Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
wiedersehen.«
Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, verließen die Erben die Straße, um in einem weiten Bogen von Süden her auf Wallos zuzureiten. Mit jeder Meile, die sie zurücklegten, wuchs Amanons Anspannung. Wenn alles glattging, würden sie in wenigen Dekanten im Besitz des berüchtigten Schwerts sein, das der Hexer mit einem unbekannten Zauber belegt hatte. Dann hatten sie keinen Grund mehr, den entscheidenden Kampf gegen Sombre noch länger aufzuschieben.
Eryne hatte sich die Hauptstadt des Königreichs Wallatt irgendwie anders vorgestellt. Die ersten Häuser, an denen sie vorbeikamen, bestanden aus grob behauenen Balken, genau wie in dem von den Tuzeenern besetzten Dorf. War die wallattische Hauptstadt vielleicht nur ein größerer Marktflecken, der sich über einige Meilen erstreckte?
Schon zwei Straßen weiter wechselten sich jedoch einfache Holzhütten mit zweistöckigen Steinhäusern ab, und so ergab sich bald ein buntes Stadtbild. Nach einer Weile wunderte sich Eryne, dass sie einfach so nach Wallos hineinreiten durften: In Lorelia wären sie schon längst angehalten und befragt worden! Doch dann kam eine mächtige Festungsmauer in Sicht, ein uraltes Bauwerk, das an einigen Stellen halb verfallen war, aber trotzdem einen unüberwindbaren Schutzring um den Stadtkern zog. So leicht konnte man sich also nicht in die Stadt schleichen.
Vor einem verwitterten Steintor standen vier Wachposten und kontrollierten jeden, der hinein- oder hinauswollte. Auch den Erben geboten sie Halt, und obwohl ihr Ton weder feindselig noch misstrauisch war, begann Erynes Herz zu rasen. Nachdem Amanon auf Itharisch erklärt hatte, dass keiner von ihnen die Landessprache beherrsche, trug er die Lüge vor, die sie sich zurechtgelegt hatten: Grigän und er seien die Anführer eines Söldnertrupps, der sich mitsamt seinen Frauen und Sklaven auf den Weg gemacht habe, um dem Bund des Ostens seine Dienste anzubieten. Der Hauptmann stellte der Form halber noch ein paar Fragen, doch Amanon fand so gute Ausflüchte, dass man sie gleich darauf passieren ließ. Wahrscheinlich reisten dieser Tage viele Krieger aus den Unteren Königreichen herbei, um sich in der wallattischen Armee ein paar Goldstücke zu verdienen. Außerdem wirkten die Erben so fremdländisch, dass die Wachen offenbar gar nicht auf die Idee kamen, sie könnten etwas mit den Aufständischen zu tun haben.
Als sie durch das Tor ritten, blickte Eryne verstohlen zu Kebree hinüber. Wenn sie daran dachte, wie ungestüm er oft gehandelt hatte, war es wirklich erstaunlich, dass er sich jetzt so gut zu beherrschen wusste und jeden von Corenns Ratschlägen befolgte: Er ließ sich von den anderen in die Mitte nehmen, verbarg seine Lowa, die ihn als wallattischen Krieger auswies, und schlug die Kapuze des schweren Mantels hoch, den Bowbaq ihm geliehen hatte. Groß und kräftig, wie er war, konnte man ihn neben Bowbaq leicht für einen Arkarier halten – und nichts anderes bezweckten sie.
Dass er von einem Passanten erkannt werden würde, war ohnehin unwahrscheinlich, denn wenn sie Einheimischen begegneten – zumeist waren es Kinder –, wandten diese beim Anblick der ungewöhnlichen Besucher hastig das Gesicht ab oder eilten in eine andere Richtung davon. Eryne vermutete, dass sie Ähnliches erlitten hatten wie die Dorfbewohner. Die Wallatten waren für ihr Bündnis mit Saat bitter bestraft worden, und selbst nach über zwanzig Jahren fiel es ihnen immer noch schwer, sich gegen ihre mächtigeren Nachbarn zu behaupten. Gewiss lehnten die meisten diesen neuerlichen Feldzug gegen Goran und das Wiederaufleben der Alten Religion ab, doch angesichts der Stärke ihrer Verbündeten blieb ihnen keine Wahl, als sich der Fremdherrschaft zu beugen. Nur die Aufständischen waren tapfer – oder leichtsinnig – genug, für den zerbrechlichen Frieden zu kämpfen, den Königin Chebree aufrechterhalten hatte.
Die Wachen hatten ihnen erklärt, wo sie sich zu den Waffen melden konnten, aber sobald sie außer Sichtweite waren, schlugen die Erben einen anderen Weg ein. Während sie auf Kebs leise Anweisungen hin Richtung Palast ritten, sah sich Eryne die Häuser der Stadt noch genauer an. Die Straßen lagen wie ausgestorben da. Viele kleine Werkstätten und Läden waren mit Gittern verschlossen, als hätten sich die Inhaber darin verbarrikadiert. Vielleicht waren sie aber auch zu den Waffen gezwungen worden und marschierten gerade zum Tal der Krieger. Oder hatten sich in Wallos
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