Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
war. Bestimmt war es kein Zufall, dass sie direkt vor ihm gingen, denn hinter jedem Felsen konnten Gefahren lauern. Dennoch war Cael nicht ganz wohl dabei, sie so nah zu wissen. Sollte sein innerer Dämon wieder stärker werden, wären Yan und Leti die Ersten, auf die er sich stürzen würde. Doch er versuchte vergebens, den Abstand zu ihnen zu vergrößern. Nachdem sie so lange von ihrem einzigen Sohn getrennt gewesen waren, wichen sie ihm nicht mehr von der Seite.
So marschierte Cael im Kreise der Erben voran, gefolgt von der Schar Aufständischer. Keb hatte recht daran getan, auf den Mut seiner Männer zu zählen. Auch ihre Erfahrungen als Widerstandskämpfer erwiesen sich als hilfreich: Sie hatten gelernt, lautlos durch die Wildnis zu schleichen, und waren bestens ausgerüstet. Alle Wallatten trugen dunkle, unauffällige Kleidung, und viele hatten zusätzlich ein schwarzes Tuch um ihre Klingen gewickelt, damit sich kein Licht darin spiegelte. Keiner der Aufständischen sprach ein Wort, als hätten sie ein feierliches Schweigegelübde abgelegt. Das einzige Geräusch, das hin und wieder an Caels Ohren drang, war ein leises Klackern, wenn einer der Männer einen Stein los trat.
Niss und Bowbaq liefen dicht hinter Cael. Der Junge war in Niss’ Gegenwart immer noch etwas verlegen, obwohl nun schon zwei Tage vergangen waren, seit sie den anderen von ihrem Plan berichtet hatte. Niemand hatte mehr ein Wort darüber verloren, aber vermutlich hatte keiner seiner Gefährten ihr Vorhaben vergessen. Mittlerweile bereute er, nichts zu ihrer Verteidigung gesagt zu haben. Andererseits glaubte er fest daran, dass seine Zurückhaltung richtig gewesen war. Auch wenn Niss davon überzeugt war, dass es ihr noch einmal gelingen würde, die Stimme zurückzudrängen, wusste er, dass sich sein innerer Dämon beim nächsten Mal nicht so einfach wieder in sein geistiges Gefängnis verbannen ließe – vor allem nicht, falls er Sombre tatsächlich besiegte. Cael bezweifelte ohnehin, dass er Sombre töten könnte, aber wenn es wie durch ein Wunder doch dazu käme, würde seine finstere Seite die Oberhand gewinnen – und zwar für immer. Hatte Usul nicht prophezeit, dass er sich eines Tages endgültig seiner Stimme unterwerfen würde? Diese düstere Weissagung wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen.
Während er derlei schwarzen Gedanken nachhing, verging die Zeit wie im Flug. Er hätte den Moment, in dem sie Saats Tunnel erreichten, gern noch etwas aufgeschoben. Als die ersten Steinhaufen in Sicht kamen, so hoch und breit wie das Große Haus von Kaul, hätte er am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht. Nun drangen sie in ein Areal vor, von dem aus Saat einst über das Schicksal der bekannten Welt entschieden hatte, auch wenn es kaum größer war als ein Städtchen wie Semilia. Nur wenige Dezillen später entdeckte Cael in der Ferne eine Pyramide: Sombres Mausoleum.
Grigän hob eine Hand und bedeutete ihnen anzuhalten. Einen Moment lang standen sie reglos da und starrten wachsam zu dem Bauwerk hinüber. Würden unzählige Affendämonen auf den obersten Stufen des Mausoleums auftauchen, sich die Treppe hinunterstürzen und die Menschen angreifen? Zum Glück geschah nichts dergleichen. Der Ort lag so still und verlassen da wie ein Friedhof. Hatte Chebree sie angelogen? Oder waren die Lemuren schon auf dem Weg zur Heiligen Stadt? Vielleicht rotteten sie sich auch in der Nähe von Saats einstigem Palast zusammen oder verbargen sich tatsächlich im Innern des Mausoleums, kamen aber nur bei Nacht heraus.
Natürlich hatten sie gehofft, dass die Wesen aus der Unterwelt das Tageslicht scheuten. Nach kurzer Rast gab Grigän das Zeichen zum Aufbruch und schärfte allen ein, sich dicht am Berghang zu halten, wo sie bald auf den Tunneleingang stoßen mussten. So marschierte die über hundert Köpfe zählende Schar in den letzten Sonnenstrahlen des Tages lautlos weiter. Nachdem sie zwei der riesigen Steinhaufen passiert hatten, blieb Eryne plötzlich wie angewurzelt stehen.
Ihre Panik übertrug sich sofort auf die anderen, und auch Cael war wie gelähmt. Obwohl Eryne kein Wort sprach, war klar, worum es ging. Mit zitternden Händen bedeutete sie ihnen, dass sie ganz in der Nähe zwei Lemuren wahrgenommen hatte.
Dann ging alles so schnell, dass Cael das Gefühl hatte, in einen Wirbelsturm geraten zu sein. Seine Mutter zog ihr Rapier, während sein Vater ihn bei den Schultern packte. Bowbaq schob Niss hinter sich und umklammerte seine Kaute. Auch
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