Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
wehende Brise sorgte dafür, dass die Asche und der Lärm und die Gerüche des Krieges beständig in die andere Richtung getrieben wurden.
    Theophilus und Breaca gingen langsam, zum einen, weil sie Brandwunden an den Füßen hatten, aber auch aus Rücksicht auf Stone, dessen Gelenke nach den ausgedehnten Kämpfen von einer schmerzhaften Steifigkeit geplagt wurden. Theophilus’ arg in Mitleidenschaft gezogene Gewänder streiften im Rhythmus seiner Schritte über das Gras. Das gedämpfte Rascheln verschmolz mit dem Flüstern des Windes in den Bäumen und verband sich mit den frischer werdenden Gerüchen der Abenddämmerung, die allmählich herabsank.
    Hier draußen, fern von der Stadt und ihren zahllosen Kohlebecken und Fackeln, war die abendliche Landschaft in gedeckte, ineinander übergehende Schattierungen von Grau getaucht. Breaca folgte in Gedanken den Konturen der Hügel und Hänge, die sich in der Ferne abzeichneten. Dann fragte sie ihren Begleiter: »Gehen wir irgendwohin, wo ich früher schon mal gewesen bin?«
    »Ich denke, der Ort dürfte dir bekannt vorkommen.« Auf der Kuppe einer kleinen Anhöhe legte Theophilus eine Pause ein. »Warst du nicht hier, als Cunobelin, der Sonnenhund, auf seine letzte Reise hinauf zu seinen Göttern gesandt wurde?«
    »Der Mann hatte keine Götter«, erwiderte Breaca trocken. »Und wenn doch, fand er sie erst ganz am Ende seines Lebens. Aber ich war hier, das ist richtig. Könnten wir für einen Moment verweilen? Cunobelin ist jemand, dem ich nicht gerne unvorbereitet wieder begegnen möchte, selbst wenn von ihm nichts weiter übrig geblieben ist als eine Erinnerung.«
    Der alte Mann wandte sich wieder um und kam zu ihr zurück. »Dein Bruder war recht großzügig mit dem zeitlichen Rahmen, den er dir für diesen Spaziergang geboten hat«, sagte er. »Wir haben noch Zeit bis zum Morgengrauen, falls du so lange brauchst.«
    Schweigend standen sie einen Moment lang nebeneinander in der Dämmerung, dann ließen sie sich gemeinsam auf der Kuppe des Hügels nieder, ein Mann, eine Frau und ein verkrüppelter Kampfhund, und schauten hinab in Richtung Südosten zu jener Stelle, wo ein kleinerer, aber steiler aufragender Hügel in die Landschaft eingebettet lag.
    Ganz in die Betrachtung des Grabhügels versunken, der in der Ferne aufragte, zog Breaca nur durch Tasten und ohne hinzuschauen die Kletten aus Stones Fell. Nachdenklich sagte sie: »Cunobelin war der größte Diplomat seiner Zeit. Caradoc sagte einmal von seinem Vater, dass dieser jeden Mann in dem Spiel übertreffen könnte, das sich der Kriegertanz nennt, und dass er im Grunde nie aufhörte, mit anderen sein Spiel zu treiben. Seine Manipulationen und Machenschaften zogen zwar seine gesamte Familie in Mitleidenschaft, schützten aber dafür sein Land. Fünf Jahrzehnte lang wägte er die Wünsche Roms gegen die Bedürfnisse seines Volkes ab und hielt auf diese Weise die Legionen von unseren Küsten fern.«
    »Du mochtest ihn wohl nicht?«, fragte Theophilus, dem ihr Ton deutlich mehr verriet als die Worte.
    »Er war der Vater von Caradoc, den ich sehr geliebt habe, und Caradoc wiederum ist der Vater aller meiner drei Kinder. Nein, du hast recht, ich mochte Cunobelin nicht. Mit der Zeit lernte ich, ihn und alles, was er zu tun versuchte, zu respektieren, mehr aber auch nicht.«
    »Dann sollten wir vielleicht besser nicht zu seinem Grabhügel hinuntergehen«, meinte Theophilus. Er hatte sein Kinn auf die Faust gestützt und starrte grübelnd in die Ferne. »Nachdem du wieder gegangen warst, hatte ich reichlich Zeit zum Nachdenken, bevor schließlich dein Kriegsheer die Stadt überfiel. Und da schien es mir so, als hätte der Grabhügel etwas an sich, das, nun ja... anders ist, als könnte er dir auf die gleiche Weise dienen, wie der Tempel des Asklepios den Griechen dient.«
    »Du meinst, ich könnte dort meine Heilung träumen?«
    »Zumindest die Anfänge deiner Heilung. Möglicherweise. Ich kann natürlich nicht dafür garantieren.«
    »Kein Heiler garantiert jemals für etwas. Und wenn er es täte, würde ihm keiner glauben.« Breaca rieb einen letzten Klumpen getrockneten Blutes aus Stones Nackenfell und erhob sich. »Wir sollten jetzt weitergehen.«
    Während sie im Rhythmus von Theophilus’ raschelnden Gewändern dahinschritt, fiel es ihr schwer, nicht unwillkürlich wieder an die Feindschaft zwischen den Söhnen Cunobelins zurückzudenken, an die Stimmung und die dicht unter der Oberfläche schwelenden Konflikte

Weitere Kostenlose Bücher