Die Krieger der Königin: Falkenherz
wurde den Korridor entlanggestoßen, an den sie sich von ihrem ersten Weg in den Harem erinnerte. Eine der Wärterinnen hielt ihren Arm so fest gepackt, dass sie blaue Flecken bekam. Rashala eilte keuchend vor ihnen her. Ihr Weg führte sie durch eine andere Tür und an den Pferchen der Futtersklaven vorbei, über die metallenen Stege. Lizzy verzog das Gesicht, als sie mit nackten Füßen darauf laufen musste. Wann immer sie stolperte, rissen die Wärterinnen sie wieder auf die Beine und zwangen sie, weiterzulaufen.
Sie flohen die erste Ebene entlang und kamen an Dutzenden von Käfigen vorbei, bevor Rashala eine Treppe hinabeilte und in die nächste Abteilung abbog. Hier saßen in einigen der Käfige auch Frauen, von denen sich Wasser- und Erdsylphen nährten. Die Sylphen wichen den Neuankömmlingen aus, und diese rannten weiter, bis sie schließlich einen zentralen Bereich mit echtem Boden und Wänden erreichten. Der Raum war voller Tische und Schränke. Außerdem baumelte von der Decke ein langes Seil herab und Rashala befahl einer der Wärterinnen, daran zu ziehen. Die verängstigte Frau tat es, so dass Lizzy nur mit einer Wache zurückblieb. Irgendwo fing eine Glocke an zu läuten.
Rashala drehte sich um. Neben Lizzy hatten sie noch drei Frauen aus dem Kreis mitgenommen, auch Kiala. Sie alle schluchzten und wurden von Wärterinnen festgehalten, die mindestens genauso verängstigt wirkten. Lizzy hatte keinerlei Mitleid mit ihnen, obwohl auch ihr bei der Erinnerung an Rils Angriff ein Schauder über den Rücken lief. Sie hatte nur die ersten paar Sekunden miterlebt, aber das hatte gereicht. Die Krieger zu Hause kämpften nicht oft, weil es nicht notwendig war, aber Lizzy hatte sie beim Üben beobachtet. Sie hoffte nur, dass Ril seine Stärke und Schnelligkeit aufrechterhalten konnte.
Er war noch am Leben – das wusste sie. Jetzt, nachdem sie bei ihm gelegen hatte, konnte sie ihn so mühelos fühlen wie ihr Vater wahrscheinlich auch. Es war unglücklicherweise nicht genug, um zu spüren, was er fühlte, wenn er es nicht projizierte, aber ausreichend, um zu wissen, dass er nicht getötet worden war.
»Halt die Glocke in Bewegung«, befahl Rashala der Wärterin, die fester am Seil zog. Dann sah sie die Konkubinen an, fragte sie aber nicht, was vor sich ging. Anders als Melorta betrachtete sie sie nicht als Personen, die vielleicht Antworten zu geben hatten, dachte Lizzy – was ein Glück für sie war. Zumindest hoffte sie, dass es Glück war.
»Was geht vor, Herrin?«, fragte eine der Wärterinnen. »Wie konnte er das
tun?
«
»Ich weiß es nicht«, murmelte Rashala. Männliche Wachen aus dem Pferchen der Futtersklaven stürmten in den Raum und verlangten eine Erklärung. Mit ihnen kam ein Mann, der dieselbe Art von Kleidung trug wie Rashala und genauso kahl war. Lizzy starrte in die Richtung, aus der sie gekommen war, während sie inständig hoffte, dass die Verwirrung noch eine Weile anhielt und Ril in Sicherheit war.
Rashala drehte sich zu ihrem Bruder um. Sie war so voller Panik, dass sie sich fast weinend in seine Arme geworfen hätte. Alles war so schnell schiefgelaufen. Sie hatte die Identitäten der Frauen überprüft, die sich die Krieger angeblich geteilt hatten, und es hätte ganz einfach sein sollen, sie einzusammeln. Am nächsten Morgen sollten ihnen allen die Zungen entfernt werden, und dann hätten sie als Futtersklaven für die nächsten beschworenen Sylphen gedient. Sie hatte bereits den Besuch auf dem Sklavenmarkt geplant gehabt, um sie im Harem zu ersetzen.
»Was ist los?«, fragte Shalatar.
»Sieben-Null-Drei«, flüsterte Rashala und war sich der anderen im Raum nur allzu bewusst. Sie führte ihren Bruder in eine Ecke. »Er ist verrückt geworden, hat die Wärterinnen angegriffen. Ich habe so etwas noch nie gesehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat auf keinen Befehl reagiert.«
Shalatar starrte sie entsetzt an. »Ich habe ihm alle Befehle noch einmal gegeben! Er hat sich ihnen unterworfen! Wie konnte er sich ihnen widersetzen?«
Rashala zuckte mit den Schultern. Sie wusste es nicht. Sie hatte versucht, einen Grund zu finden, aber ihr fiel nur eine Möglichkeit ein. »Es ist sein ursprünglicher Meister.«
»Aber niemand hat ihn gefunden. Er muss tot sein!«
Entweder das, oder er war besser als die Krieger, die nach ihm suchten. Sie hätten Sieben-Null-Drei in dem Moment töten sollen, als sie ihn gefangen hatten. Rashala schloss die Augen und fuhr sich mit den Händen
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