Die Kriegerin der Kelten
tatsächlich alle in diesem einen Zug.«
Braint hatte ihm bereits am Abend zuvor, als die Feuer der Legionen noch nicht mehr gewesen waren als einige heiße Punkte am Horizont, von der im Verborgenen lauernden Gefahr berichtet. Ihr eigenes Feuer bestand aus lediglich drei schwach glühenden Kohlen in einer kleinen Bodensenke. Dicht hatte Braint sich über die bescheidene Glut gebeugt, sodass Cunomar ihr Gesicht rötlich aufleuchten sah, und ihm anschließend erklärt: »Luain mac Calma hat drei Informanten unter den silurischen Spähern im
Dienste der Legionen. Aber sie berichten ihm nur dann etwas, wenn sich ganz besondere, neue Umstände ergeben, und auch das wird Luain nur über einen Mittelsmann weitergegeben. Sollte uns also tatsächlich die unverfälschte Wahrheit erreicht haben, dann haben sie ein Dutzend dunkelhäutiger Bogenschützen erspäht, die sowohl eine Taube vom Himmel schießen können als auch den sie verfolgenden Falken, um sich dann blitzschnell umzudrehen und sowohl einen Hasen als auch den ihn jagenden Hund zu töten, selbst wenn beide in komplett unterschiedliche Richtungen streben. Die Bogenschützen beherrschen all dies nicht nur im Stehen, sondern auch im Sitzen oder auf dem Rücken eines Pferdes. Und sie treffen ihr Ziel in jeder nur erdenklichen Richtung.«
»Wie weit können sie denn schießen?«, hatte Cunomar Braint daraufhin gefragt.
»Zwei Speerwurflängen, wenn sie die anvisierte Zielmarke exakt treffen wollen. Und drei Speerwurflängen, wenn sie auf ein Ziel anlegen, das so groß ist wie ein Krieger.«
»Dann brauchen wir also mehr Krieger, als sie Pfeile in ihren Köchern haben. Sonst sind wir erledigt, und die Krieger sind umsonst gestorben.«
»Falsch. Denn mac Calma hat uns zusätzlich zu seiner Nachricht auch fünf Steinschleuderschützen gesandt. Alles, was wir also tun müssen, ist, diese Steinschleuderschützen am Leben zu halten, während sie wiederum die Bogenschützen attackieren. Was meinst du, ob deine Bärinnenkrieger das wohl schaffen könnten?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Cunomar. »Gegen die Kavallerie sind wir ganz klar im Nachteil. Wir können zwar auf sie losstürmen und den Pferden die Fersensehnen durchschneiden, aber das kostet uns zwangsläufig auch etliche Kriegerleben. Dann könnten wir natürlich noch Speere schleudern, doch ich denke, dass die Bogenschützen trotzdem schneller sein werden als wir. Und wir könnten versuchen, sie einfach zu überrumpeln, jedoch stellt sich auch dort das Problem, dass wir nicht genügend Krieger sind, um sie am Ende tatsächlich allesamt niederzustrecken. Und wenn wir sie während der Nacht angreifen, müssten wir erst einmal ihre Schutzwälle überwinden. Außerdem haben die doch spätestens alle zwei Schritte einen ihrer Wachposten aufgestellt, die zudem noch achtmal in einer einzigen Nacht ausgetauscht werden und die ganze Zeit über in höchster Alarmbereitschaft sind. Also, welches Vorgehen würdest du nun vorschlagen?«
Endlich wandte Braint ihr Gesicht von den Kohlen ab und schaute Cunomar an. Lange sah sie ihm einfach nur in die Augen. Ihr Blick war kühl und leidenschaftslos, und die einzige Wärme, die noch darin zu schimmern schien, stammte von den Kohlen. Es war, als ob ein Hund einen mit seinem unverwandten Blick anstarrte, eine Situation, die Cunomar noch nie gefallen hatte. Irgendwann dann entgegnete sie: »Ich schlage vor, dass du die Bärengöttin um Unterstützung bittest und dann einfach dem folgst, was sie dir vorschlägt.«
Genau das tat Cunomar auch, er fragte die Bärengöttin. Allerdings war die Antwort keineswegs eindeutig. Sobald der gehörnte Mond am Himmel aufstieg, hatte Cunomar ihr zu Ehren seinen Tanz begonnen, hatte getanzt, bis er vollkommen erschöpft war und bis der sanfte Rhythmus von auf die Erde trommelnden Händen - so dicht am Feind hatten sie es nicht gewagt, die Schädeltrommeln zu verwenden - ihn aus seinem Körper hob und in die grimmige Obhut jener Göttin übergab, der er sich mit Leib und Seele verschworen hatte.
Cunomar hatte ihren heißen, nach Fleisch stinkenden Atem gerochen, hatte gespürt, wie ihr Fell über sein Gesicht streifte, und dann hatte er plötzlich gesehen, wie eintausend Bären gegen eintausend Kavalleriepferde antraten, wie sie die Tiere der Legionare förmlich zerrissen und letztlich doch nur drei bei diesem Überfall tatsächlich töteten.
Irgendwo in all dem Chaos starb ein Hirschkalb zweimal, und eine in sich verschlungene Schlange
Weitere Kostenlose Bücher