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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Hinter dem klaffenden Schlund der Höhle verschmälerte sich der Rachen wieder. Eine schmale Spalte führte vom Vorraum ins Innere des Kalksteinberges. Der Durchgang, durch den Graine Efnís nun folgte, war deutlich schmaler als die riesigen Höhlenöffnungen in den Bergen im Westen des Landes. Zugleich aber war es hier auch heller, weißer, und der Innenraum war trotz allem noch groß genug für eine Feuerstelle und jene Dutzende von Kriegern, die sich hier offenbar rituell um das Feuer versammelten.
    Die Höhle ragte weit in den Fels hinein, und die Eingangsspalte wurde flankiert von zwei skelettierten Hirschschädeln. Quer über die gewölbeartigen Kalksteinwände verliefen weitere Zeichnungen von Hirschen und Pferden und Hasen und Männern, die sich in Hirsche verwandelt hatten und um ein mit wenigen Strichen skizziertes Feuer tanzten.
    Mitten in der Höhle und zugleich so weit von ihrem Eingang entfernt, dass sein Licht nicht bis nach außen vordrang, brannte ein Feuer. Rauch erfüllte die Luft, gewürzt mit dem feinen Duft nach Kiefernnadeln, grüner Eiche und dem angesengten Haar irgendeines Tieres. Schon hatte sich eine Gruppe von Hirschkriegern um die Feuerstelle versammelt, zu viele, als dass Graine sie nun alle hätte zählen können.
    Und ganz ähnlich einer Herde Rotwild wurden auch Graine und ihre Begleiter hastig in eine Ecke - die hinterste Ecke - der Höhle gescheucht. Dort überließ man sie zunächst sich selbst. Graine setzte sich auf den Boden, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und versuchte, langsam wieder etwas ruhiger zu atmen. Ein Junge kam auf sie zu und bot ihnen Haferkuchen an, die über den Flammen nur leider bereits so schwarz verbrannt waren, dass man sie kaum noch als Gebäck erkennen konnte.
    »Sie geben uns zu essen«, bemerkte Dubornos leise. »Wir sollten uns also geehrt fühlen.« Er klang wie Valerius, in seiner Stimme schwang die gleiche, trockene Ironie mit. Doch im Grunde war diese Ironie nur eine Art Verteidigungsstrategie gegen seine Angst. Noch niemals zuvor hatte Graine dies mit einer solchen Klarheit begriffen.
    »Das hier ist ein Gottesmahl. Damit wollen sie uns als Anhänger des Gehörnten auszeichnen. Außerdem werden sie wohl einen Hirsch erlegt haben. Und von uns wird dann erwartet werden, dass wir von dem Fleisch essen, ehe der Mond wieder verblasst. Ich gehe nicht davon aus, dass das Fleisch gegart sein wird.«
    »Dann haben sie das Feuer also nicht zum Kochen, sondern für andere Dinge entzündet?«, fragte Bellos, erhielt jedoch keine Antwort.
    Hawk betrat die Höhle als Letzter von ihnen. Er stand mit dem Rücken zum Kalkgestein und starrte in die Nacht jenseits der Höhlenöffnung hinaus. Erst vor kurzem war ein tosender Sturm durch die Atmosphäre gebraust und hatte kühle, feuchte Nachtluft hinterlassen. Irgendwann im Verlaufe des Abstiegs von dem oberen Felsplateau hatte man ihnen allen die Waffen weggenommen, allein Hawk war entkleidet worden. Über seinen Körper verlief nun eine klaffende Wunde, sie reichte von seiner Hüfte über seine Schulter bis hinauf zu seiner Augenbraue und blutete so stark, als ob sie ihm gerade eben erst zugefügt worden war.
    Graine rutschte über den Boden, um dichter bei ihm sitzen zu können. »Hast du vielleicht eine Ahnung, was sie gleich vorhaben?«
    »Was sie mit dir vorhaben? Gar nichts haben sie mit dir vor. Keiner von ihnen würde es wagen, dir etwas anzutun. Selbst hier wird dem Namen der Bodicea nicht weniger Bedeutung beigemessen als den Namen der Götter.«
    Vorsichtig hatte er sich mit den Schultern gegen die Wand gelehnt. Nun verliefen dort einige blutige Streifen von Wunden, die man, ganz ähnlich der Wunde an seinem Oberkörper, auch seinem Rücken zugefügt hatte. Hawk glänzte, seine Haut schien überzogen von einem feinen Schweißfilm, und über seine Arme breitete sich eine Gänsehaut.
    »Ich habe nicht gefragt, was sie mit mir vorhaben«, widersprach Graine. »Ich will wissen, was sie mit dir anstellen werden.«
    »Ich weiß es nicht.« Zum ersten Mal seit dem Beginn ihres Gesprächs schaute er nach unten, wandte den Blick ab von der Höhlenöffnung und der dahinter lauernden Nacht. »Wenn wir noch klein sind, erzählen unsere Mütter uns alle möglichen Geschichten, damit wir vor Angst aufkreischen und große Augen machen und bis zur Morgendämmerung im Großen Rundhaus bleiben. Damals hatte ich diese Geschichten natürlich geglaubt, so wie eben alle Kinder ihren Müttern glauben. Auf der anderen

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