Die Kriegerin der Kelten
mal nicht mehr kämpfen können, aber das ist vielleicht auch das Beste für ihn. Der ist einfach nicht geschaffen fürs Kämpfen, nein, der nicht. Bei deinem thrakischen Kavalleristen dagegen liegt die Sache ganz anders. Ich hätte nicht gedacht, dass der jetzt schon wieder so weit auf den Beinen ist, um reiten zu können, geschweige denn, auch noch ein Schwert zu schwingen. Und auch was ihn betrifft, war es ein echtes Vergnügen, ihm beim Kämpfen zusehen zu dürfen.«
»Danke.« Longinus hatte ihre lobenden Worte gehört, was aber auch ihre Absicht gewesen war. Er lebte, war zudem auch noch gänzlich unverletzt und einfach bloß verdreckt von den durch die Luft spritzenden Gedärmen fremder Männer und dem Blut eines verwundeten Jungen. Gerade war er damit fertig geworden, Snail eine Schlinge aus einem zerrissenen Wollumhang um den Hals zu knoten. Anschließend half er ihm, langsam wieder aufzustehen. Prüfend ließ Longinus den Blick einmal über die gesamte Länge des Krähenpferdes schweifen, dann musterte er Valerius. »Wir sind ganz eindeutig aus der Übung gekommen«, stellte er missbilligend fest.
»Das steht wohl außer Frage. Aber mit jedem weiteren Kampf wird sich das wieder geben. In jedem Fall sollten wir uns nun in Bewegung setzen, ehe die Flammen uns erreichen. Ich will, dass die Verwundeten sich hinter den äußeren Graben zurückziehen. Der Rest soll mit uns und unserer neuen Kavallerie kommen und weiter vorrücken.«
Wieder einmal hatte er den lateinischen Ausdruck für Kavallerie, turma , verwendet. Diese Unart würde er wohl nie mehr gänzlich ablegen. Grinsend blickte Longinus ihn an und verdrehte die Augen.
Madb spie seitlich in den Schlamm. »Wenn Braint das hört«, warnte sie ihn, »macht sie aus deiner Haut eine Pferdedecke.«
»Das macht sie wahrscheinlich sowieso. Bittet sie noch immer jede Nacht ihre Götter um die Gnade, mich endlich tot sehen zu dürfen?«
»Kann schon sein. Ich frag sie nicht, was sie nachts macht. Aber ich weiß, dass sie zumindest am Tage sehr gewissenhaft ihre Gebete spricht, laut und so, dass jeder sie hören kann. Und in diesen Gebeten bittet sie in der Tat immer darum, endlich an der Seite der Bodicea und deren Tochter Cygfa kämpfen zu dürfen, jener blondschöpfigen Tochter, die kämpfen soll, als würden die Götter persönlich ihre Waffe führen. Hätte der Vorsitzende des Ältestenrats von Mona Braint darum gebeten, wäre sie selbstverständlich auf der Insel der Götter geblieben und hätte notfalls auch ihr Leben dafür geopfert. Und trotzdem ist sie überglücklich, dass sie nun endlich hier sein darf. Sie hat sich dem Trupp deiner Schwester angeschlossen, der im Westen der Stadt kämpft, dort, wo die Flammen am höchsten lodern. Im Übrigen umfasst Breacas Heer nun nicht weniger als fünfhundert Pferde.«
»Fünfhundert?« Wie ein Fisch im Sommer, so machte auch Valerius’ Herz nun einen freudigen Satz. »Dann haben wir bereits mehr als einen kompletten Kavallerieflügel zusammen. Und dieser Flügel ist bestimmt mindestens so stark wie fünf Kavallerieflügel unseres Feindes.«
Trotz all seiner Begeisterung hatte Valerius mit dieser Einschätzung sogar beinahe recht. Denn die Krieger, die ursprünglich für Mona gekämpft hatten, waren die besten Kämpfer, die die Stämme hatten mustern können, und sie alle waren aufgewachsen und ausgebildet worden auf jener Insel, die die Legionen bis jetzt noch nicht hatten einnehmen können.
Valerius drängte das Krähenpferd ein Stückchen zur Seite, um Platz zu machen, damit Longinus wieder auf sein Tier steigen konnte. Dann wandte er sich um und ließ den Blick über die Menge der Krieger schweifen. Er sah einige bekannte Gesichter, Gesichter, die im Laufe der Schlachten gealtert und von Narben durchfurcht worden waren, deren Augen weise schauten und die gelassen, doch hartnäckig Valerius’ neugierigen Blick erwiderten. Nicht alle von ihnen sahen ihm mit einem grüßenden Lächeln entgegen. Genau genommen waren die freundlichen Mienen sogar ziemlich spärlich an der Zahl. Doch immerhin machte auch keiner das Zeichen zur Abwehr des Bösen oder spuckte in den Wind, um seinem Blick auszuweichen.
Die meisten von ihnen schauten stattdessen einfach in Richtung Westen, dorthin, wo gerade die Stadt in Flammen aufging. Breacas Feuer hatten mittlerweile enorme Ausmaße angenommen: Eine lang gestreckte Mauer aus Flammen sandte unaufhörlich dunkle Rauchwolken in den Himmel, und das gesamte westliche
Weitere Kostenlose Bücher