Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
entfernt auf sie warteten. Kebree hatte sie zu einem überdachten Marktplatz geführt, auf dem in regelmäßigen Abständen Viehmärkte stattfanden. An diesem Tag lag der Platz wie ausgestorben da, und so waren die Erben mitsamt ihrer neunzehn Pferde recht gut vor neugierigen Blicken geschützt.
»Also?«, fragte Keb ungeduldig.
»Wir konnten nichts Ungewöhnliches entdecken«, erklärte Rey. »Beide Tore sind bewacht, aber es hätte mich überrascht, wenn es anders gewesen wäre. Und die Soldaten scheinen alle Wallatten zu sein.«
Obwohl die Erben mit nichts anderem gerechnet hatten, trat unschlüssiges Schweigen ein. Vermutlich wusste die wallattische Königin als Einzige, wo sich Saats Schwert befand – doch ob sie es ihrem Sohn verraten würde, war keineswegs sicher.
»Ich gehe jetzt rein«, verkündete Keb mit grimmiger Miene. »Keiner der Wachen wird es wagen, sich mir in den Weg zu stellen, nicht mal, wenn sie dafür einen Befehl missachten müssten.«
»Kommt nicht in Frage«, fuhr Grigän ihn an. »Wenn du im Palast verschwindest und nicht mehr auftauchst, wissen wir nicht, woran wir sind.«
»Ihr könnt mich gern begleiten«, gab Keb spöttisch zurück. »Aber das macht die Sache unter Umständen nur komplizierter. Meine Mutter wird vermutlich nicht gerade begeistert sein, euch zu sehen. Alles deutet daraufhin, dass der Dämon sie immer noch in seiner Gewalt hat.«
»Und wenn sie dich in den Kerker werfen lässt?«, fragte Yan. »Dann haben wir keine Möglichkeit mehr, an das Schwert zu kommen, und du kannst die Hoffnung, dein Volk in die Freiheit zu führen, erst einmal begraben. Du darfst auf keinen Fall allein gehen.«
Keb schnaubte wütend, diesmal aber, weil er Yan wohl oder übel Recht geben musste. Sie waren ihrem Ziel so nah – und wussten dennoch keinen Rat.
»Vielleicht könnten wir ihr eine Nachricht zukommen lassen«, schlug Bowbaq vor.
»Das würde nicht viel ändern«, seufzte Amanon. »Schlimmstenfalls hätte Chebree dann sogar noch mehr Zeit, uns eine Falle zu stellen. Nein, wir müssen den Überraschungseffekt nutzen.«
»Ich kann gehen.«
Nolan drehte sich ungläubig zu seiner Mutter um. An den verblüfften oder nachdenklichen Mienen der anderen erkannte er, dass er sich nicht verhört hatte. »Das darfst du nicht tun, Mutter«, stammelte er. »Das ist viel zu gefährlich!«
»Das glaube ich nicht«, widersprach Lana. »Kebree hat uns bewiesen, welche Bedeutung die Wallatten einer Ehrenschuld beimessen. Ich bin sicher, dass Chebree mir nichts antun wird.«
Keb nickte zustimmend, und sein anerkennender Blick schien Lanas Schicksal endgültig zu besiegeln, ganz so, als wäre ihre Entscheidung von den Undinen vorhergesagt worden. Einen Augenblick lang befürchtete Nolan, dass seine Vision schon jetzt Wirklichkeit werden würde: durch den Opfertod seiner Mutter.
»Willst du das wirklich tun?«, fragte Reyan besorgt.
Bei diesen Worten begriff Nolan, dass die Würfel gefallen waren. Als Verfechter der Willensfreiheit hatte sein Vater beschlossen, gar nicht erst zu versuchen, seine Frau von ihrer Idee abzubringen. Vielleicht fand er sie sogar gut!
Nolan brach vor Angst der kalte Schweiß aus: Sah denn niemand, dass Lanas Herzensgüte ihr diesmal zum Verhängnis werden konnte? Hilfesuchend wandte er sich zu seiner Schwester um. Zu seiner Erleichterung erkannte er, dass sie ebenso schockiert war wie er, doch er hoffte vergebens auf ihren Einspruch. Eryne war so verstört, dass es ihr offenbar die Sprache verschlagen hatte.
»Wie stellst du dir das vor?«, fragte Nolan. »Es kann ja sein, dass Chebree dein Leben verschont, aber es würde mich sehr wundern, wenn sie dir das Schwert aushändigt.«
»Ich werde ihr mitteilen, dass ich Nachricht von ihrem Sohn habe«, erklärte Lana. »Je nachdem, wie sie reagiert, werden wir weitersehen.«
»Na schön«, sagte Nolan. »Ich komme mit.«
Das war ihm zwar einfach so herausgerutscht, aber jetzt würde er sich nicht mehr davon abbringen lassen.
»Chebree weiß, wie sehr ich Keb schätze«, fügte er hinzu. »Wenn ich dabei bin, wird sie uns vertrauen. Und dass wir als Mutter und Sohn vor sie treten, erinnert sie vielleicht daran, wie sehr sie Keb vermisst.«
Herausfordernd sah er seine Freunde an, doch niemand kam auf die Idee, ihm zu widersprechen. Nur Zejabel schien drauf und dran zu sein, gegen seine Entscheidung zu protestieren, schwieg aber, als er den Kopf schüttelte und sie flehend anblickte. Hätte sie ihn gebeten, es nicht
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