Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
zufällige Passant freuen, unverhofft fünf herrenlose Pferde zu finden.
»Wartet! Einer von euch muss das Schwert nehmen«, sagte Yan. »In meinen Händen ist es nutzlos.«
Amanon, Cael, Eryne, Niss und Nolan wechselten stumme Blicke. Wenn zutraf, was sie im Laufe ihrer Reise herausgefunden hatten, war einer von ihnen fünf der Erzfeind. Doch keiner fühlte sich dieser Aufgabe gewachsen.
»Erinnert ihr euch an Usuls Prophezeiung?«, meinte Nolan nachdenklich. »Vielleicht entscheidet sich so, wer der Erzfeind ist. Vielleicht ist es der Schwertträger.«
Die Erben erstarrten. Keiner wagte mehr, sich zu rühren, und selbst Yan blieb auf Abstand, um nicht versehentlich eine Entscheidung zu erzwingen.
»Ich würde viel dafür geben, der Erzfeind zu sein«, knurrte Grigän. »Ich zweifle nicht an eurem Mut, aber es würde mir nicht schlecht gefallen, Sombre eigenhändig den Kopf abzuschlagen.«
»Geht mir genauso«, pflichtete ihm Keb bei. »Ich würde ihn gern ein für alle Mal erledigen.«
Ihre Beteuerungen machten den fünf die Sache nicht leichter. Zejabel konnte sich gut vorstellen, welche Seelenqualen sie litten. Keiner wollte die schwere Bürde auf sich nehmen, zumal sie nicht sicher sein konnten, wer der wahre Erzfeind war.
Als sich das Schweigen in die Länge zog, trat Zejabel zu Yan und nahm ihm die Waffe ab. Sie konnte das Zögern ihrer Gefährten nicht länger mit ansehen und fürchtete außerdem, Nolan könnte sich bemüßigt fühlen, den Märtyrer zu spielen.
»Bis sich herausstellt, wer der Erzfeind ist, werde ich das Schwert tragen«, sagte sie bestimmt. »Noch weiß Sombre nicht, wo wir sind. Kein Sterblicher wird es mir abnehmen können, ohne mich zu töten. Und das werde ich zu verhindern wissen.«
Die älteren Erben warfen sich fragende Blicke zu, während ihre Kinder erleichtert aufseufzten. Da niemand einen besseren Vorschlag hatte, blieb es dabei, und nur wenige Dezillen später brachen sie auf. Sie ritten auf demselben Weg aus der Stadt, auf dem sie sich kaum einen Dekant zuvor dem Palast der B’ree genähert hatten.
Zejabel band das Schwert vor sich an den Sattel. Immer wieder wanderte ihr Blick zu ihm hin.
Für diese Waffe würde Züia ihre halbe Insel geben,
dachte sie jedes Mal.
Die Dämonin wäre überglücklich, sie Sombre zu überreichen und sich so seine Gunst zu sichern.
Nichts hätte Zejabel mehr anspornen können, die Waffe mit ihrem Leben zu verteidigen. Sie legte den stummen Schwur ab, das Schwert zu hüten, soweit es in ihrer Macht stand, bis es gebraucht würde und in die richtigen Hände gelangte. Wann auch immer dieser Moment kommen mochte.
Keb führte sie zu einer kleinen Höhle an einem Berghang, kaum drei Dezimen zu Pferd von Wallos entfernt. Als sie den Fuß der Anhöhe erreichten, war die Sonne längst untergegangen, doch er kannte den Weg blind, und so kamen sie trotz der Dämmerung gut voran. Keb erzählte, dass er manchmal dort übernachtete, wenn er allein auf die Jagd ging. Seine Geschichten erinnerten Niss an ihren Vater Prad, und sie dachte wehmütig an ihre Eltern, ihre Großmutter und ihre Cousins. Sie ahnten nicht, dass bald ein Heer nahezu unbesiegbarer Dämonen die bekannte Welt heimsuchen würde. Die Lemuren würden wohl kaum an den Grenzen des Großen Kaiserreichs haltmachen. Niss befürchtete, dass zumindest einige bis nach Arkarien vordringen und dort großes Unheil anrichten würden.
Grigän ritt als Späher voraus und kehrte bald darauf zurück, um zu berichten, dass die Höhle verlassen war. Sie hätten nichts dagegen gehabt, auf ein paar wallattische Aufständische zu stoßen, aber in diesen unsicheren Zeiten trieb sich in den Bergen um Wallos allerlei anderes Gesindel herum: Söldner, Plünderer und Spitzel aus verschiedenen Königreichen. Zumindest was Sombres Ungeheuer anging, konnte Eryne die anderen beruhigen: Die künftige Göttin nahm in der näheren Umgebung keine unsterblichen Wesen wahr.
Niss fand es zwar ziemlich gefährlich, so nah der Hauptstadt zu lagern, aber wenn sie in der Dunkelheit weiterritten, konnten sie jederzeit in einen Hinterhalt ihrer Feinde geraten. Davon abgesehen brauchten die Pferde eine Rast, denn sie waren seit dem Morgengrauen unterwegs. Und nicht zuletzt mussten sich die Erben erst einmal einig werden, wohin es als Nächstes gehen sollte. Beim Absitzen dachte Niss, dass sie in der Höhle eine Entscheidung treffen würden, von der letztlich die Zukunft der Menschheit abhing. Und sie selbst würde ihren Teil
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