Die Kriegerin der Kelten
bin eine Kriegerin, die den Geschmack am Krieg verloren hat«, erwiderte Breaca. »Das brauchst du mir nun nicht noch einmal in aller Deutlichkeit vor Augen zu führen. Das ist sinnlos und erleichtert mir überhaupt nichts.«
Nun waren ihre Nägel gereinigt. Vorsichtig legte Breaca den Zweig in einen fast kreisrunden Flecken Sonnenlichts, um den sich dichte Schatten schlossen. Dann wandte sie sich um, drehte sich erstmals seit Beginn ihres Gesprächs mit Airmid so, dass diese ihr Gesicht sehen konnte und dass auch sie, Breaca, Airmid klar erkennen konnte.
Airmid stand ganz in der Nähe. Sie roch nach Rotdornrauch und Lanolin, und in diesen Duft mischte sich ihr ganz persönlicher Körpergeruch. Sie wandte Breaca ihr Profil zu.
Der Fluss reflektierte das Sonnenlicht, und scharf hoben sich ihre Konturen hervor. Sie war schön, fast schon makellos, und nicht eine einzige Narbe verunzierte ihre Züge.
Und ihre Wimpern glänzten nass.
»Was ist los?«, fragte Breaca.
»Wie bitte, verstehe ich das jetzt richtig? Du kannst deine Ängste nicht laut aussprechen, aber ich soll im Gegenzug nun meine offen zu Gehör bringen?« Ein bitteres Lächeln huschte über Airmids Gesicht. »Nun, mich ängstigt alles. Und nichts. Der Krieg ängstigt mich. Graine ängstigt mich. Und du. Du hast dich regelrecht in Luft aufgelöst, und ich weiß nicht, wie ich wieder zu dir gelangen kann. Doch auch mir hilft es nicht, dies nun laut auszusprechen.«
Ruhig lag Breacas Hand neben dem kleinen Zweig. Sie hob sie nun an, gerade so weit, dass sie Airmid berühren konnte. Nach einem kurzen Augenblick verschränkten sich lange, weise Finger mit den ihren. Dann legte sich eine Hand auf Breacas Schulter, eine Hand, die jede Faser von Breacas Körper kannte, die sie besser kannte als Breaca sich selbst. Sie massierte Breaca die Schultermuskeln, vermied dabei aber sorgsam die Berührung mit den tieferen Wunden.
Die Stimme, die stets jener Fels gewesen war, an den die Bodicea sich in Krisenzeiten zu klammern pflegte, schien zu brechen. Niemals hätte Breaca mit so etwas gerechnet.
Durch heiße Tränen hindurch sagte Airmid: »Du bist die Bodicea. Du tust, wozu du geboren worden bist. Der Rest von uns unterstützt dich, so gut wir nur irgend können. Denn das ist es, wozu wir geboren wurden. Doch wir haben versagt. Denn wir haben dich noch immer nicht heilen können.«
Breaca war bestürzt, darauf war sie nicht vorbereitet gewesen. Unumwunden, fast schon grob widersprach sie:
»Aber ihr habt doch alles getan, was in eurer Macht stand.
Du und auch Valerius. Ihr beide.«
»Aber das hat nicht gereicht.«
Vorsichtig ließ Breaca sich zurücksinken und lehnte die Schultern gegen den Baum. Sie löste ihre Finger aus Airmids Hand und rieb sich mit beiden Fäusten über das Gesicht, versuchte, die Wut, die ihre Züge zu einer wahren Grimasse verzerrt hatte, wieder zu vertreiben. Genau genommen war sie auch gar nicht mehr allzu wütend, sondern vielmehr erschöpft, und der Kummer lastete schwer auf ihr. Sie trauerte um den Verlust Graines, trauerte um den Verlust jener Frau, die sie, Breaca, einst gewesen war.
»Vielleicht habt ihr ja alles erreicht, was es überhaupt noch zu erreichen gab. Schließlich lebe ich. Und ich kann auch schon wieder ein Schwert schwingen. Ich kann auch wieder reiten und das sogar mit Kampfgeschwindigkeit. Ich bin noch da, und vielleicht steht auch mein Tod noch nicht unmittelbar bevor. Zumindest so lange nicht, wie das Kriegsheer noch nicht seine endgültige Aufstellung erreicht hat und so lange noch nicht klar ist, ob die Krieger Valerius als ihren Anführer wollen, oder aber ob Cunomar endlich zu sich selbst findet und jene Qualitäten zum Anführer erkennen lässt, die er schon lange in sich trägt. Sollte sich eines von beiden in naher Zukunft ereignen, so reichte das doch im Grunde schon vollkommen aus.«
»Du meinst, dann reichte das vollkommen aus, damit du endlich sterben kannst?«
Auch damit hatte Breaca nicht gerechnet. Eine einzelne Biene flog in nahezu chaotischen Bahnen zwischen den Weidenkätzchen umher und setzte sich schließlich auf Breacas Knie. Als das Insekt sich wieder erhob, gestand sie mit leiser Stimme: »Ich weiß es nicht. Aber ich will auch nicht mehr länger so tun, als sei ich wieder die, die ich einst war und die ich nun doch nicht mehr länger sein kann. Vielleicht wäre der Tod also trotz allem der richtige Ausweg für mich.«
Wie blind tastete sie nach Airmids Fingern, fuhr mit dem Daumen
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