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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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dunstverhangene Sonne stieg derweil immer höher am Himmel empor, und die Konturen der Tempelmauern bekamen langsam eine sichtbare Tiefe aus Licht und Schatten. Entlang der steinernen Brüstung, die die riesige Anlage umschloss, ließ die Anspannung spürbar nach. Männer und Frauen stellten ihre Schilde auf den Boden, tranken etwas Wasser und aßen Räucherfleisch und die eine oder andere Handvoll gewässerter Gerste. Dann waren auch wieder die ersten Unterhaltungen zu hören, und nach und nach verdrängten der Rhythmus und das Beben schier unzähliger Stimmen die Stille. Nun gab es nichts mehr, auf das die Krieger noch warten mussten, ausgenommen das Zeichen ihrer Anführerin. Jenes Signal, mit dem schließlich eine neue Zeitrechnung anbrechen sollte und der letzte große Sturm über Camulodunum wüten würde.
    Vorerst aber verließ Breaca ihre Stellung und ging zu Airmid und den Kindern, die sich in dem zerstörten Halbrund des Theaters eine vergleichsweise sichere Nische gesucht hatten, ganz in der Nähe jener Stelle, an der einst Eneit gestorben war. Es war schwer, diesen Teil des Theaters zu betrachten und sich nicht unwillkürlich wieder an das Sterben des Jungen erinnert zu fühlen. Breaca ging außen um den Rand herum, da sie nicht die mit Sand ausgestreute Innenfläche betreten wollte, über die damals ihr tödlicher Speer gesaust war.
    Die Mädchen befanden sich ganz am Rande der Anlage, in der ersten der Sitzreihen. Auch Theophilus, den sie bereits kannten, war zu ihnen geeilt. Eines der Mädchen saß auf seinem Knie, zwei weitere hatten sich an seine Hüfte geschmiegt. Vorsichtig reinigte er ihre Hände und Beine mit einem Bausch aus Schafswolle, den er zuvor in Wasser und Rosmarinöl getaucht hatte. Zwei Tage und zwei Nächte lang waren die Mädchen in einem steinernen Gefängnis ohne Licht und frische Luft eingepfercht gewesen, hatten Nahrung, Wasser und die Latrinen in den Ecken mit rund fünfhundert weiteren Menschen teilen müssen, und das alles ohne die geringste Möglichkeit, sich einmal zu waschen.
    Drei der Kinder waren dankbar für Theophilus’ liebevolle Gesten, und auf ihren Gesichtern zeichnete sich eine gewisse Erleichterung ab. Das vierte Mädchen aber hatte sich von der kleinen Gruppe distanziert, klammerte sich an den hölzernen Hund, mit dem man es nach draußen geschickt hatte, und starrte stumm geradeaus. Das Haar der Kleinen war rostrot, während das der anderen Mädchen mehr einem schmutzigen Strohblond glich, und ihre Augen waren eher grün als blaugrau, so wie die ihrer Gefährtinnen. Zudem hatte ihre Nase einen leicht dinarischen Zug. Von allen vieren roch dieses Mädchen am eindringlichsten nach Kot und dem bitteren Geruch von Männerurin.
    Airmid war kurz verschwunden gewesen, kehrte aber gleich darauf wieder zurück. »Ich möchte ihnen so gerne etwas zu essen geben. Leider habe ich nur das hier gefunden. Viel ist es ja nicht gerade... Aber immer noch besser als das, wovon sie an den letzten beiden Tagen leben mussten.«
    Doch nicht nur die Kinder, sondern auch der Rest der Belagerten und sogar die Belagerer selbst hatten schon lange nicht mehr etwas so Köstliches genießen dürfen. Vorsichtig öffnete Airmid einen kleinen Korb aus Weidengeflecht, worin sich in Malz eingelegte Graupen befanden und einige noch warme Hafermehlkuchen, denen lediglich ein bisschen Milch fehlte, sodass sie etwas trocken waren. Und dann zauberte Airmid auch noch Honig hervor. In einer gebrandschatzten Stadt in der Gewalt eines Kriegerheeres, das kaum genügend Nahrung bei sich führte, um selbst davon leben zu können, hatte Airmid doch tatsächlich Honig gefunden. Nicht einmal Theophilus hatte noch Honig in seiner Apotheke gehabt.
    Und trotz all der Angst und der Anspannung und des Hasses auf all das Elend, das der Tag ihr nun zweifellos noch bescheren würde, musste Breaca doch hart schlucken und all ihre Willenskraft aufbieten, um jetzt nicht einfach nach dem Korb zu greifen. Die drei Mädchen, die sich an Theophilus’ Knie drückten, kannten derlei Hemmungen nicht. Zwei Tage, während der sie lediglich rohes Getreide zu essen bekamen, hatten sie für solcherlei wohlmeinende Bestechungsversuche sehr empfänglich gemacht, zumal wenn diese aus Malzgraupen und Honig bestanden. Gierig nahmen sie sich, was man ihnen anbot, und stopften mehr in ihre Münder, als sie schlucken konnten.
    Das vierte Mädchen allerdings, jenes mit dem dunkleren, fast schon rostfarbenen Haar, das noch immer den Holzhund

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