Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
allerdings keineswegs im Begriff zu sterben. Es war bloß so, dass er wünschte, er wäre tot.
    Theophilus von Athen und Kos, früher einmal Leibarzt mehrerer Kaiser und jetzt dazu gezwungen, ehemalige Soldaten der Legionen zu behandeln, die unter den Folgen ihrer übermäßigen Genusssucht litten, war mittlerweile so weit, dass er wünschte, er könnte dem Mann, der bei ihm in Behandlung war, irgendein Mittel verabreichen, das diesen endlich zum Schweigen bringen würde. Unter normalen Umständen hätte er Peltrasius’ Pflege seinen Assistenten überlassen, und er wäre sogar bereit gewesen, sie das Honorar, das er dafür bekam, behalten zu lassen. Doch er hatte ihnen befohlen, die Stadt zu verlassen.
    Mehr als er sich jemals hätte vorstellen können, vermisste Theophilus sowohl die schlagfertige, aufgeweckte Art seines Sekretärs, des Jungen, den er Gaius genannt hatte, als auch die etwas langsamere, ein wenig schwermütige, aber ungeheuer sorgfältige Art von Felix, dem jungen Arzt, der quasi noch bei ihm in der Lehre war. Ihre Abwesenheit hatte eine Lücke im Leben seines Krankenhauses hinterlassen, die auch die Heilung anderer nicht auszufüllen vermochte.
    Theophilus war überhaupt nicht darauf gefasst gewesen, wie sehr ihn die Trennung von seinen beiden Assistenten schmerzen würde, als er sie das erste Mal gebeten hatte zu gehen. Das war in jener Nacht gewesen, in der er gemeinsam mit ihnen am offenen Fenster seines Schlafzimmers im zweiten Stock des Hospitals gestanden und beobachtet hatte, wie der Wachturm in Flammen aufging. Nur mit seinem Nachthemd bekleidet, hatte Theophilus sowohl bei Felix als auch bei Gaius die Ergriffenheit und Ehrfurcht junger Menschen gespürt, die glaubten, sie wüssten, was Feuer und Krieg sind, und die trotzdem noch jung und unerfahren genug waren, um beides zu verehren.
    Theophilus neigte nicht dazu, irgendetwas zu verehren, und er würde sich auch niemals dafür hergeben, für einen Krieg einzutreten. Denn er hatte zu viele Freunde auf beiden Seiten, um nicht überaus deutlich die grenzenlose Tragik zu erahnen, die sich in jener Nacht anbahnte. Mit einem beklemmenden Gefühl im Herzen hatte er beobachtet, wie die orangeroten Flammen in den dunklen Nachthimmel emporgeschossen waren und wie wenig später die Reihe winziger Lichtpunkte am fernen Horizont aufleuchtete, als man völlig unnötigerweise die Signalfeuerkette entzündet hatte, ganz so, als ob noch mehr Feuer in irgendeiner Weise nutzbringend wären oder gar notwendig, um die Botschaft des ersten zu verstärken.
    Noch bevor die Kette komplett gewesen war, hatte Theophilus sich wieder vom Fenster abgewandt und gesagt: »Die Eceni revoltieren. Es kann einfach niemand anderer sein. Aber ich denke, einen Angriff auf Camulodunum werden sie vorerst nicht wagen, nicht, solange noch die Gefahr besteht, dass die Neunte ihnen von hinten auf den Leib rückt. Wir haben also ein paar Tage Zeit, um uns zu rüsten. Ihr solltet eure Familien finden und schleunigst von hier verschwinden. Geht in den Norden zu den Eceni, wenn ihr an deren Krieg teilnehmen wollt. Oder geht in den Süden nach Caesaromagus oder in den Westen nach Verulamium, wenn ihr lieber unter den Anhängern Roms Zuflucht finden wollt.«
    »Und wenn wir keines von beiden wollen? Wenn wir stattdessen lieber unsere Studien bei Euch fortsetzen wollen? Was sollen wir dann tun?«
    Diese Frage hatte Felix gestellt, der rundliche, stets freundliche junge Bursche, der Hände hatte, die ebenso mühelos eine Frau bei der Entbindung zu beruhigen vermochten, wie sie einem Mann, der an der roten Ruhr starb, Trost und Beistand leisten konnten oder einen Jungen wieder zusammenflicken, der im Tempel unter herabstürzendem Mauerwerk begraben worden war. Seine Stimme war weich, volltönend und warm, so wie die Flammen, die den Horizont erhellten.
    »Er wird uns trotzdem drängen, fortzugehen, ob wir wollen oder nicht. Es wird zu einer Belagerung kommen und dann zu einer Schlacht, und er glaubt, es sei seine Pflicht, dass er uns schützt, und nicht etwa umgekehrt.«
    Gaius hatte so schnell das Wort ergriffen, dass Theophilus gar nicht mehr dazu kam, auf Felix’ Frage zu antworten. Der Sekretär war im vergangenen Jahr ein gutes Stück gewachsen und war nun mindestens ebenso groß wie auch jeder andere der Stammesangehörigen. Zudem war seine Statur schlank und sehnig, und er besaß ein längliches Gesicht. Seinen hellen, scharf blickenden Augen schien nichts zu entgehen, ihnen fiel

Weitere Kostenlose Bücher