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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Dekurio mit vor Angst schwerer Zunge ihren baldigen Tod prophezeien. Wir werden alle sterben. Und natürlich wusste Corvus, dass dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch der Fall sein würde. Andererseits hieß das noch lange nicht, dass der Tod ihm nun nicht in gewisser Weise sogar durchaus willkommen wäre. Und auch seiner Ehre würde ein Tod unter den gegenwärtigen Umständen sicherlich keinen Abbruch tun. Das Einzige, was ihn an dieser Aussicht störte, war, dass er trotz allem noch eine sehr strenge Auffassung davon behalten hatte, wie er seinen Dienst auszuführen hätte. Folglich wollte Corvus nur sehr ungern dabei beobachtet werden, wie er bei der geplanten Invasion der Insel starb und damit zugleich in der Ausübung seiner Pflicht versagte.
    Endlich hatte die Stute wieder Sand und aufgewühlten Strandkies unter den Hufen, und es gab einen kurzen Moment, in dem das Pferd bereits wieder stand und Corvus noch immer kraftlos im Wasser trieb. Dann aber zog er sich an den Mähnenschlaufen empor, drehte sich zur Seite und hievte sich schließlich in den Sattel hinauf. Energisch schüttelte er das Wasser ab und zog sein Schwert, eine Bewegung, die ihm nach zwanzig Jahren der Ausbildung in Fleisch und Blut übergegangen war, und zwar vollkommen unabhängig davon, wie erschöpft er gerade sein mochte. Und dann ritt er auf den Strand hinauf, bereit, die Grenze zwischen Leben und Tod zu betreten, bereit, zu töten oder getötet zu werden. Erst als der Nebel sich um ihn schloss und er feststellte, dass er nichts mehr sehen konnte, erinnerte er sich daran, dass er sich eigentlich zuerst einmal hätte umblicken sollen und kontrollieren müssen, ob auch Ursus und Sabinius oder irgendeiner der anderen den Strand erreicht hatten. Doch als ihm dies bewusst wurde, war es auch schon zu spät, denn der Nebel war kein Nebel, sondern in Wirklichkeit ein stechender, heimtückischer Rauch, der sich fest über seine Augäpfel zu legen schien, sodass ihm sofort der Schleim aus der Nase zu laufen begann und Tränen ihm die Wangen hinunterrannen und er beim besten Willen wirklich gar nichts mehr erkennen konnte.
    »Corvus?«, ertönte Valerius’ Stimme. Doch das war unmöglich, zumindest auf dieser Seite des Todes. »Corvus, steig ab. Solange du auf den Felsen bleibst, bist du nicht in Sicherheit. Die Stute kann jeden Moment ausrutschen und sich ein Bein brechen, und dann stirbst auch du.«
    »Bin ich denn etwa noch nicht tot?«, fragte Corvus und hörte dabei voller Erstaunen, wie der Rauch in seine Stimme einzudringen schien, sie schwerer und schwerer machte und seine letzten Worte sich länger und immer länger auszudehnen schienen, bis sie in wilden Spiralen durch seinen Schädel jagten.
    Doch gehorsam saß Corvus ab, schließlich wollte er den Göttern gegenüber nicht ungehorsam sein. Der Fels, auf dem er stand, begann zu schaukeln und schien unter seinen Füßen zu schlingern, ganz so, als befände er sich an Deck eines Schiffes. Er dachte an Segoventos, den Kapitän der Greylag , und an die Kraft und Zuversicht, mit der dieser das Steuerruder gehalten hatte, während sein Schiff geradewegs in seine eigene Zerstörung zu segeln schien. Abermals spürte Corvus das Schlingern und Rollen der See, und zum ersten Mal in einem ganzen Leben voller Seereisen spürte er, wie ihm schlecht wurde. Genauer gesagt würde er sich schon sehr bald übergeben müssen. Und streng genommen sogar genau jetzt, in diesem Augenblick.
    Er kniete sich auf den schaukelnden Fels, drückte seine schweißüberströmte Stirn in den Tang und erbrach sich so lange, bis er das Gefühl hatte, dass sich sein Magen in seine Kehle zu stülpen drohte.
    »Corvus? Das reicht. Trink das hier, das wird dir helfen.«
    Noch immer kniete er auf dem harten Fels, spürte den wohligen Druck von Valerius’ Arm, den dieser ihm um die Schultern gelegt hatte, spürte, wie Valerius’ andere Hand ihm sacht die Stirn hielt. Doch noch immer schlingerte der Fels, als triebe er mitten auf dem vom Sturm aufgepeitschten Ozean. Und im Gegensatz zu Corvus schien der Junge, als der Valerius ihm nun plötzlich wieder erschien, sich nicht übergeben zu müssen, sodass das alles letztlich nur eines bedeuten konnte: Sie beide waren tot, ganz zweifellos. Hier, in dem Land hinter dem Leben, hatte Corvus also endlich jene Liebe wiedergefunden, die mehr als zwanzig Jahre lang fast jeden Augenblick seines Lebens bestimmt hatte, die sein Wachen und sein Atmen durchdrang, wie kein anderes Gefühl es

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