Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
»Wir haben deine Nachricht erhalten und dich erwartet.«
Keb grüßte die beiden Aufständischen, und die Erben senkten erleichtert ihre Waffen. Die Brieftauben hatten ihre Aufgabe erfüllt.
»Seid ihr nur zu zweit?«, fragte Leti enttäuscht.
Ihre Worte entlockten den Kriegern ein breites Grinsen. Stall einer Antwort bedeuteten sie den Gefährten, ihnen zu folgen. Nachdem sie sich mit stummen Blicken verständigt hatten, saßen die Erben ab und führten ihre Pferde in das Wäldchen. Eine gute Meile schlugen sie sich durch dichtes Unterholz mit niedrigen Ästen und umgestürzten Bäumen, bis sie auf eine Lichtung stießen.
Bei dem Anblick, der sich ihm bot, schöpfte Nolan neue Hoffnung. Nicht fünf, zehn oder fünfzehn Krieger waren Kebs Ruf gefolgt, nein, über hundert Wallatten lagerten auf der Lichtung. Die meisten hatten sich im Gras ausgestreckt oder auf ihre Bündel gesetzt, um sich von dem anstrengenden Fußmarsch oder Ritt zu erholen, der sie hierher geführt hatte. Andere pflegten ihre Waffen und ihre Ausrüstung oder unterhielten sich mit ihren Nachbarn. Ein paar Männer scharten sich um eine flache Grube und ein erlegtes Wildschwein, das sie offenbar am Spieß braten wollten. Für Barbaren wirkten all diese Männer unterschiedlichen Alters und Aussehens jedenfalls recht zivilisiert. Als Keb und seine Gefährten näher kamen, jubelten sie laut auf.
Die Wallatten stürmten herbei, um ihren Prinzen zu begrüßen, und so waren die Erben samt ihren Pferden innerhalb einer Dezille von einer aufgeregten Menschenmenge umringt. Keb antwortete auf einige der Zurufe, bevor er eine beschwichtigende Handbewegung machte, um die Männer zum Schweigen zu bringen. Dafür war ihm Nolan unendlich dankbar, denn bei dem Freudengebrüll der Wallatten war ihm der kalte Schweiß ausgebrochen. Schließlich waren die unterirdischen Gänge, die zum Karu führten und in denen Sombres Dämonen ihr Unwesen trieben, nur wenige Meilen entfernt.
Als sich die Krieger etwas beruhigt hatten, gelang es einem ihrer Anführer, sich einen Weg zu Kebree zu bahnen. Nolan erkannte Bra’n wieder, der ihnen die Brieftauben anvertraut hatte. Vermutlich hatte er Kebs Nachricht als Erster erhalten.
»Ich grüße dich, Herr! Wir sind deinem Ruf gefolgt! Wir kamen, so schnell wir konnten. Noch sind nicht alle Krieger eingetroffen«, rief er, und seine Augen funkelten stolz.
»Es sind mehr als genug Männer«, sagte Grigän. »Wir können nicht länger warten. Es wäre zu gefährlich, hierzubleiben.«
Bra’n blinzelte überrascht. »Mein Prinz, vielleicht kannst du uns erklären, was hier vorgeht. Meine Männer wüssten gern, wohin du uns führen willst. Und warum ist dieser Treffpunkt so weit von Wallos entfernt? Gegen wen ziehen wir in den Kampf?«
Keb wechselte einen Blick mit Corenn, deren Weisheit er in den letzten Tagen zu schätzen gelernt hatte. Die beiden hatten sich lange darüber unterhalten, wie viel sie den Aufständischen verraten sollten.
»Ruf die Anführer zusammen«, sagte Keb. »Jedes Dorf soll einen Vertreter schicken. Dann weihe ich euch in unseren Plan ein.«
Amanon versuchte, Corenns Worten zu folgen, doch da Eryne ihm direkt gegenübersaß, konnte er sich kaum konzentrieren. Jedes Mal, wenn sich ihre Blicke begegneten, schweiften seine Gedanken ab, und er verlor sich in Träumen, die nicht viel mit Saats Tunnel oder ihrem Kampf gegen den Dämon zu tun hatten. Zwei Tage nach Kebrees Geständnis und der zärtlichen Nacht mit seiner Geliebten schwebte er immer noch wie auf Wolken. Er konnte sich nicht entsinnen, jemals so glücklich gewesen zu sein. Wenn er ehrlich war, hatte er bisher nicht mal geahnt, dass man überhaupt so große Leidenschaft empfinden konnte.
Natürlich wusste er, dass ihre Aussichten, den Kampf gegen Sombre zu überleben, gering waren. Ein dunkler Schatten lag über der Welt, und sie waren nahezu machtlos – es war wahrlich nicht der Moment, sich eine glückliche Zukunft auszumalen. Aber Amanon konnte einfach nicht anders. Jedes Mal, wenn sich Eryne eine Hand auf den Bauch legte, strahlte er vor Freude. Schon bald würden die ersten Anzeichen ihrer Schwangerschaft sichtbar sein.
Während er seinen Gedanken nachhing, drangen Corenns Worte wie aus weiter Ferne an sein Ohr, ganz so, als hätten sie nichts mit seinem eigenen Schicksal zu tun. Die Wallatten hingegen lauschten gebannt, und je länger die Ratsfrau sprach, desto finsterer wurden ihre Mienen. Die Erben hatten beschlossen, ihnen nicht zu
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