    Jene Erben, die noch nicht Bescheid wussten, starrten ihn fassungslos an. Manche schienen aus der Nachricht neue Hoffnung zu schöpfen, doch bei den meisten überwog die Ungläubigkeit. Erst als Erynes Freunde langsam nickten, schienen sie Nol Glauben zu schenken.
    »Aber das ist doch widersinnig«, begehrte Leti auf. »Wenn sie sich zur Göttin entwickelt, kann sie nicht sterben, oder?«
    »Doch, aber nur, wenn sie von einem anderen Unsterblichen getötet wird«, erklärte Nol.
    »Heißt das, wir sollen einfach warten, bis sie endgültig zur Göttin geworden ist?«, fragte Nolan und sah ihn mit geröteten Augen an.
    »Ich fürchte, dass Euch das ebenso wenig gefallen würde«, antwortete der Gott. »Nach ihrer Vollendung wird sie das Jal verlassen, durch eine der Pforten oder auf anderem Wege, je nachdem, was ihrer göttlichen Natur entspricht. Es liegt weder in meiner noch in ihrer Macht, das zu verhindern. Außerdem lässt sich noch nicht sagen, ob sie überhaupt ihre menschliche Gestalt behält. Eine Göttin, die den Namen ›die Heilende‹ trägt, ist vielleicht eher eine ätherische Erscheinung, eine Art schwebender Geist, der große Entfernungen überwinden und an mehreren Orten gleichzeitig sein kann. Bedenkt, dass der einzige Sinn und Zweck ihres Lebens die Aufgabe sein wird, die ihr die Menschen übertragen haben. Sie wird keinen Anteil mehr an Euren Wünschen und Hoffnungen nehmen. Vielleicht wird sie ihr irdisches Dasein sogar ganz vergessen und keine Erinnerung mehr an Euch haben.«
    Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrten ihn die Erben an. Amanon halle das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Ohne nachzudenken, öffnete er den Mund und stammelte ein paar Worte, die eigentlich nur an ihn selbst gerichtet waren und die doch jeder in der Runde klar und deutlich hörte: »Sie erwartet ein Kind von mir …«
    Erst als alle zu ihm herumfuhren, wurde ihm bewusst, dass er laut gesprochen hatte. Er vermied es, Reyan, Lana oder seinen Eltern in die Augen zu sehen, dazu fehlte ihm in diesem Moment die Kraft. Dann kam ihm Keb in den Sinn, und eine Woge der Scham stieg in ihm auf. Nein, das durfte er nicht ungesagt lassen.
    »Von mir oder von Ke’b’ree«, fügte er hinzu, nur um gleich darauf auszurufen: »Sie darf noch nicht zur Göttin werden! In ihr wächst ein neues Leben heran!«
    »Alles ist möglich«, sagte Nol ernst. »Vielleicht wird dieses Kind im Jal zur Welt kommen und mit den anderen aufwachsen. Oder es wird für immer mit seiner Mutter verbunden bleiben. Oder es wird ganz einfach verschwinden.«
    Mit dieser letzten Vermutung sprach er Amanons schlimmste Befürchtung aus. Womöglich löschte die Magie des Dara das Lebenslicht des kleinen Wesens aus, noch bevor es überhaupt zur Welt kam! Bei diesem Gedanken wurde ihm so übel, dass er sich gerade noch ein paar Schritte von den anderen entfernen konnte, bevor er sich übergab. Als er sich wieder aufrichtete, war das Erbrochene bereits verschwunden, und das Gras des Dara leuchtete so saftig grün wie zuvor.
    Dieser Ort ist genauso unheimlich wie das Kam,
dachte Amanon, während er sich immer noch den Bauch hielt.
Wir Sterbliche gehören nicht hierher. Wir haben eine verbotene Schwelle übertreten.
    »Wir müssen das Jal so schnell wie möglich verlassen«, sagte Corenn. »Nur so können wir

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