Die Kriegerin der Kelten
bekommen. Und um das zu schaffen, reicht es nicht, zu Fuß loszumarschieren, sondern wir müssen reiten, so schnell wir nur irgend können.«
XXV
»Ich werde dich lehren, wie man kämpft«, erklärte Hawk auf der Insel Mona.
»Nein«, stöhnte Graine. Sie saß auf einem Stein nahe dem Fluss, an dem die Bachstelzen jagten. Sanft ließ eine Birke ihre jungen Zweige durch das Wasser gleiten, während hoch in den Lüften über dem kleinen Hügel die Lerchen tirilierten. Es war absolut windstill. Unter dem strahlend blauen Himmel breitete sich gräulicher Rauch, der vom Großen Versammlungshaus aufstieg, wie eine schleierfeine Wolke über den Horizont. Zwischen den Krieg und das Jetzt hatten sich bereits wieder ein kompletter Tag und eine komplette Nacht geschoben, die Schlacht war nurmehr eine schwache Erinnerung - und Graine verspürte nicht das geringste Bedürfnis, deren blasse, doch nach wie vor grausame Bilder in ihrem Gedächtnis wieder aufzufrischen.
Hawk stand ihr unmittelbar gegenüber, jedoch auf der anderen Seite des schmalen Stroms. Er hatte ein rätselhaftes Bündel mit sich geschleppt, das er nun vorsichtig auf dem Boden ablegte. Gelassen lehnte er sich gegen den Stamm der Birke und betrachtete durch die tief herabhängenden Zweige hindurch mit nachdenklichem Blick seine Schutzbefohlene. Sein Haar war noch nass; er hatte in dem Teich etwas weiter flussabwärts ein Bad genommen. Glatt und schwarz schmiegten sich die Strähnen an seinen Kopf, ganz ähnlich einem Otterfell, während die Habichtsfeder locker von dem Haarknoten an seinem Hinterkopf herabbaumelte. Die Frühlingssonne hatte bereits eine leichte Bräune über seine Haut gebreitet, die noch immer vollkommen makellos war, wenn man einmal von der Eidechsentätowierung, seinem Stammessymbol, absah, das sich über seinen Arm emporschlängelte, und von der grünlich schimmernden Wunde an seiner Unterlippe, die Valerius ihm mit seinem Messer zugefügt hatte.
Doch selbst diese kleine Verunstaltung war fast gänzlich wieder verblasst, und Hawk konnte bereits wieder lächeln, ohne gleichzeitig das Gesicht zu verziehen. Und genau dieses geradezu entwaffnende Lächeln glitt nun über seine Lippen. »Dein Großvater gab sein Schwert in meine Obhut, damit ich dafür sorge, dass diese Klinge stets in deiner Nähe bleibt. Und dann bist du gestern vom Strand zurückgekommen und hast noch ein weiteres Schwert mitgebracht«, begann Hawk. »Ich dachte also, dass es mittlerweile an der Zeit wäre, dass du wenigstens mit einem dieser Schwerter auch einmal umzugehen lernst.«
»Die sind aber doch beide viel zu groß für mich.« Misstrauisch ließ Graine ihren Blick über Hawks gesamte Gestalt schweifen. »Du magst ja vielleicht in der Lage sein, Eburovics Ahnenklinge zu schwingen, ich aber kann das nicht. Zumal dir, im Gegensatz zu Cunomar, niemand verboten hat, diese Waffe in die Hand zu nehmen. Und das Schwert, das ich gestern vom Strand aufgelesen habe, könnte dir sicherlich auch recht gute Dienste leisten, wenn du vom Rücken deines Pferdes aus kämpfst. Das heißt, falls du jemals von einem Pferd aus kämpfen solltest.«
Graine glaubte zwar nicht, dass sie Hawk mit dieser Erklärung dazu bewegen könnte, wenigstens eines ihrer beiden Schwerter anzunehmen, doch sie hoffte, dass er dennoch erkannte, wie ernst es ihr mit dem Entschluss war, niemals eine Waffe führen zu wollen, und dass Hawk sie nun endlich in Ruhe lassen würde. Sie wollte, dass er wieder verschwände, dieser schlanke junge Mann mit den strahlenden Augen und dem vor Begeisterung regelrecht glühenden Herzen. Hawk, der Graine sein Leben gewidmet hatte, ohne dass sie ihn darum gebeten hätte. Dieser Mannjunge, der ihr quer über Land und Meer gefolgt war, stets das schwere Kriegsschwert ihres Großvaters auf den Rücken geschnallt, ganz so, als ob es ihm geradewegs aus den Schultern wüchse.
Schon am Tag zuvor hatte Graine sich gewünscht, dass er sich von ihr lösen möge und sich endlich wieder dem Kämpfen widmete. Und dies wünschte sie sich nicht etwa, weil man ihn in der Schlacht gegen die Römer so dringend gebraucht hätte, und auch nicht, weil sie gerne sehen wollte, wie er explizit für sie, Graine, kämpfte. Sondern einfach bloß aus dem Grund, weil es ihr so unsäglich schwerfiel, nur so neben ihm zu sitzen und zu beobachten, wie er vor Anspannung regelrecht zitterte, während er tatenlos dabei zusehen musste, wie am Strand von Mona die Träumer gegen die Legionare fochten.
Er war
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