Die Kriegerin der Kelten
Ritual also doch auf dem Wege, wie Efnís ihn bereits entworfen hat. Also, Dubornos, du und ich, wir sollten das Ritual nun vollziehen.«
Aber der Augenblick, um das Ritual noch nach dem vorgeschriebenen Zeremoniell zu vollenden, war verstrichen. Selbst Graine konnte das spüren. Dubornos schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht als der gehen, der ich nun bin? Verlangen die Götter wirklich von mir, dass ich zuerst noch meinen Samen hier auf der Erde zurücklassen muss, ehe ich gehen darf? Ich trete doch schließlich nicht ohne Opfergabe hinüber in das Land hinter dem Leben, sondern ich komme mit der Bitte, dass die Götter uns helfen mögen in unserem Kampf. Ist das denn nicht Opfer genug?«
Es war Sûr mac Donnachaidh, der Stammesälteste der Hirschkrieger, der schließlich erwiderte: »Der rechte Zeitpunkt, um die Saat zu setzen, ist ohnehin verstrichen. Wir werden jetzt einem neuen Pfad folgen müssen. Dem Fuchsmann soll gewährt werden, worum er uns ersucht. Ansonsten würden die Götter das Geschenk seines Lebens auch nicht annehmen.« Er sprach die Wahrheit, und das war nicht nur den Menschen bewusst.
Der neue Tag zog herauf, die Nacht wich zurück. Schon bald würde die Sonne das Licht des Mondes überstrahlen, würde der Tag die Nacht umschließen. Die Zahl der Herzschläge, die bis zu diesem Augenblick noch verstreichen würden, reichte nicht mehr bis ins Unendliche.
»Wir sollten beginnen«, sprach Efnís. »Dubornos, auf welche Art sollen wir...«
Graine hörte, wie Bellos durch zusammengebissene Zähne scharf die Luft einsog, und spürte, wie eine Gänsehaut sich über ihre Oberarme breitete.
»Der dreifaltige Tod. Es muss dieser Tod sein«, sagte Dubornos.
Diese Art zu sterben war noch älter als das Ritual, das die Stammesältesten der Hirschkrieger für Hawk geplant hatten, und es erwies den Göttern eine noch größere Ehre. Mit einem langen Seufzer ließ Bellos die Luft wieder aus seinen Lungen entweichen. »Gut gemacht. Sehr gut gemacht«, flüsterte er so leise, dass Graine nicht glaubte, dass er zu ihr gesprochen habe.
Efnís nickte, fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und entgegnete: »Wer soll es ausführen?«
Graine hätte nicht gedacht, dass Dubornos ein derart großer Entscheidungsspielraum gelassen würde. Plötzlich schien der Stein in ihrer Hand sehr schwer geworden zu sein, sodass sie ihn am liebsten einfach fallen gelassen oder ihn weit von sich geschleudert hätte. Und doch vermochte sie nichts von beidem. Dubornos’ Blick schweifte nach rechts, genau dorthin, wo Graine zwischen ihren Gefährten stand. Ihr Herz schien einen Schlag auszusetzen, hob dann, mit einem geradezu donnernden Poltern, aber erneut zu seinem beständigen Rhythmus an, während Dubornos sie anlächelte und der Abschied klar in seinen Augen zu lesen war. Dann schweifte sein Blick weiter, er schaute Cygfa an, die ohnehin schon bleich war und nun so blass wurde wie der Mond. Auch von Cygfa verabschiedete er sich mit einem langen Blick und ohne Worte - es schien, als stockte ihr der Atem für die Dauer dieses Blicks. Schließlich, etwas weniger bedächtig, sah er Hawk an und tauschte mit Bellos’ blinden Augen diesen seltsamen einvernehmlichen Blick und dann mit den Stammesältesten der Hirschkrieger und mit Gunovar, und erst ganz zum Schluss sah er Breaca an, und damit war klar, auf wen seine Wahl gefallen war.
Er kniete nicht nieder, wenngleich er daran gedacht hatte, sondern trat einfach nur ein Stückchen vor, um jener Frau in die Augen zu sehen, die ein wenig abseits des Rests der Gruppe verharrte. Seit sie den Platz in der Heide erreicht hatten, hatte Breaca schon dort gestanden, jene Frau, die den ganzen Weg vom Ritualplatz aus stets unmittelbar hinter ihm, Dubornos, gerannt war, und die ihren Rücken nun der aufgehenden Sonne zugewandt hatte, die alles Licht des Tages und alles Licht der Nacht in ihrer Erscheinung vereinigte, sodass sie genau auf der Trennlinie zwischen beiden stand und strahlend beide in sich aufnahm, beide verkörperte.
Alles, was Dubornos zu geben bereit war, und alles, worum er die Bodicea nun bitten wollte, war klar an seinen Gesichtszügen abzulesen. Er entbot ihr den Kriegergruß der Eceni und sprach: »Breaca, würdest du das für mich tun?«
Nicht nur am Himmel, auch in Breacas Bewusstsein dämmerte es. Deutlich hörte sie Dubornos ihren Namen sagen.
Ein Leuchten ging von seinem Gesicht aus. Breaca wunderte sich, warum ihr noch niemals zuvor aufgefallen war, wie
Weitere Kostenlose Bücher