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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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umso besser. Darum haben sie die besten der Träumer früher ja auch geblendet.«
    Gunovar schenkte Graine ein schiefes Grinsen, so, wie sie eben immer grinste. Und weil der Morgen nun einmal war, was er war, und falsche Scham keinen Platz mehr hatte, musterte Graine sie ganz unverhohlen, besah sich die Narben in deren Gesicht, die Narben auf deren Händen, dachte über die schwerfällige, offenbar schmerzvolle Art nach, wie diese Frau ging, und mit einem Mal begriff Graine, dass es schon sehr lange her war, seit sie irgendetwas von alledem das letzte Mal bewusst wahrgenommen hatte. Gunovar war nicht schön, war es auch nicht gewesen, bevor die römischen Inquisitoren sie gefoltert hatten - Gunovar war einfach schon immer zu grobknochig und schwer gewesen, um als schön zu gelten. Doch sie nahm sich selbst an, wie sie war, und das mit einer solchen Würde, einem solchen Selbstbewusstsein und nicht zuletzt auch einer guten Portion Humor, dass jeder, der sie sah, ihre äußere Erscheinung und die entstellenden Narben, die man ihr zugefügt hatte, nicht nur mit milderem Urteil betrachtete, sondern dies alles schließlich vergaß und sich allein noch auf Gunovars inneres Wesen konzentrierte.
    »Der Nebel lichtet sich, und die Legionare bereiten sich darauf vor, ihre Boote zu Wasser zu lassen. Die Kavallerie ist auch schon dort. Bevor ich mich auf den Weg nach Mona machte, hatte Valerius mir noch gesagt, dass er, wenn er das Kommando hätte, zuerst einmal die Kavallerie über die Meerenge schwimmen und einen Landekopf einnehmen und sichern lassen würde, damit die schweren Schiffe gefahrlos anlanden können. Andererseits aber meinte Valerius auch, dass der Gouverneur, der den Angriff leitet, keine Ahnung davon hätte, wie er die Kavallerie am besten einsetzen könne, und dass er den Reitern womöglich befehlen würde, mit ihren Tieren neben den Schiffen herzuschwimmen. Hast du bei deiner Rückkehr aus dem Osten eigentlich auch wieder etwas von dem getrockneten Brennwurz mitgebracht?«
    »Ja. Warum?«
    »Mir ist da gerade eine Idee gekommen. Sulla, die Fährfrau, hatte einmal gesagt, dass die Strudel der Meerenge ihre Freunde seien und dass sie vom einen Ufer zum anderen hinüberschwimmen könnte und auch wieder zurück, ohne dabei zu ertrinken. Allerdings müssten wir uns beeilen. Das alles muss beendet sein, ehe der Nebel sich vollständig verzogen hat. Ansonsten würden die Römer Sulla entdecken. Aber falls wir das schaffen sollten, könnten wir noch einen kleinen Trick anwenden, der uns am Ende vielleicht nützlich sein wird.«
    An diesem Morgen galt es, die kleinen Freuden zu genießen: den Ausdruck der Überraschung, der sich über Gunovars Gesicht legte, das Aufblitzen unverhohlener Freude, das ihre Augen erstrahlen ließ, als sie endlich begriff, was Graine ihr da gerade vorschlug - plötzlich war es denkbar, dass Gunovar einst vielleicht doch recht attraktiv gewesen war. Und selbst die ungewohnte Geschmeidigkeit, mit der sie sich plötzlich bewegte und ihren Kräutersack aus der Hütte holte, war bereits ein Anblick, den es für einen Moment zu genießen galt. Dann machte Gunovar sich daran, die nötigen Vorbereitungen zu treffen, während Graine loslief, um Sulla zu finden und in Erfahrung zu bringen, ob die Fährfrau noch immer die Meerenge durchschwimmen konnte.
    Und es war tatsächlich noch Zeit genug, um Graines Plan in die Tat umzusetzen. Sulla nahm die Idee mit Begeisterung auf, machte sogar noch einen Verbesserungsvorschlag, und Dubornos erklärte sich schließlich bereit, Sulla dabei zu helfen, an geeigneter Stelle in die Meerenge hinabzutauchen und wieder herauszukommen. Im Übrigen hielt das Dubornos davon ab, unablässig über Graine nachzugrübeln, sodass einen flüchtigen Moment lang und im Angesicht des Krieges doch noch einmal so etwas wie Frieden sich über die Insel breitete.
    Der Frieden dauerte gerade lange genug, um die Stimmung der Ruhe und Zuversicht ein letztes Mal tief in sich aufzunehmen, ehe plötzlich jemand in ein Bullenhorn stieß und das Zeichen zur Zusammenkunft des Ältestenrats von Mona gab: ein tiefer, lang anhaltender Ton, der mehrmals anschwoll und dann wieder schwächer wurde und dessen Klang sämtlichen in Hörweite befindlichen Männern und Frauen die Luft aus den Lungen zu pressen schien und ihre Rippen klappern ließ.
    Überall auf der Lichtung ließen die Träumer ihre morgendlichen Vorbereitungen ruhen und machten sich daran, sich zu zweit oder in schweigenden kleinen

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