Die Kriegerin der Kelten
Sattel und in einer riesigen Kabbelung die Wogen zusammenprallen, es war, als hätte sich unter ihm mit Blitz und Donnergrollen ein Sturm entfesselt. Das Tier richtete sich auf der Hinterhand auf und hieb wild mit den Vorderhufen durch die Luft, es keilte nach allen Seiten aus, es trampelte wütend durch den Schlamm und biss in alles, was sich ihm in den Weg stellte. Keiner der Veteranen, die das Tier noch aus jenen Zeiten kannten, als es auf ihrer Seite gekämpft hatte, traute sich, nun nach dem Krähenpferd zu schlagen.
Plötzlich verlor einer der Männer das Gleichgewicht, rutschte mit dem Kopf voran durch den blutdurchtränkten Schlamm und starb. Sofort hob der Zenturio einen der am Boden liegenden Speere auf und schleuderte ihn mit ganzer Kraft von sich. Snail schrie auf.
Valerius versuchte, seinen spontanen Impuls zu bezähmen und sich nun nicht nach dem Jungen umzusehen. Und dennoch raubte ihm Snails Schrei für die Dauer eines Herzschlages die Aufmerksamkeit, sodass er mit dem nächsten Atemzug bereits spürte, wie dicht an seiner Schulter ein Schwert herabsauste. Allein das Krähenpferd, das, ohne den Befehl dazu erhalten zu haben, unvermittelt zur Seite sprang, rettete Valerius’ Leben. Gleich darauf versuchte ein anderer Veteran, ihn mit einem rückhändigen Schwerthieb niederzumetzeln, Valerius aber parierte den Angriff und schlug zurück. Die Wucht hinter diesem Hieb raubte ihm für einen Augenblick jegliches Gefühl in seinen Fingern. Schließlich tötete irgendjemand anderer den Mann, gegen den er gerade kämpfte; er glaubte, dass es Knife gewesen war, war sich aber nicht sicher.
Das Krähenpferd war unterdessen bereits wieder herumgewirbelt, um sich einem neuen Angreifer zu stellen, dem Zenturio. Und im Gegensatz zu seinen Kameraden hatte dieser Veteran keine Angst vor dem Hengst.
Stattdessen sprang er mit einem Grinsen an dem Tier vorbei und zielte mit einem neuen Speer auf Valerius’ Oberschenkel. »Du hättest auf unserer Seite bleiben sollen, du zweifacher Verräter. Womöglich hätten wir dich sogar am Leben gelassen.«
Mittlerweile hatte das Kampffieber Valerius und sein Pferd zu einer untrennbaren Einheit zusammengeschweißt. Die Gedanken des einen mündeten in die Taten des anderen. Gemeinsam vollführten sie abermals eine Kehrtwende und starrten dem Zenturio in die Augen. Das Krähenpferd erhob sich auf die Hinterhand. Hastig wich der Mann zurück und riss seinen Schild empor. Dann wagte er sich wieder ein Stückchen vorwärts und schlug, gerade, als die Hufe des Krähenpferdes wieder festen Boden berührten, mit der Kante des Schildes brutal gegen dessen Vorderbeine.
Der dröhnende Schlag, mit dem Holz auf Knochen traf, war geradezu Übelkeit erregend. Valerius hatte das Gefühl, als ob seine eigenen Arme soeben zerschmettert worden wären. Das Pferd stieß ein dumpfes Röcheln aus und geriet ins Taumeln, stürzte jedoch nicht. Dann schrie es schrill seinen Zorn und seinen Schmerz hinaus und spie dabei große, weißliche Speichelbrocken über alle, die sich gerade in seiner Nähe befanden. Valerius spürte, wie der rötliche Nebel des echten Kampffiebers langsam seinen Blick zu verschleiern schien, und rang innerlich darum, nun die Nerven zu behalten. Denn ein Zuviel an Wut und Zorn konnte einen Mann genauso schnell das Leben kosten, als wenn er zu wenig Kampfwillen besaß. Der Zenturio lachte nur und schleuderte Valerius einen weiteren Speer entgegen, wollte ihn damit offensichtlich noch mehr anstacheln.
Nur allzu gerne hätte Valerius seinen Gegner nun gelehrt, ihn nicht derart zu verhöhnen, doch für derlei persönliche Machtkämpfe war im Moment nicht die Zeit. Überall um Valerius herum hatten sich mit einem Mal Pferde versammelt, obwohl er vor wenigen Augenblicken noch der einzige berittene Krieger im Kampf gegen die Gruppe von Veteranen gewesen war.
Und dann entdeckte er auch Longinus wieder. Sein Freund lebte und schien noch immer fest und sicher im Sattel zu sitzen. »Steinschleuderschützen!«, schrie der Thraker. »Hierher!« Was jedoch aus Valerius’ Sicht überhaupt keinen Sinn ergab, denn die Steinschleuderer bildeten die Nachhut von Breaca, und die wiederum befand sich doch irgendwo ganz am anderen Ende der Stadt.
Dann aber wurde er eines Besseren belehrt und musste mit eigenen Augen mit ansehen, wie das scheinbar Unmögliche geschah. Denn schon sauste ein Schleuderstein pfeifend geradewegs an Valerius’ Gesicht vorbei und tötete den Zenturio. Es war ein
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