Die Kriegerin der Kelten
von ihnen vor.«
Eindringlich und auf eine Breaca wohlbekannte Weise starrte er sie von der Seite an. Müde fragte sie: »Dann heißen die jungen Frauen also alle Breaca?«
»Ganz genau. Und die Jungs heißen natürlich alle Caradoc. Als ich sie das letzte Mal gezählt habe, waren es allein in meiner Truppe noch knapp drei Dutzend von ihnen. Aber nicht nur du und Caradoc habt ihnen ihre Namen geliehen. Es gibt außerdem auch noch dreizehn Machas, mehr als zwei Dutzend Cygfas und mindestens fünf Ardacos. Obwohl sie speziell diesen Namen hier ein wenig anders aussprechen als bei uns, wodurch man zumindest diese fünf noch einigermaßen voneinander trennen kann. Trotzdem enden die Scheinkämpfe jedes Mal in einem wahren Albtraum.«
»Und in einem echten Kampf gleicht so etwas natürlich einem Todesurteil. Also, was hast du nun vor?«
»Cygfa hat ihnen allen aufgetragen, sich einen neuen Namen auszusuchen. Sie werden später, wenn der Mond aufgeht, eine Art Zeremonie abhalten. Jeder von ihnen muss sich natürlich einen Namen wählen, der einzigartig ist und der sich deutlich von den Namen der anderen unterscheidet.«
»Dann sollten wir den Angriff besser noch eine Weile verschieben. Die Auseinandersetzungen über die Namen könnten doch noch Tage andauern. Und überhaupt, hältst du es für klug, dich in diese Rangelei um die Namen einzumischen?«
Valerius fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Nein, genau genommen wäre das sogar ziemlich unklug. Die meisten von ihnen spucken noch immer gegen den Wind und machen das Zeichen zur Abwehr allen Unheils, wenn ich an ihnen vorbeigehe. Sie hören auf mich, ja, das heißt, sofern ich ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen habe. Doch ich müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, dass sie sich mir bereits mit ganzem Herzen verschrieben hätten. Ihre Seelen sind noch nicht mit der meinen verschmolzen. Und vorher kann ich ihnen keinen neuen Namen verleihen.«
Diese Tatsache schmerzte Valerius sehr, so viel immerhin konnte Breaca an seinem Gesicht ablesen. »Nun, auch das werden sie lernen, wenn sie erst einmal kapiert haben, wer das Zeug dazu besitzt, ihnen das nötige Rüstzeug zum Überleben zu verleihen«, widersprach sie. Und nach einer kurzen Pause des Schweigens fuhr sie fort: »Wann warst du eigentlich das letzte Mal innerhalb der Stadtmauern von Camulodunum?« Schon viel zu lange hatte sie diese Frage mit sich herumgetragen. Nun aber ließ sich dieses Thema nicht mehr vermeiden.
Schlagartig verwandelten Valerius’ Züge sich in eine ausdruckslose Maske, und er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Eine wahre Flut von Erinnerungen schien zwischen ihm und seiner Schwester heraufzubrausen. Und nur die wenigsten dieser Erinnerungen waren angenehmer Natur.
Mit trostloser Stimme antwortete er: »Ungefähr einen Monat vor Caradocs Gefangennahme war ich das letzte Mal dort. Ich denke, das muss so ungefähr um Graines Geburt herum gewesen sein.«
»Dann ist dein letzter Aufenthalt dort also acht Jahre her. Fast neun.« Es fiel Breaca schwer, den Blick wieder in Valerius’ Augen zu heben, und doch war dies unumgänglich. »Also, mein letzter Besuch dort liegt nicht ganz so lange zurück. Und dennoch wird sich in der Zwischenzeit bestimmt so manches wieder verändert haben. Gräben werden ausgehoben worden sein, Mauern errichtet, und das Theater und der Tempel sind mittlerweile bestimmt auch fertiggestellt. Um einen vernünftigen Schlachtplan zu entwickeln, muss also vorher jemand mit einem gewissen Gespür für Strategie dort reingehen und sich erst einmal gründlich umsehen, ehe wir angreifen können.«
»Aber da steckt doch mehr dahinter. Was bezweckst du sonst noch mit deinem Plan? Ich meine, es haben schließlich bereits Männer Städte angegriffen, die seit gut eintausend Jahren keiner mehr so richtig ausgekundschaftet hatte. Und diese Männer mussten auch nicht erst jemanden reinschicken, um sich die Stadt einmal von innen zu besehen.«
»Schon gut, du hast ja recht, es steckt tatsächlich mehr dahinter. Ich will mit Theophilus sprechen. Vielleicht lässt er sich ja dazu überreden, Camulodunum zu verlassen, ehe die Kämpfe beginnen. Seine Schüler jedenfalls sind bereits mit der letzten Wagenladung von Flüchtlingen bei uns eingetroffen. Er aber fühlt sich noch immer an sein Hospital gebunden und meint, er darf nun nicht auch noch fliehen. Auf der anderen Seite aber war er derjenige, der uns gewarnt hatte, als der Prokurator sich auf den Weg in unsere
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