Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
dazu beitragen. In der Höhle war es kalt und zugig, leichter Modergeruch lag in der Luft. Nachdem sie sich durch einen schmalen Spalt gezwängt hatten, standen sie in einem natürlichen Saal, dessen Decke sich in der Finsternis verlor. Amanon entzündete eine Laterne und stapfte über den unebenen Boden, um die Grotte in Augenschein zu nehmen. Der Saal war gerade groß genug, um den vierzehn Gefährten Platz zu bieten.
Ihre Schritte hallten von den Wänden wider, und Niss trat lieber wieder hinaus ins sanfte Abendlicht und die abklingende Wärme des Tages. Reyan, Cael und Zejabel hatten vor dem Eingang gewartet, und Leti und Yan sattelten mit routinierten Handgriffen die Pferde ab. Dann ließen sie sie frei, damit sie in der Ebene grasen konnten. Auf den umliegenden Hügeln wuchs saftiges Gras, und nicht weit entfernt gab es einen kleinen Bachlauf, wo die Tiere ihren Durst stillen konnten.
Anschließend kümmerten sich die Erben um ihr eigenes leibliches Wohl. In der Höhle konnten sie kein Feuer entzünden, da es keinen Rauchabzug gab, und draußen wären die Flammen weithin zu sehen gewesen. So begnügten sie sich mit einem kalten Mahl unter dem funkelnden Sternenhimmel. Reyan und selbst Keb machten ein paar Scherze, aber sie waren die Einzigen, die genug Energie dafür aufbrachten. Die anderen waren todmüde und wurden von Ängsten geplagt. Schließlich kam Corenn auf das zu sprechen, was sie alle beschäftigte.
»Chebree zufolge wird Sombre seine Lemuren schon in einer Dekade gegen Goran führen«, sagte sie rundheraus. »Uns bleibt nicht viel Zeit, wenn wir versuchen wollen, ihn aufzuhalten.«
»Ich wüsste nicht, was wir tun könnten, Freundin Corenn«, murmelte Bowbaq. »Selbst tausend Krieger könnten es nicht mit einer ganzen Armee von Dämonen aus dem Karu aufnehmen.«
»Ganz einfach – wir müssen der Bestie den Kopf abschlagen«, warf Reyan ein. »Ohne Sombre kein Angriff auf Goran. Um die Lemuren kümmern wir uns später.«
»Du setzt einfach so voraus, dass wir Sombre besiegen können«, empörte sich Grigän. »Und welches unserer Kinder willst du dem Dämon opfern? Das ist viel zu gefährlich. Wir haben keine Ahnung, was uns erwartet, während Agenor ihren Schützling seit Monden, wenn nicht seit Jahren auf diesen Kampf vorbereitet. Wir können nicht einfach drauflosstürmen, ohne wenigstens ansatzweise einen Plan zu haben. Einen Hoffnungsschimmer, irgendetwas, woran wir uns klammern können.«
Niss gab sich einen Ruck. Cael saß neben ihr, und sie griff nach seiner Hand, um sich zu vergewissern, dass er immer noch einverstanden war. Der Junge zitterte am ganzen Leib, aber sie durften den anderen nicht länger vorenthalten, was sie sich zurechtgelegt hatten.
»Wir haben einen Plan«, sagte sie. »Na ja, eigentlich ist es mehr eine Idee.«
Das gespannte Schweigen der anderen machte ihr Mut. Niss wartete kurz, ob Cael oder seine Großtante Corenn übernehmen wollten, doch als sie schwiegen, sprach sie weiter. »Cael, Corenn und ich hatten im Jal ein langes Gespräch, nachdem Eryne aufgewacht war. Vielleicht habt ihr ja auch schon darüber nachgedacht: Der Einzige, der stark genug ist, um Sombre zu besiegen, ist Caels innerer Dämon. Er hat schon einmal bewiesen, dass er einen Gott töten kann, schließlich ist Usul von seiner Hand gestorben. Und da Sombre ihn nach seinem Ebenbild geformt hat, verfügt Caels anderes Ich vermutlich über ähnliche Kräfte wie sein Schöpfer.«
Beim Sprechen ließ Niss Caels Hand nicht los. Der Junge zitterte immer noch, und seine Haut war von kaltem Schweiß bedeckt. Sie wusste, dass er schreckliche Angst hatte, und hätte ihm diese Tortur am liebsten erspart, aber vielleicht war das der einzige Weg, ihn zu heilen. Vielleicht konnten sie die Stimme in seinem Kopf für immer zum Schweigen bringen. Vielleicht würde Cael zum Helden werden, auch wenn er jetzt noch nicht daran glaubte. Und vielleicht würden sie dann endlich ohne Angst in die Zukunft blicken können.
»Das hat uns auf folgende Idee gebracht: Caels innerer Dämon fordert Sombre zum Kampf heraus«, fuhr sie fort. »Mit unserer Hilfe natürlich! Anschließend gebrauche ich meine Erjak-Kräfte, um den Dämon zurückzudrängen und Caels wahres Ich hervorzuholen. Das ist mir schon zweimal gelungen. Ich kann es wieder tun!«
Sie hatte zwar nicht mit begeistertem Applaus gerechnet, aber auch nicht mit eisigem Schweigen. Selbst Corenn, deren Idee das Ganze gewesen war, kam ihr nicht zu Hilfe, sondern
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