Die Kriegerin der Kelten
Klinge hinabgelockt«, entgegnete Breaca staunend.
Noch niemals zuvor in ihrem Leben hatte sie ein solches Geschenk empfangen. Nachdem sie den Speer wieder entgegengenommen hatte, hielt sie ihn noch ein wenig dichter an die Flammen, und da sah sie die Wirbel von sonnenrotem Kupfer, die in das bläulich schimmernde Eisen der Klinge eingetrieben worden waren, sodass die Klinge das Feuer regelrecht in sich aufzusaugen schien und es dann noch ein wenig heller wieder zurückwarf. Anschließend bewunderte Breaca die Schlangen, die sich in lebensechten Windungen an dem Holz entlangringelten, und sie musterte auch die geschmeidigen Konturen des Hundes, der ebenfalls in Kupfer in das Eisen der Klinge eingebettet lag.
Langsam erhob Breaca sich, wog den Speer in ihrer Hand und stellte fest, dass er perfekt austariert war. Sein Lied war nur sehr leise, und es dauerte eine Weile, ehe sie es über das Knacken und Prasseln des Feuers hinweg hören konnte. Dann aber, als sie die Melodie schließlich in sich eindringen fühlte, beziehungsweise, als die Melodie sich ihr endlich zu nähern vermochte, war das Lied der exakte Kontrapunkt zu dem Lied in ihrer eigenen Seele.
»Finde das Zeichen, das das unsere ist, und nimm es auf in deine Seele.«
»Wie bitte?«
»Die Prophezeiung der Träumerin der Ahnen. Das war die dritte Aufgabe. Ich sollte ein Kriegsheer zusammenrufen und es mit Waffen ausstatten. Dann sollte ich den Krieger mit den Augen und dem Herzen eines Träumers finden. Die letzte Aufgabe lautete, das Zeichen zu finden, das das unsrige ist - das meine, das der Ahnin und das Brigas -, und jenen Platz in meiner Seele zu suchen, an dem dieses Zeichen lebt. Ich hatte immer gedacht, dass ich das alles irgendwann sicherlich noch genauer verstehen würde, und habe mich die ganze Zeit über so sehr darum bemüht... Jetzt aber... Breaca hob den Speer noch ein Stückchen höher, auf dass das ihm innewohnende Licht sanft vor dem Schein des Feuers strahlte, »hast genau du mir diese Antwort gegeben.«
Sie setzte sich wieder, fühlte sich geradezu gewichtslos.
»Mir fehlen einfach die Worte.«
»Du brauchst keine Worte.« Valerius’ Lächeln kam aus seinem tiefsten Inneren, frei von jeglicher Ironie.
Schweigend saßen Breaca und Valerius vor dem Feuer, gemeinsam mit dem Hund und dem Speer. Dann, eine ganze Weile später, ergriff Breaca abermals das Wort: »Drei Aufgaben und drei Antworten. Dieser Moment, an dem alle drei Aufgaben vollkommen erfüllt sind, wäre ein guter Zeitpunkt, um sein Leben zu beschließen.«
»Vielleicht aber wäre dies auch der richtige Augenblick für einen kompletten Neuanfang.« Valerius ließ sich zurücksinken, ein Bein angezogen und die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Sein Blick suchte den ihren. »Morgen spitzt sich all das zu, wofür wir beide, du und ich, je gelebt haben. Zudem besteht noch immer die Chance, dass wir den morgigen Tag sogar lebend überstehen könnten.«
Er war der Bruder, den Breaca einst verloren hatte und der nun langsam wieder zu ihr zurückzufinden schien. Er war in zwei Hälften zerbrochen, nur dass ihm der gleichwertige Umgang mit diesen beiden Hälften besser gelang als Breaca. Auch war sein ganz persönlicher Traum zu ihm zurückgekehrt, der Traum von Hail, der an Valerius’ Seite rannte. Und langsam begriff Breaca, dass dieser Hund nur dann zu erkennen war, wenn Valerius entweder in größter Gefahr schwebte oder aber wenn er seine Seele ganz und gar einem seiner Götter öffnete. Nun ruhte dieser Hund zwischen ihnen beiden, lang gestreckt, warm und dennoch nicht fassbar, eine Silhouette, geformt aus flackerndem Licht und Schatten.
»Es ist wahr«, sagte Breaca, »dass die Götter uns nur führen und nichts von uns verlangen, aber sie schützen uns auch, so glaube ich zumindest, oder verleihen einem jeden von uns zumindest jene Mittel und Wege, um uns selbst zu schützen. Vergiss das nicht in der Hitze des Gefechts.«
Nach einer Weile, als der Hund nur noch sehr vage zu erkennen war, entgegnete Valerius: »Und die Götter gewähren uns auch das Glück - und die symbolhafte Verkörperung dieses Glücks bist du. Also, vergiss auch du nicht in der Hitze des Gefechts, was du mir soeben gesagt hast.«
Etwas später erhob Valerius sich und ging fort, um sich mit Longinus und Theophilus zu besprechen. Sie hatten Neuigkeiten für ihn von einem Zelt, das die Flüchtlinge aus Verulamium oder Canonium oder Caesaromagus in einem ihrer Wagen gefunden und das sie
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