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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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ihr Kraft, schenkte ihr Mut und trieb sie immer weiter voran. Sie setzte ihre Füße genau dorthin, wo man es ihr sagte, grub die Finger in den Fels und entfloh damit schließlich dem Wahnsinn der Angst, der sie ansonsten ganz sicherlich um den Verstand gebracht hätte. Und dann - eine ganze Ewigkeit schien zwischenzeitlich vergangen zu sein - hatte der qualvolle Abstieg endlich ein Ende. Graine hatte wieder festen Boden unter den Füßen. Sie stand mitten zwischen zwei üppig belaubten Birken, deren Äste weit hinabhingen, klammerte sich an den Hirschkrieger und erlaubte ihm sogar, ebenfalls die Arme um sie zu schließen und ihr Halt zu geben, bis das Zittern wieder aus ihrem Körper gewichen war.
    Verglichen mit dieser Kletterpartie war der kurz darauf folgende Aufstieg hinauf zur Höhle der Ahnen das reinste Kinderspiel. Diesmal war der Anführer der Krieger jedoch nicht Graine behilflich, sondern Bellos. Keiner der anderen Männer mochte Bellos noch länger begleiten, denn dieser sah einfach zu viel. Dem Anführer und Bellos dicht auf den Fersen kraxelte Graine abermals an der weißen Felsklippe entlang und dann jenen schmalen Pfad hinauf, der sich bei näherem Hinsehen als eine Reihe von kleinen Stufen und Haltemöglichkeiten erwies, die Menschen einst in den Fels gemeißelt hatten. Schließlich ging es noch über einen schmalen Felsvorsprung, der so breit war, dass man auf ihm gehen konnte. Dieser Pfad lief einmal um eine Felskante herum, und ganz unvermittelt erreichten die Kletterer plötzlich die Höhle. Fast schon schien es ihnen, als ob nicht sie diesen magischen Ort erreicht hätten, sondern als ob die Höhle mit einem Mal vor die Menschen getreten wäre.
    Riesig wie der Rachen eines jagenden Bären klaffte ihre Öffnung vor ihnen auf, weit genug, um sie alle mit Leichtigkeit zu verschlingen. Farnwedel baumelten über dem bogenförmigen Eingang hinab, säumten den felsigen Rachen mit grünen Zähnen. Abrupt blieb Bellos stehen, folglich hielt auch Graine inne. »Dies ist ein Ort, den bereits die Ahnen aufgesucht haben«, sagte er leise. »Die Höhle ist noch älter als das Große Versammlungshaus auf Mona.«
    Liebevoll strich der Anführer der Hirschkrieger mit der Hand über das Gestein, ganz so, als ob diese Höhle hier sein Werk sei, das ihn nun mit gerechtem Stolz erfüllte. »Sogar noch älter als Grabhügel von Ahnen. Da sind Knochen von Rotwild in der Höhle mit Jahresmarken, die fünfzig Generationen zählen. Und die Knochen waren schon alt, bevor das Markieren der Jahre begann.«
    Es schien ganz und gar unmöglich, sich eine so lange Zeit vorzustellen. »Das ist ja noch älter als Rom«, bemerkte Graine voller Staunen.
    Der Anführer schaute sie an, blickte in sie hinein und schien überrascht über das, was er sah. Er dachte einen Augenblick lang nach, dann trat er ein Stück zurück und schob die Farnwedel beiseite. An den Wänden prangten Zeichnungen, Darstellungen von Männern, über deren Körper rote Streifen verliefen und aus deren Schädel Geweihe hervorragten.
    »Hier versammelten sich schon die Träumer des Hirsches, als Rom noch nicht mehr war als ein Dorf mit drei Hennen und einer krepierenden Kuh«, erklärte er in einem Tonfall, der mit einem Mal deutlich weniger fremd klang als noch vor kurzem, ganz so, als ob der Krieger nun nicht mehr länger das Bedürfnis verspürte, sich durch die Wahl seiner Sprache künstlich von den Fremden zu distanzieren. Genau genommen sprach er jetzt sogar mit der gleichen, leisen Eindringlichkeit, mit der auch Luain mac Calma oder Valerius oder, wenngleich weniger häufig, Breaca sprachen. »Wir wollen, dass die Träumer des Hirsches auch dann noch hier leben und ungehindert ihren Visionen nachhängen können, wenn Rom endlich wieder zu jenem Dorf verkümmert ist, aus dem es einst entstand. Ihr, die ihr für das gleiche Ziel kämpft wie wir, seid uns willkommen. Die Höhle wird euch schützen, wenn der dunkelste Teil der Nacht anbricht, die Zeit, bevor der Mond aufgeht.«
    Als Graine und ihre Gefährten durch den Eingang der Höhle traten, fühlten sie sich schon ganz anders, weniger wie Gefangene, die nur unter Zwang handelten, sondern mehr wie Gäste, die einem Ritus beiwohnen durften, der schon bald beginnen sollte. Ein feines Kitzeln durchzuckte das Lehmzeichen auf Graines Stirn, es schien wieder frisch, wie gerade erst aufgemalt. Sogar die Farbe war wieder heiß, als ob sie gerade erst aus den glühenden Mischpfannen geschöpft worden wäre.

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