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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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war breitschultrig und groß und sein Haar von einem sehr unrömischen, hellen Braun, ein Erbe seines Urgroßvaters mütterlicherseits. Dieser war Bataver gewesen und hatte die römische Staatsbürgerschaft einst als Mitglied der Streitmacht unter dem zum Gott erhobenen Caesar erworben. Ursus hatte bereits eine, wenngleich nicht allzu lang anhaltende, Revolte der Eceni im Osten von Britannien überlebt. Diese hatte sich kurz nach der Invasion der Römer ereignet. Und er hatte auch rund zwanzig Jahre des entschlossenen Widerstands der Stämme im Westen überstanden. Folglich konnte Ursus sich mit Fug und Recht als kompetenter Feldkommandeur bezeichnen. Oder zumindest war er nicht weniger kompetent als die anderen, mit ihm ranggleichen Männer der römischen Streitmacht. Er konnte es mit jeder Herausforderung aufnehmen, egal, mit welcher List ihn die feindlichen Krieger auch zu attackieren gedachten. Worauf er allerdings äußerst sensibel reagierte, das war die Meinung, die sein Präfekt von ihm hatte.
    »Und was sollen wir dann tun?«, fragte er etwas zu brüsk.
    Corvus lächelte und hob eine Braue. »Die nächste Brücke liegt vier Meilen weiter flussabwärts. Und die ist mit Sicherheit noch intakt. Meine Truppe und deren Legionare dürften in genau diesem Augenblick gerade darübermarschieren. Also, führt Eure Männer den Fluss hinab und folgt uns. Und reitet erst ganz am Ende des Zugs. Denn die Schlange braucht, um es mal so zu formulieren, auch am Schwanzende ein paar Zähne.«
    Diesen letzten Nachsatz durfte Ursus quasi als kleines Kompliment an sich verstehen, denn Corvus war dafür bekannt, dass er die unter seinem Befehl stehenden Stoßtrupps stets persönlich anführte, wohingegen er den aus seiner Sicht nächstkompetenten Offizier gerne ganz am Ende der Kolonne platzierte, damit die Schlange, als die er seinen Zug betrachtete, für den Fall, dass sie zertrennt werden sollte, nichtsdestotrotz auch gegen eventuell von hinten angreifende Feinde zuschlagen konnte. Der Platz ganz hinten in der Kolonne war also ein Platz, den man nur dann zugewiesen bekam, wenn der Präfekt einem vollauf vertraute und davon ausging, dass der dort positionierte Offizier im Zweifelsfall selbstständig die Initiative zu ergreifen wusste.
    Zwar hasste Ursus Valerius. Aber er hasste ihn noch nicht genug, um die ehrenvolle Aufgabe, das Ende des Zugs zu beaufsichtigen, nun einfach von sich zu weisen.
    »Ich danke Euch.« Damit verbeugte er sich so dienstbeflissen, als ob der Gouverneur persönlich vor ihm stände. Ein kleines Stück vor ihm begann ein Pferd, unruhig auf der Stelle zu tänzeln. Als Ursus den Kopf wieder hob, war Corvus bereits verschwunden.
     
    »Warum hat er das bloß getan?«
    Die Schande, die das Maultier ihm bereitet hatte, erschien ihm nurmehr wie ein flüchtiger Schatten, den Ursus unter seinen allabendlichen Pflichten bei der Beaufsichtigung des Aufbaus des Nachtlagers beinahe schon vergessen hatte. Nun lag er auf dem Rücken und fragte das Zeltdach über seinem Kopf nach einer Erklärung für Corvus’ Verhalten. Mit gleichmäßigem Rhythmus tröpfelte der Regen nieder, sodass Ursus’ Worte sich mit dem Trommeln auf der Ziegenhaut vermischten und schließlich gänzlich darin untergingen.
    Flavius, der Standartenträger, der zu Ursus’ Linker lag, verlagerte ein wenig sein Gewicht, woraufhin das Feldbett unter ihm sofort besorgniserregend zu ächzen begann. Mit einem bitteren Lachen fragte er: »Wer? Meinst du etwa Corvus? Na, weil du sonst zwei ganze Tage damit verbummelt hättest, eine Brücke bauen zu lassen, die wahrscheinlich sogar noch des Kaisers persönlich würdig gewesen wäre, die dir vom Gouverneur aber bloß Peitschenhiebe eingebracht hätte, weil du ihm seine so dringend benötigten Reservetruppen erst mit erheblicher Verspätung gebracht hättest.«
    Aus der Dunkelheit meldete sich nun eine ältere, weisere Stimme zu Wort: »Danach hat Ursus doch gar nicht gefragt. Er wollte wissen, wieso sein Lieblingspräfekt seit gut zwei Wochen konsequent schlechte Laune hat. Ursus’ Frage bezieht sich auf die Sache mit Valerius und dem Prokurator und darauf, warum wir nicht weniger als einen halben Tag für eine ganz und gar private Angelegenheit verplempert haben, die uns, sollte der Gouverneur jemals auch nur ein Wörtchen davon erfahren, allesamt ans Kreuz liefern wird. Unser Dekurio will wissen, warum Corvus den kaiserlichen Steuereintreiber davon abgehalten hat, die kaiserlichen Steuern einzutreiben.

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