Die Kriegerin der Kelten
wobei sie sich versetzt angeordnet hatten, sodass nur jeder Zweite unmittelbar an der Frontlinie ritt, sein Schildkamerad aber ein Stückchen zurückversetzt folgte. Auf diese Weise schützten die an der Innenkante Aufgereihten die Seiten und Rücken ihrer Partner, während die außen reitenden Legionare jeweils die andere Seite und die Front ihrer Kameraden verteidigten.
Flavius hatte das Kommando über die Bogenschützen übernommen. Seit dem letzten Herbst hatte die Quinta Gallorum ein Dutzend berittener Bogenschützen aus Skythien in ihre Reihen aufgenommen, wenngleich sie dieser Luxus einen geradezu wahnwitzigen Betrag kostete. Außerdem kleideten die Skythen sich nur in Seide, was dazu führte, dass sie sich fast täglich über die Kälte beschwerten. Natürlich beklagten sie auch den Matsch, und immer wieder musste das gesamte Heer auf sie warten. Nicht zuletzt bekamen sie von dem nur für sie tätigen Koch auch noch heißes, gewürztes Rindfleisch serviert, Oliven und vorzüglichen Wein. Und sie trainierten nur im Verborgenen, sodass während ihrer Übungen überall um sie herum Legionare darauf achten mussten, dass sich ja keine feindlichen Späher an sie anschlichen. Nun aber war der Augenblick gekommen, da man ihre Dienste endlich einmal in Anspruch nehmen könnte, um sie gegen einen vollkommen unvorbereiteten Feind einzusetzen. Jetzt zeigte sich, dass die Unsummen von Geld und die Hätscheleien es also doch wert gewesen waren, und nicht ein Einziger unter den Legionaren missgönnte den Bogenschützen auch nur eine Olive.
Flavius, als der Verantwortliche für das Wohl und Wehe der skythischen Bogenschützen, hatte eine geradezu persönliche Zuneigung für diese fremdländischen Männer entwickelt, was wohl jenem Gefühl glich, das auch der atrebatische Hundepfleger für die blauhäutigen Hunde des Gouverneurs empfand. Zumal sowohl der Hundeführer als auch Flavius ihre Schützlinge aus exakt demselben Grund liebten: Sie machten ihre Beschützer zu jemand Besonderem. Flavius hatte sich sogar die Zeit genommen, ein wenig die Sprache der Skythen zu lernen, was deutlich mehr war, als irgendeiner der anderen Soldaten unternommen hatte, um mit den Fremden ins Gespräch zu kommen. Und klar wie eine Glocke brüllte er ihnen nun seine Befehle entgegen.
Genauso wie die Hunde des Gouverneurs, so sehnten sich auch die Reiterbogenschützen danach, endlich aus dem Trott des Marsches ausbrechen zu dürfen und zum Angriff überzugehen. Kaum dass Flavius’ erster Befehl ertönte, spannten sie die Sehnen an ihren kleinen, doch meisterhaft geschwungenen Bogen und wählten sich ihre Pfeile aus den Köchern an den Schultern ihrer Tiere. Leise und unauffällig legten sie ihre Pfeile auf die Kerben, sodass möglichst keiner der lauernden Krieger von ihren Vorbereitungen erfuhr.
Der Rest der Truppe ritt in gemäßigtem Tempo einfach weiter. Keiner wandte sich um oder deutete gar ins Gebüsch, und man tat auch sonst nichts, das die Aufmerksamkeit der Feinde hätte auf sie ziehen können. Ihre Anweisungen, was derlei Situationen betraf, waren absolut unzweideutig. Geschützt wurden sie zu beiden Seiten von den Flankenkavalleristen, die die Order erhalten hatten, notfalls ihr Leben zu lassen, um damit ihr Heer zu schützen.
Gemäß dem Befehl, den er soeben an die Legionare ausgegeben hatte, ritt Corvus nun zügig bis ganz ans Ende des Zuges, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzuschauen. Flavius salutierte nachlässig und entbot Corvus damit weniger den vorgeschriebenen Gruß, sondern mehr eine freundschaftliche Geste, während Ursus ihm lediglich knapp zunickte. Ihn bewegte die gleiche Frage wie auch Sabinius, nur dass Ursus sie mit noch weniger Feingefühl hervorbrachte: »Ist es Valerius? Denn falls er es ist, dann weiß er zumindest, was wir mit ihm anstellen werden, und vor allem auch, wie wir es mit ihm anstellen werden.«
»Nein, es ist nicht Valerius. Der ist nicht hier. Und trotzdem könnte er es gewesen sein, der den letzten halben Monat damit zugebracht hat, jene zu trainieren, die nun hier auf uns lauern.«
»Was sollen wir also tun?«
»Sie niedermetzeln«, entgegnete Corvus mit grimmiger Miene. »Und beten, dass Valerius nichts von den Bogenschützen weiß. Die Schützen sollen sich strikt auf die linke Seite konzentrieren, denn von dort aus droht die ärgste Gefahr.«
»Das ist Corvus, jener Mann, den Valerius auf den Hügeln über Lugdunum gesehen hat. Er ist der Anführer der Kavallerie. Und er ist
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