Die Kriegerin der Kelten
tätschelte ihm aufmunternd den Arm. »Aber Peltrasius hat in der Kavallerie gekämpft, und er hat die gesamten letzten zehn Jahre darauf verwendet, auch noch die Kampftechniken der Stämme zu erlernen. Das ist so eine Art Steckenpferd von ihm. Also, lasst Euch von ihm doch ein wenig unterrichten, das heißt, wenn er nicht gerade wieder sein Geheule anstimmt. Denn solltet Ihr noch hier sein, wenn die Eceni in die Stadt einfallen, werdet Ihr das Schwert sicher brauchen, egal, auf wessen Seite Ihr dann steht.«
Theophilus aber hatte nicht im Entferntesten die Absicht, sich auf irgendjemandes Seite zu schlagen und für diese auch noch zum Schwert zu greifen. Und eigentlich hatte er gedacht, dass das auch ganz offensichtlich sein müsse, dass er das nicht noch extra hätte erwähnen müssen. Ein wenig verwirrt entgegnete er also: »Aber ihr solltet doch inzwischen wohl wissen, dass ich...«
Warnend legte Gaius einen Finger an die Lippen. »Sprecht das jetzt besser nicht aus. Nicht hier. Nicht jetzt, da die Götter unseren Gesprächen lauschen. Ihr braucht Euch uns nicht zu erklären.«
Theophilus hatte gedacht, dass seine beiden Schüler ihren Göttern längst abgeschworen hätten und die kühlen Wasser der Ratio den turbulenten Wogen des Schicksals vorzögen - Gaius’ Erwiderung erstaunte ihn also.
Inzwischen aber schienen die beiden immer unruhiger zu werden, sie wollten endlich fliehen, und Theophilus sah ein, dass nun nicht der geeignete Moment war, um mit einem Vortrag über all das zu beginnen, was er sie so gerne noch gelehrt hätte.
Verloren im Schmerz des Augenblicks streckte Theophilus seine beiden Hände aus. Gaius und Felix überreichten ihm die Waffe und legten sie ihm quer über beide Handflächen, ganz so, als ob er einer der Krieger der Eingeborenen wäre. Und wie immer bei derlei ergreifenden Gesten, ließ Felix seinen Tränen freien Lauf. Doch auch Gaius’ Augen schimmerten feucht, was wiederum äußerst ungewöhnlich war. Dann sagte er mit leicht heiserer Stimme: »Vater, was immer Ihr uns auch gelehrt habt, wir werden es gewissenhaft beherzigen und allein dazu verwenden, um andere zu heilen, nicht aber, um ihnen Leid zuzufügen.«
Theophilus verbeugte sich. »Dann kann ich ja, falls Peltrasius eines Tages doch noch stirbt, wenigstens beruhigt davon ausgehen, dass ihr nichts mit seinem Tod zu tun habt.« In seinen Ohren klang diese Erwiderung zwar viel zu nüchtern, doch er wagte es ganz einfach nicht, nun etwas Verbindlicheres zu sagen oder gar zu lächeln.
Die Handflächen an die Stirn gelegt, schritten Felix und Gaius rückwärts aus der Kammer ihres Lehrherrn. Etwas später, während Theophilus wieder am Fenster stand, sah er, wie seine beiden Schüler aufbrachen und durch die fast menschenleeren Straßen ritten. Im Übrigen hatte ein jeder von ihnen nicht weniger als ein komplettes Jahresgehalt in Gold bezahlen müssen, um vom Quartiermeister diese beiden Tiere zu erstehen.
Nun, da Felix und Gaius gegangen waren, war das Krankenhaus plötzlich von einer unheimlichen Stille erfüllt. Außer natürlich, wenn Peltrasius wieder zu jammern begann. Zum ersten Mal in seinem gesamten Leben wünschte Theophilus, der Arzt, sich, dass wenigstens einer seiner drei Patienten rasch sterben möge und dass die anderen beiden auch ohne ihn wieder genesen würden.
Als die Abenddämmerung sich bereits wieder über die Stadt legte, machte er sich daran, die Aufgaben seiner beiden Assistenten zu versehen. Er wusch die Frauen, gab ihnen zu essen, kümmerte sich darum, dass sie ausreichend Wasser zu trinken hatten, leerte die Töpfe unter ihren Betten und flößte ihnen schließlich noch jenen Aufguss ein, der bereits den halben Tag über in der Krankenhausapotheke gezogen hatte. Schließlich öffnete Theophilus jene Schränke, die noch nicht von den verzweifelten Stadtbürgern geplündert worden waren, und kochte Peltrasius dessen bescheidene Mahlzeit aus einfachen Bohnen und Gerste, gewürzt mit ein wenig Knoblauch, damit der Harngrieß etwas leichter abginge. Zudem trug er ihm noch einen gut gefüllten Krug mit lauwarmem Wasser heran, damit der alte Veteran sich waschen konnte. Tröstend legte er die Arme um seinen Patienten, als dessen Schmerzen abermals so schwer waren, dass er nur noch schreien konnte, und verabreichte ihm anschließend etwas Mohnextrakt - damit sie beide endlich ein wenig Ruhe fänden.
Müde entzündete Theophilus eine kleine Öllampe und machte sich auf den Weg hinab in die
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