Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
schon einen Weg finden, diese verfluchte Stimme zu vertreiben.«
»Das Problem erledigt sich von selbst, wenn Sombre erst einmal besiegt ist«, ergänzte sein Vater. »Und dieser Tag ist sicher nicht mehr fern. Uns bleibt jetzt ohnehin nichts anderes übrig, als uns dem Kampf zu stellen. Bald ist das alles vorbei, mein Sohn.«
Cael hätte ihnen nur zu gern zugestimmt, aber er konnte einfach nicht daran glauben. Sosehr er die Fähigkeiten und den Mut der Erben bewunderte, sosehr er auf die Kraft ihrer Einheit vertraute – der letzte Kampf würde viel schwerer werden, als Yan und Leti es sich vorstellten, da war er ganz sicher. Denn er kannte das wahre Ausmaß von Sombres Macht und Stärke. Er spürte sie bei jedem seiner Anfälle in sich.
»Es steht schlimm um mich«, wiederholte er, auch wenn es ihm leid tat, die Zuversicht seiner Eltern zu erschüttern. »Wenn nicht schnell irgendwas passiert, dann … Ich habe Angst vor mir selbst. Ich habe bereits Usul getötet«, fügte er leise hinzu.
Diesmal schienen seine Worte ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Vor allem Yan, der dem Gott der Guori damals selbst gegenübergetreten war, sah ihn betroffen an.
Es ist ihnen nie in den Sinn gekommen, dass ich imstande sein könnte, einen Unsterblichen zu töten,
dachte Cael.
Dass die Kraft meines Dämons so groß ist, hätten sie sich in ihren schlimmsten Alpträumen nicht vorgestellt.
Doch bevor Yan oder Leti dazu kamen, etwas zu erwidern, zerriss ein gellender Schrei die abendliche Stille. Ein Schrei voller Verzweiflung, der aus Nolans Kehle kam.
Als Nolan erwachte, hörte er noch den Widerhall seines eigenen Schreis. Im Schlaf hatte er das Gefühl gehabt, in einen endlos tiefen Brunnen zu fallen. Panisch versuchte er sich an seinen Traum zu erinnern, doch die Einzelheiten der Vision, die er wieder vor sich gesehen hatte, entglitten ihm auch diesmal. Welcher der Erben noch am Leben war, wer verwundet am Boden lag, all das wich einer schwarzen Leere, die von unsäglicher Trauer durchdrungen war. Dieses Unheil würde ihnen sehr bald widerfahren, so hatten es die Undinen prophezeit, und nichts und niemand konnte verhindern, dass es tatsächlich eintrat. Für den Bruchteil einer Dezille hatte Nolan einen Blick in die Zukunft geworfen.
Schwer atmend blieb er sitzen und wartete, bis seine Angst und der Schwindel, den die Magie des Jal hervorrief, ein wenig nachließen. Zwar hörte er die vielen Stimmen, die beruhigend auf ihn einsprachen, und spürte die tröstliche Nähe Lanas und Zejabels, doch er vergrub noch eine ganze Weile den Kopf in den Armen, bevor er die Augen zu öffnen wagte und sich einer Welt gegenübersah, die in Wahrheit gar nicht existierte.
Um ihn herum standen so viele Menschen, dass er sie nicht alle überblicken konnte, aber vermutlich waren die Erben, die er mit seinem Schrei aufgeschreckt haben musste, vollzählig versammelt. Und abgesehen von Eryne schienen sie auch alle munter zu sein. Er betrachtete seine ältere Schwester, die mit geschlossenen Augen und entspannten Zügen neben ihm lag. War sie die Letzte, die noch schlief?
Mögen deine Träume süßer sein als meine,
dachte er traurig.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Lana nach einer Weile.
»Es geht mir gut, Mutter«, versicherte er ihr und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich habe nur schlecht geträumt. Sehr schlecht.«
Es beruhigte ihn zwar, seine Eltern bei sich zu wissen, aber angesichts der Schreckensvision, die ihn wieder heimgesucht hatte, sehnte er sich plötzlich nach dem Rückhalt seiner Freunde. Unter den rund fünfzehn Menschen, die ihn umringten, fand er schließlich Amanons Blick. Sie verstanden sich ohne Worte, und auch Cael, Bowbaq, Niss, Zejabel und Keb schienen zu erraten, was ihn in seinen Träumen verfolgt hatte.
Plötzlich wurde Nolan bewusst, dass er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Hastig stand er auf und strich verlegen seine neue Priesterrobe glatt. Ihm entging nicht, dass Lana und Reyan ihn voller Stolz musterten. Seine Mutter hatte immer davon geträumt, dass er eines Tages in ihre Fußstapfen treten würde, während sein Vater, seit jeher ein Verfechter der Selbstentfaltung, die Entscheidungen seines Sohnes nicht nur respektiert, sondern auch nach Kräften unterstützt hatte. Natürlich freuten sie sich, dass er seine Studien erfolgreich beendet hatte. Zumindest, solange sie nichts von dem dunkelsten Kapitel seines Lebens wussten.
Offenbar hatte ihnen noch niemand erzählt, dass er eine Zeit lang den
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