Die Kriegerin der Kelten
andere aus einer Schlacht zu retten. Als seine Gefährten fertig waren, sah Hawk mit einem Mal wie verwandelt aus.
Nachdenklich bemerkte Dubornos: »Obwohl sie dich natürlich als Coritani haben wollen, und nicht als Eceni...«
»Na, dann sollen sie mich eben wieder abschmücken«, entgegnete Hawk mit einen Grinsen. »In jedem Fall werden sie dann wissen, dass sie es waren, die mich zu dem stilisiert haben, den sie gerne sehen wollen.«
Der Ritus des gehörnten Gottes begann mit drei jungen Frauen, die über und über mit schwarzen Spiralen bemalt waren und die auf kleinen Flöten spielten, welche aus Rotwildgeweihen geschnitzt waren. Die Flöten gaben tiefe, sanft hallende Töne von sich, ganz ähnlich denen der Nachtvögel.
Die Musik wurde lauter, dann wieder leiser und umwob Hawk mit einem Gespinst aus Klängen, ganz ähnlich den Maschen, mit denen ein Fischernetz sich immer dichter um einen Lachs schließt, bis die Flöten Hawk schließlich von den anderen fortgelockt hatten und er unmittelbar vor der Feuerstelle stand. Die Krieger bedeuteten ihm, dass er nördlich der Flammen stehen bleiben sollte, dem Platz des Jägers, des Kriegers, des gehörnten Gottes. Der Zeremonienmeister war der gleiche Mann, der Graine und ihre Mitreisenden gefangen genommen hatte. Stolz richtete er sich auf, war aber trotz seiner kräftigen Statur deutlich kleiner als Hawk. Außerdem fehlte ihm das glänzende Haar, das Hawks Kopf zierte, und seine bronzene Haut war einfach nur bronzebraun, sonst nichts, während Hawks gebräunter Körper eine perfekte Symbiose einging mit dem gleichfarbigen Armreif und dem Bernsteinschmuck, den er um seinen Hals trug und dessen Perlen nun beinahe wie flüssiges Gold schimmerten. Nicht zuletzt trug der Hirschkrieger auch keinerlei Kriegerfedern, weder solche mit einem roten Band um den Kiel, noch solche ohne dieses besondere Kennzeichen, und alles in allem wirkte der Zeremonienmeister weitaus unbedeutender als sein Opfer und wusste dies auch.
»Die Coritani verehren den Gehörnten mehr als jeden anderen Gott, mit Ausnahme von Briga, natürlich. Und dennoch senden wir unseren Göttern kein Leben, das nicht freiwillig gegeben wurde«, erhob Hawk die Stimme.
»Auch wir tun das nicht«, widersprach der Anführer. »Und wenn du verstehst, was wir von den Göttern erbitten und was die Götter im Gegenzug dafür von uns verlangen, wirst du deinem Tod bereitwillig und mit offenen Armen entgegenschreiten. Die Musik und der Tanz sind nur dazu da, um dir das Übertreten in das Land hinter dem Leben zu erleichtern.«
Drei junge Männer, geschmückt mit weißen Streifen, führten Gunovar zu Hawk hinüber. Sie hinkte, gezeichnet von den Grausamkeiten der römischen Inquisitoren, und hatte sich auch keinerlei Schmuck angelegt. Dennoch wirkte sie sehr würdevoll. Vorsichtig nahmen die Männer ihr den Stirnreif der Träumer ab und reichten ihr stattdessen eine Halskette, die aus den Rückenwirbeln eines Hirsches gefertigt war.
Die Hirschkrieger stellten sich in zwei parallelen Reihen auf. Dann nahmen die beiden Vordersten jeweils einen der Hirschschädel auf und begannen, rhythmisch mit einigen Knochen darauf zu schlagen, ganz ähnlich, wie auch die Tänzer der Bärinnenkrieger auf ihre Schädeltrommeln schlugen, nur dass das Trommeln der Hirschkrieger ein wenig harmonischer klang.
Der Zeremonienmeister ergriff sein Messer und fügte dem Opfer des Ritus eine weitere Schnittwunde zu. Unbeweglich stand Hawk da und ließ den Krieger gewähren. Anschließend trat der Anführer wieder einen Schritt zurück, stieß abermals einen lauten Schrei aus und schien sich damit wieder halb in einen Rothirsch zu verwandeln.
»Hinaus. Alle.« Energisch fuchtelte er mit den Armen. »Wir alle, vom Jüngsten bis hin zum Ältesten, werden nun draußen unseren Tanz beginnen, um unter dem Licht der Sterne und dem Schein des gehörnten Mondes den Gott willkommen zu heißen«, erklärte er in mittlerweile auffällig geschliffener Sprache.
XXXV
Nur Ardacos vermochte durch das Land der Cornovii zu reisen, ohne getötet zu werden.
Die Pfadbereiter der Briganter, die der eigentlichen Reisegesellschaft vorauseilten, um die Strecke zu sichern, waren schnell und leise und hinterließen keinerlei Spuren. Dennoch übersahen sie den Späher, der sie von einer Hügelkuppe aus beobachtete. Ardacos dagegen hatte den jungen Burschen entdeckt, spürte ihn auf und tötete ihn. Als Beweis kehrte er mit dem Messer des Cornovii zurück, einer
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