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Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Titel: Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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und sie um Verzeihung bitten. Aber zugleich konnte er nicht vergessen, was er ihr angetan hatte, und die Vorstellung, von ihr zurückgewiesen zu werden, war unerträglich. Lyn’as Unglück rief ihm in Erinnerung, dass er der Sohn eines grausamen Hexers war, und dieses Schicksal bestimmte ihn dazu, alle Menschen, die er liebte, zu zerstören.
    »Kebree, hör mich an«, stammelte Lyn’a den Tränen nah. »Ich bitte dich um nichts, mein Prinz. All die Zeit habe ich geglaubt, du würdest mich verachten. Aber die Königin hat mir gesagt, dass du zurückgekehrt bist, um …«
    »Kein Wort mehr!«, fuhr Keb ihr über den Mund.
    Er sprang auf, um ihren Händen auszuweichen, und brach in Tränen aus, als die Blinde über ein Kissen stolperte. Er wollte nicht über die Vergangenheit sprechen. Er konnte seinen Fehler nicht ungeschehen machen, und wenn er sein Leben dafür gab. Doch den Tod schienen die Götter ihm ohnehin nicht zu vergönnen: In den letzten Jahren hatte er keine Schlacht ausgelassen und sich Hals über Kopf in jeden Kampf gestürzt, ohne jemals ernsthaft in Gefahr geraten zu sein.
    »Ich bitte dich um nichts«, wiederholte Lyn’a eindringlich. »Ich möchte nur, dass du weißt … Ich empfinde keinerlei Zorn, mein Prinz. Dich trifft keine Schuld. Du bist damals so überstürzt fortgegangen … Ich dachte, du hättest mich verstoßen, weil ich mein Augenlicht verloren hatte. Dabei hätte ich es besser wissen müssen … Ich hätte begreifen müssen, dass du nur aus Reue und Scham geflohen bist …«
    »Halt den Mund«, wimmerte er und wünschte, seine Stimme würde fester klingen.
    Lyn’a kam näher, und diesmal wich er nicht zurück. Er war zu aufgewühlt, um sich ihr noch länger zu entziehen. Als die Hände seiner einstigen Geliebten sein Gesicht berührten, durchfuhr ihn ein Schauer. Wie zart ihre Haut war, wie gut sie roch! Nicht anders als damals …
    All die Gefühle und Erinnerungen, die er tief in sich vergraben hatte, stürzten auf ihn ein. War das möglich? Konnte er sich so sehr geirrt haben? Lyn’a schien ihn nicht zu hassen, ja nicht einmal zu verachten. Aber hatte Chebree ihr vielleicht nur von seiner Scham und Reue erzählt, um ihn zum Bleiben zu zwingen?
    Während Lyn’a behutsam sein Gesicht abtastete, kam Keb ein furchtbarer Verdacht. Vielleicht hatte die Königin die ganze Zeit über gewusst, dass Lyn’a ihn noch liebte. Als Keb die Blinde kurz nach dem Unglück verstieß, hatte ihm seine Mutter versichert, er tue das Richtige. Sie hatte ihm auch davon abgeraten, sich öffentlich zu seiner Schuld zu bekennen. Während er sich Lyn’as einfach nicht mehr würdig gefühlt hatte, glaubte seine Geliebte seit drei Jahren, er habe sie wegen ihrer Blindheit verstoßen.
    So viel verlorene Zeit, nur weil er sich ihr nicht anvertraut hatte!
    »Verzeih mir«, murmelte er und zog ihren schmalen Körper an sich. »Bitte verzeih mir …«
    Während er und Lyn’a sich unter Tränen umarmten, kam ihm Eryne in den Sinn, und mit einem Mal ging ihm auf, welch unüberwindliche Kluft ihn von der Lorelierin trennte. Er bewunderte ihre Schönheit, ihre innere Stärke und ihren Mut, weil diese Eigenschaften genau das waren, was er an Lyn’a geliebt hatte. Und dann war da auch noch die unverhoffte Aussicht gewesen, Vater zu werden. Aber nun bewiesen die Götter, dass es tatsächlich so etwas wie Gerechtigkeit gab. Vielleicht hatten sie es ja doch verdient, gerettet zu werden.
    »Verzeih mir, verzeih mir …«, stammelte er immer wieder. »Ich werde dich nie mehr verlassen. Nie mehr!«
    Nach diesem Versprechen nahm er ihr Gesicht in die Hände und küsste sie mit aller Zärtlichkeit, deren er fähig war. Am liebsten hätte er sie nicht wieder losgelassen. Doch er spürte, wie die Geliebte zurückwich, und öffnete die Augen: Chebree zog Lyn’a von ihm fort. Sie hatte die junge Frau am Arm gepackt und hielt ihm mit der anderen Hand das Schwert hin.
    »Entscheide dich«, sagte sie mit einem siegessicheren Grinsen. »Beide kannst du nicht haben! Willst du mit diesen Fremden in den Tod gehen oder im Kreise derjenigen, die dich lieben, ein glückliches Leben führen? Willst du als Geächteter durch die Welt irren oder auf der Seite der Sieger stehen und den Thron besteigen?«
    Keb zögerte keinen Moment. Er trat zu Lyn’a, lehnte seine Stirn an ihre und küsste sie zärtlich auf die Lippen. Auf dem Gesicht der Königin zeichnete sich Triumph ab, doch ihre Züge erstarrten, als Keb einen Schritt zur Seite machte

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