Die Kriegerin der Kelten
denn in der Intimität mit einem Menschen lag stets auch die Quelle für neuen Schmerz. Dann aber war Valerius in sein Leben getreten. Valerius mit seiner behutsamen, übervorsichtigen Art, seiner in gewisser Weise fast schon wieder quälenden Rücksichtnahme auf das Kind, das er aus dessen Martyrium befreit hatte. Stets hatte Valerius sich bemüht, Bellos zu beweisen, dass er niemals irgendetwas von dem Jungen fordern würde, das dieser nicht selbst wollte.
Bellos hätte nie gedacht, dass es irgendwann einmal einen Mann geben würde, der ihn zurückwies. Auch hätte er nie für möglich gehalten, dass diese Zurückweisung ihm dann etwas ausmachen würde. Folglich hatte es eine Weile gedauert, ehe der Schmerz über Valerius’ Ablehnung wieder verblasst war, und erst vor noch gar nicht allzu langer Zeit war es ihm gelungen, die Ursache dafür und den Schmerz in Valerius’ eigener Seele nachzuempfinden. Erst in diesem Moment hatte Bellos begriffen, weshalb Valerius ihn mit einer solch panischen Vorsicht behandelte. Und erst mit dieser Erkenntnis in seinem Herzen hatte er Valerius wirklich geliebt und sich ehrlich nach ihm verzehrt. Abermals war eine lange Phase der Heilung eingetreten, ehe endlich so etwas wie wahre Freundschaft zwischen Bellos und Valerius erwachsen konnte. Doch diese Freundschaft war kein schwaches Pflänzchen geblieben, sondern hatte sich zu einem starken Baum entwickelt. Das zumindest glaubte Bellos, und er hütete dieses Bewusstsein sorgsam in seiner Seele.
Nachdem sein Freund schließlich in Richtung Osten aufgebrochen war, war Thorn gekommen, um sich um Bellos zu kümmern. Auch sie hatte ihn nie mit ihrer Zuneigung erdrückt und war somit schließlich zu einem solch elementaren Bestandteil in seinem Leben geworden wie der Zaunkönig, der täglich aus seiner Hand fraß. Nie hatte sie Bellos zu irgendetwas gedrängt. Erst ganz langsam hatte er verstanden, was sie bewegte, sodass die letzten Schritte in eine noch tiefere Beziehung miteinander schließlich allein von ihr ausgegangen waren. Aber sie war dabei sehr langsam und vorsichtig vorgegangen, sodass er, als sie in seinem Bett gelegen und ihren Körper um den seinen geschlungen hatte, zuerst noch gar nicht so recht gewusst hatte, was gerade mit ihm geschah. Erst später hatte er begriffen, wie richtig all dies war, dass darin keinerlei Gefahr auf ihn lauerte und dass weder Thorn noch er unter der Entwicklung ihrer Beziehung leiden würden. Und er erkannte, wie ehrlich und sehnsuchtsvoll ihr Herz für ihn schlug und wie aufrichtig sein Sehnen nach ihr war. Ein Sehnen, so intensiv, wie er es nie für möglich gehalten hätte. Und er konnte sich auch nicht vorstellen, dass er sich jemals noch stärker nach etwas verzehren könnte, ausgenommen vielleicht die Rückkehr seines Augenlichts.
Als mac Calma Bellos eine neue Art von Sehen ermöglichte, hatte diesen plötzlich die Angst überkommen, dass sein Verlangen nach Thorn damit wieder nachlassen könnte. Dann aber hatte er festgestellt, dass seine Sehnsucht nach ihrer Nähe keineswegs weniger wurde und seine anschließende Freude sogar noch größer war. Er konnte sich kein schöneres Geschenk denken, als die herzliche Begrüßung, die sie ihm bei seiner Rückkehr bereitete, als er nun ausgekühlt und erschöpft vom Großen Versammlungshaus zu seiner Hütte lief und sie bereits auf ihn wartete. Es brannte ein kleines Feuer, und sie rieb seine Hände, um sie zu wärmen, und aus dem Kessel stieg der Duft nach geschmortem Hasen auf. Thorn plauderte mit einer solch magischen Stimme mit ihm, dass er augenblicklich wieder zurückbefördert wurde in jene Welt, in der er vielleicht blind sein mochte, wo er aber andererseits die Arme nach Thorn ausstrecken, sie an sich drücken, die Konturen ihres Körpers und ihres ganzen Wesens erforschen konnte, ein Wunder, das er von ihren ersten Zärtlichkeiten an täglich aufs Neue erlebte.
Vorsichtig stellte Bellos die Schüsseln beiseite, wobei er sorgsam darauf achtete, eventuelle Essensreste nicht zu verschütten. Verführerisch lehnte Thorn sich zu ihm herüber und neckte ihn. An ihr haftete der Geruch des Meeres und der Duft des Holzes, das sie vom Waldboden aufgelesen hatte, und natürlich jener würzigen Nuance, die ihre ganze Gestalt zu umschweben schien. Ihre Haut war glatt wie ein polierter Stein, und ihr Haar fühlte sich wie gesponnene Wolle unter seinen Fingern an. Bellos hatte nicht die leiseste Vorstellung davon, welche Farbe ihr Schopf wohl
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